Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
bringen.“
Griswold hielt eine Fackel hoch und kniff die Augen zusammen, um Gwyn von oben bis unten zu mustern. „Bist du der Neue?“
Gwyn nickte. „Bitte. Ich habe nicht mehr viel Zeit. Das Fest hat bestimmt schon begonnen und mein Herr wird mir den Kopf abreißen, wenn ich nicht rechtzeitig mit dem Schwert bei ihm bin.“
„Immer ruhig, Bursche. Eins musst du noch lernen: Hier unten haben wir Zeit“, brummte Griswold. In aller Seelenruhe entriegelte er wieder die Tür und führte Gwyn die Treppe hinunter in einen Raum, an dessen Wänden unzählige Lanzen, Schwerter, Morgensterne, Streitäxte, Bogen und Pfeile hingen oder aufgestellt waren. Der Schmied schlurfte zu einem Tisch, auf dem ein langes Bündel lag. „Sag deinem Herrn, er soll das nächste Mal besser auf sein Schwert aufpassen. Es war ein hartes Stück Arbeit, das Ding wieder zusammenzuflicken.“
„Danke.“ Gwyn riss Griswold Scorpio aus der Hand und stürmte davon.
Die Tafelrunde tafelt
Wie Gwyn erwartet hatte, stand Sir Urfin bereits am Absatz der Treppe, die vom Burghof zur großen Halle im ersten Stock des Hauptturmes führte.
„Gwyn“, rief er stirnrunzelnd. „Wo hast du so lange gesteckt? Alle anderen sind schon drinnen und ich hasse es, der Letzte zu sein.“
„Entschuldigt, Herr. Aber ich habe mich verlaufen. Statt bei Griswold bin ich bei Merlin gelandet.“
„Das kannst du mir alles später erzählen. Gib mir das Schwert.“
Sir Urfin gürtete die Waffe um und bedachte Gwyn mit einem mahnenden Blick. „Worauf wartest du noch? Zieh dich um, du wirst schon in der Küche erwartet.“
„Ja, Herr.“ Gwyn wollte losrennen, drehte sich dann aber noch einmal um. „Ich weiß nicht, wo sie ist…“
„Die Treppe hinunter in den Hof. An der rechten Seite des Hauptturms ist eine Tür für das Gesinde. Dort findest du Arnold, den Küchenmeister, der gerade die Knappen auf den heutigen Abend vorbereitet.“
Gwyn stöhnte auf und hastete zur Unterkunft der Knappen, wo er aus seiner Kiste einen sauberen Rock kramte. Dann lief er wieder hinaus, überquerte den Burghof und stürzte durch den Seiteneingang des Hauptturms.
In der Küche brannte eine gewaltige Feuerstelle, über der ein ganzer Ochse, unzählige Hühner und etliche andere ganze oder zerteilte Tiere am Spieß geröstet wurden. Bedienstete liefen hin und her, rührten in Töpfen und Schüsseln, putzten Gemüse oder richteten Speisen auf großen Platten an. In einer Ecke standen die Knappen. Vor ihnen sprang ein ungeheuer dicker, rotgesichtiger Mann hin und her, fuchtelte mit den Armen und redete mit hoher, schriller Stimme auf sie ein.
„… Cecil, du weißt, dass Sir Tristan keine stark gewürzten Speisen verträgt. Ich habe für ihn einen besonderen Kapaun zubereiten lassen, an dessen linkem Bein ich ein rotes Band befestigt habe, damit du ihn nicht mit einem anderen Vogel verwechselst. Wenn du das Essen servierst, hast du das Band natürlich vorher entfernt…“
„Da bist du ja“, raunte Rowan. „Wir haben dich schon überall gesucht.“
„Ich musste Sir Urfins Schwert holen und habe mich dabei verirrt.“
„Arnold ist schon ganz aus dem Häuschen“, flüsterte Rowan und deutete auf den Dicken, der weiter ununterbrochen auf die Knappen einredete. „Er hat Angst, dass du die heutige Feier verbocken könntest. Und ich muss zugeben, dass ich seine Sorge ein wenig teile.“
„Aber was ist so schwierig daran, einem Ritter das Essen aufzutragen?“
Rowan verdreht die Augen, als ob Gwyn ein besonders schwerer Fall wäre. „Jeder Handgriff ist genau einstudiert. Weißt du, von welcher Seite dein Herr bedient wird?“
Gwyn schüttelte ratlos den Kopf.
„Hast du schon einmal einen Braten tranchiert?“
„Nein.“
„Weißt du, wann die Schale zum Reinigen der Hände gereicht wird?“
„Natürlich nicht! Woher auch?“
„Deswegen wollte dich Meister Arnold vorher sprechen.“
Meister Arnold indessen bombardierte die Knappen weiter mit Anweisungen: „… Benedict wird darauf achten, dass Sir Gawains Becher stets mit schwerem iberischen Wein gefüllt ist“, fuhr Arnold fort. „Außerdem halte die Laute bereit, denn dein Herr hat heute Abend vor, das eine oder andere Lied zum Besten zu geben. Und wo bleibt dieser nichtsnutzige Gwyn! Ist der Kerl endlich aufgetaucht?“
Gwyn schreckte hoch. „Ja!“
Meister Arnold kam mit hoch erhobenem Zeigefinger auf ihn zugeschossen. „Herr im Himmel, das wurde aber auch Zeit! Hast du eine
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