Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
dich.“
„Glaubt mir, ich weiß als Knappe meine Pflicht zu erfüllen“, sagte Gwyn feierlich und gähnte.
Die Frau im See
Gwyn war bereits bis auf die Knochen durchnässt, als er wach wurde. Verdammt! Er hatte seine Nachtwache verpasst und bis zum Morgengrauen geschlafen. Ein heftiger Regen hatte das Feuer gelöscht und das Lager in eine einzige Schlammgrube verwandelt.
Eine Hand rüttelte grob an seiner Schulter. „Steh auf und sattle dein Pferd“, sagte Sir Kay. „Wir müssen weiter.“
Sir Urfin hatte bereits seine Decke zusammengerollt und war gerade dabei, seine Tasche an den Sattel zu binden. Er sah alles andere als gut gelaunt aus.
„Ich glaube, ich werde tatsächlich zu alt für solche Abenteuer. Was würde ich darum geben, zu Hause in meinem warmen Bett zu liegen und mich noch einmal umzudrehen.“
„Ja“, murmelte Gwyn. „Geht mir genauso.“ Die Kleidung klebte kalt an seinem Körper, Wasser lief ihm in die Stiefel. Er schaute zu Rowan hinüber, der übellaunig die Sachen seines Vaters zusammenpackte.
Einzig Sir Kay schien das Wetter nichts auszumachen. Unbeeindruckt von Nässe und Kälte gürtete er sein Schwert um und richtete seine Kleidung. Als Rowan den Sattel festgezurrt hatte, schwang er sich auf den Rücken seines Pferdes und drehte sich zu den anderen um. „Ich hoffe, Ihr wollt nicht den ganzen Tag hier verbringen.“ Ohne sich noch einmal umzuschauen, gab er seinem Pferd die Zügel und ritt los.
Sir Urfin schüttelte den Kopf, murmelte etwas Unverständliches und stieg dann ebenfalls in den Sattel.
So schlecht das Wetter auch sein mochte, einen Vorzug hatte es: In Verbindung mit dem dicht bewachsenen Grund erlaubte es keine Höllenritte im Galopp wie am gestrigen Tag.
Anfangs kamen sie noch im Trab voran, doch je weiter sie nach Norden vordrangen, desto schwerer wurde der Boden. Es regnete unaufhörlich weiter und es schien nicht, als würde der Himmel in absehbarer Zeit seine Schleusen zumachen.
Es war schon lange her, dass sie einen Pfad oder gar einen befestigten Weg benutzt hatten. Sie befanden sich mitten in der Wildnis und Gwyn fragte sich, ob Sir Kay wirklich den Weg kannte. Er selber hatte schon seit geraumer Zeit die Orientierung verloren.
Gegen Mittag wurde das Wetter so schlecht, dass der Regen ihnen wie ein grauer Vorhang vor den Augen hing, der sie keine dreihundert Fuß sehen ließ. Selbst in den Bergen musste es wie aus Eimern schütten. Ehemals kleine Rinnsale hatten sich in reißende Bäche verwandelt, die entwurzelte Büsche und Bäume mitführten.
Gwyn erinnerte sich voller Wehmut an den Hasenbraten des vorangegangenen Abends. Sie waren ohne Frühstück aufgebrochen und langsam machte sich der Magen mit lautem Knurren bemerkbar. Er kramte in seinem Beutel nach einem Kanten Brot, doch der hatte sich in all der Nässe aufgelöst. Nur ein vertrocknetes Stück Hartkäse hatte dieses Wetter überlebt.
Doch trotz der Widrigkeiten ritt Sir Kay mit erhobenem Haupt voran. Gwyn kam es vor, als wollte er seinen Gefährten damit beweisen, dass er aus einem anderen, besonders harten Holz geschnitzt war.
Gwyn ging Mordreds Geschichte nicht aus dem Kopf. Er fragte sich, wie er sich gefühlt hätte, wenn er in solch verworrenen Familienverhältnissen groß geworden wäre. Was musste geschehen, um einen Menschen so zu verbittern, dass er voller Hass einen Krieg anzettelte? Oder ging es um etwas ganz anderes? Gwyn hatte sich gestern die Frage nach dem Gral gerade noch verkneifen können, sonst hätte er damit verraten, dass er die Männer belauscht hatte.
Was ihn jedoch am meisten beunruhigte, war der Umstand, das Humbert von Llanwick tatsächlich von Mordreds Männern entführt worden war. Hatte er wirklich die Seiten aus dem Buch gestohlen? Das konnte er einfach nicht glauben, denn der alte Mann mochte zwar ein heruntergekommener fahrender Ritter sein, doch hatte er ihn als Menschen von hohem Ehrgefühl kennen gelernt.
„Sir Kay?“, rief Sir Urfin beim Anblick eines reißenden Flusses. „Wisst Ihr eigentlich, wohin Ihr uns führt?“
„An dieser Stelle war eine Furt, über die wir auf die andere Seite hätten gelangen können. Nun, dieser Weg ist uns versperrt. Ich schlage vor, dass wir weiter in westlicher Richtung reiten. Dreißig Meilen von hier ist eine Brücke. Der Weg dorthin ist aber gefährlich.“ Er drehte sich zu Sir Urfin um. „Dazu müssen wir das Bodmin Moor durchqueren.“
„Das Bodmin Moor?“, fragte Gwyn ängstlich. Er
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