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Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot

Titel: Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Nase zu. Er holte tief Luft, presste seinen Mund auf den von Darrick und blies. Es sah tatsächlich wie ein herzhafter Kuss aus. Gwyn beobachtete, wie sich der Brustkorb des bewusstlosen Jungen nach oben bewegte und dann, als Rowan absetzte, wieder senkte. Rowan wiederholte den Vorgang einige Male, bis Darrick zu husten begann und aus eigener Kraft weiteratmete. Erschöpft lehnte sich sein Retter an eine Wand.
    „Hier ist das heiße Wasser!“, rief Quinn, der mit Farlay jeweils zwei schwere Eimer heranschleppte.
    „Sehr gut.“ Rowan begann eine Decke in breite Streifen zu zerreißen, die er in die Eimer tauchte und dann Darrick auf Brust, Arme und Beine legte.
    Gwyn machte es ihm nach und versorgte auf diese Weise Alaric. Langsam kamen die beiden wieder zu Bewusstsein.
    „Wie ich sehe, ist meine Hilfe nicht mehr nötig“, sagte plötzlich eine tiefe, voll tönende Stimme.
    Gwyn drehte sich um und erblickte einen hageren, steinalten Mann, der in ein nachtschwarzes Gewand gehüllt war. Er hatte langes, schlohweißes Haar, einen langen, weißen Bart und eine mächtige Adlernase. Das musste Merlin sein!
    Der Ratgeber des Königs legte seinen Stock ab und kniete sich neben Rowan und Gwyn. Er untersuchte die Augen der beiden schlotternden Jungen und legte dann zwei Finger in deren Halsbeuge.
    „Der Puls ist wieder kräftig und gleichmäßig.“
    Auf ein Zeichen von Merlin traten zwei Bedienstete vor und zogen den Unglücklichen trockene Kleidung an.
    „Schafft sie in meinen Turm. Dort werde ich mich weiter um sie kümmern.“
    Merlin griff nach seinem Stock und wollte sich an ihm hochziehen, doch er schaffte es nicht. Gwyn sprang herbei und wollte ihm aufhelfen. Dabei rutschte das Silbermedaillon mit dem Einhorn aus seinem Hemd.
    Als er die Hand des alten Mannes ergriff und sich ihre Blicke trafen, zuckte Gwyn zusammen. Er riss den Mund zu einem Schrei auf, doch seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Ihn umfing plötzlich dichter Nebel. Das Krächzen von Raben war zu hören und eine eisige Kälte kroch in Gwyn hoch.
    „Rowan?“, rief Gwyn unsicher. „Wo seid ihr alle?“ Er machte einen Schritt nach vorne und stieß mit seinem Fuß gegen einen Helm. Gwyn hob ihn auf und sah, dass er von einem Schwerthieb gespalten war. Voller Schreck ließ er ihn fallen und betrachtete seine Hände. Sie waren voller Blut! Er schaute an sich hinab und sah, dass er in einer Rüstung steckte. Humberts Schwert hing an seiner Seite. Seltsam, dachte er. Es musste irgendwie geschrumpft sein, denn es schleifte nicht mehr auf dem Boden, sondern reichte ihm bis zum Schaft der schmutzverkrusteten Stiefel.
    Gwyn taumelte weiter. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft und mit einem Mal war er froh, dass er nicht sehen musste, was der Nebel vor seinen Augen verbarg. Dies war ein Ort des Schreckens und des Todes, den er so schnell wie möglich verlassen musste. Plötzlich kam Wind auf und der Dunstschleier wurde für einen Moment durchlässiger. Er sah die Schatten zweier Männer, die in inniger Umarmung auf dem Boden kauerten. Einer von ihnen war Artur. Den anderen, der deutlich jünger war, kannte er nicht, obwohl ihn die Ähnlichkeit mit dem König überraschte. Gwyn wollte etwas rufen, doch er erkannte, dass es keinen Zweck hatte.
    Sie waren beide tot, durchbohrt von derselben Lanze.
    Gwyn fiel auf die Knie und brach vor Hoffnungslosigkeit in Tränen aus. Als er den Kopf wieder hob, sah er vor sich ein glänzendes, seltsam verziertes Schwert liegen. Das Schwert Artur Pendragons.
    „Excalibur“, flüsterte er und wollte danach greifen, dann hielt er plötzlich wieder Merlins Hand.
    Er war im Badehaus. Um ihn herum herrschte noch immer Aufregung. Er musste geträumt haben. Wie lange, wusste er nicht, doch es schienen nur wenige Momente verstrichen zu sein.
    „Vielen Dank für deine Hilfe, Gwydion“, sagte Merlin leise und blickte ihn mit seinen gelbgrünen Raubvogelaugen durchdringend an. „Das ist der Fluch des Alters: Man kann sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass der Körper nur noch selten dem Geist folgen kann.“
    Gwyn war unfähig, etwas zu sagen, und so nickte er nur.
    „Übrigens, ein schönes Medaillon hast du da, mein Junge. Steck es lieber wieder unter dein Hemd, wo es niemand sehen kann.“ Merlin zwinkerte ihm zu und klopfte ihm großväterlich auf die Schulter, um dann aus dem Badehaus zu schlurfen.
    Gwyn stand wie versteinert da und blickte dem alten Mann nach. Gwydion. Woher kannte Merlin seinen wahren Namen?

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