Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
Pegasus, der dem Jungen widerstandslos folgte, zu einer Tränke, wo der Schimmel gierig zu saufen begann.
„Drüben in der Ecke stehen Säcke mit Hafer. Geh und hole einen Eimer voll. Während er frisst, kannst du ihm das Fell trockenreiben.“ Rowan hob eine Hand voll Stroh auf und zeigte Gwyn, wie es gemacht wurde.
„Warum tust du das?“, fragte Gwyn, der Rowans Beispiel folgte.
„Weil ich weiß, wie schwer es für einen Neuling ist, sich in Camelot zurechtzufinden.“ Rowan schaute Gwyn nun direkt in die Augen. „Und weil du Prinzessin Aileen das Leben gerettet hast. Ich würde mich freuen, dich meinen Freund nennen zu dürfen.“ Er streckte Gwyn die Hand entgegen. Gwyn zögerte einen Moment, dann schlug er ein.
„Danke“, sagte Gwyn verlegen.
„Du wirst einen Freund brauchen, denn du bist der einzige Knappe, der nicht von Adel ist. Alle Könige und Fürsten schicken ihre ältesten Söhne nach Camelot, um sie von den Rittern der Tafelrunde ausbilden zu lassen. Ein Bauernjunge war bisher noch nicht darunter. Du kannst mit Recht stolz auf dich sein. Wer es wagt, in Frauenkleidern vor Sir Kay zu treten, um seine Bitte um Aufnahme vorzutragen, der muss eine wahrhaft ritterliche Tollkühnheit besitzen. Ich weiß, wovon ich spreche, ich bin sein… äh… sein Knappe.“
Gwyn war dankbar, dass er sich offensichtlich nicht ganz und gar der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. „Nun, die größte Aufgabe steht mir noch bevor. Katlyn ist ziemlich sauer, dass ich ihr Kleid ruiniert habe.“
„Mach dir um Aileens Zofe keine Sorgen“, beruhigte ihn Rowan. „Sie ist ein liebes Mädchen, das niemandem lange böse sein kann. Du wirst sie mit ein paar netten Worten wieder besänftigen können.“ Er legte seinen Arm um Gwyns Schultern. „Komm, ich werde dir etwas zum Anziehen besorgen. Und dann stelle ich dich den anderen vor.“
Der Schlafsaal der Knappen war in einem Gebäude untergebracht, das sich direkt neben dem Stall befand. Als sie ihn betraten, wurden sie von den anderen Jungen mit lautem Jubel begrüßt.
„Hat es das Mädchen doch noch geschafft?“, wieherte ein rundlicher Kerl.
„Cecil, reiß den Mund nicht so auf. Nur weil sich dein Vater ein winziges Königreich unter den Nagel gerissen hat, musst du dich nicht so aufspielen“, sagte Rowan. „Gwyn steht unter meinem persönlichen Schutz. Wer auch nur eine einzige dumme Bemerkung macht, bekommt es mit mir zu tun.“
„Hast du es endlich aufgegeben, Aileen den Hof zu machen?“, rief ein anderer Junge. „Aber du hast ja Recht, im Vergleich zur Prinzessin ist der Bursche neben dir eine echte Schönheit.“
„Kümmere dich nicht darum“, sagte Rowan zu Gwyn. „Sie haben zwar alle ein loses Mundwerk, aber wenn es darauf ankommt, kannst du mit ihnen Pferde stehlen.“
Nachdem der kleine Schlagabtausch beendet war, stellten sich die anderen Knappen vor, erklärten, welchem Ritter sie dienten und natürlich auch, aus welchem erlauchten Fürsten- oder Königsgeschlecht sie stammten.
Gwyn trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Es würde sicher lange dauern, bis er sich den Respekt der anderen Knappen erworben hatte. Als Neuling, insbesondere aber aufgrund seiner Herkunft stand er in der Rangordnung Camelots ganz weit unten. Er war froh, jemanden wie Rowan an seiner Seite zu wissen.
„Wem bist du eigentlich zugeteilt worden?“, fragten einige neugierig.
„Gwyn ist Sir Urfins neuer Knappe“, sagte Rowan.
Schlagartig trat Stille ein. Gwyn schaute Rowan nervös an. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er.
„Sir Urfin hat seinen Knappen vor einer Woche verloren“, erklärte Rowan.
„Was meinst du mit verloren?“ Gwyn war auf einmal ziemlich unbehaglich zumute.
„Dein Vorgänger ist tot, das meint er damit“, sagte Cecil.
„War es ein Unfall?“, fragte Gwyn.
„Die Geschichte geht dich überhaupt nichts an!“, zischte Alaric wütend, ein schmächtiger Bursche, dessen flammend roter Lockenkopf zu seinem jähzornigen Wesen passte.
„Und ob sie ihn etwas angeht“, antwortete Rowan ruhig. „Er wird sie so oder so erfahren. Also soll er sie zuerst von uns hören.“ Rowan wandte sich an Gwyn. „Man erzählt sich, Geoffrey habe Sir Urfins Schwert gestohlen und sei dann in den Ostturm eingebrochen. Dabei sei er von den Zinnen gestürzt. Seitdem kursieren die wildesten Gerüchte. Du musst wissen, dass Merlin im Ostturm lebt. Einige glauben, dass Geoffrey versucht habe, Arturs Ratgeber zu ermorden.“
„Das ist eine
Weitere Kostenlose Bücher