Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
als er sich bewegte und dabei einen stechenden Schmerz in seinem linken Bein spürte, hatte er die Gewissheit, dass er noch am Leben war. Er spürte eine kühle Hand auf seiner Stirn und schlug die Augen auf.
„Schscht“, sagte eine Stimme. „Du bist noch schwach und musst ruhen.“
„Wo bin ich?“, flüsterte er.
„In Sicherheit. Du bist dem Tod im letzten Moment entronnen.“
Der Schein einer Kerze fiel auf das wunderschöne Gesicht einer Frau. Ihr glänzendes Haar fiel ihr in schwarzen Locken über die Schultern. Nur eine weiße Strähne schien nicht in dieses perfekte Bild zu passen.
„Wo bin ich hier?“, wiederholte er seine Frage.
„In einer anderen Welt“, sagte die Frau und lächelte.
„Bin ich tot?“ Gwyn dachte, nun doch im Jenseits erwacht zu sein, so unwirklich erschien ihm die Gestalt.
„Nein.“ Sie berührte sein Bein und ein heißer Schmerz durchfuhr ihn. „Würdest du sonst deine Verletzung spüren?“
„Wo sind meine Gefährten?“
„Sie sind wohlauf und suchen dich“, sagte die Frau und drückte ihn sanft in die Kissen zurück. „Bald wirst du wieder zu ihnen zurückkehren, ich verspreche es dir. Doch bevor du gehst, musst du noch einige Dinge wissen. Merlin ist in großer Gefahr.“
„Woher wisst Ihr das?“, fragte Gwyn erschrocken.
Die Frau lächelte. „Er ist ein häufiger Gast bei uns.“
Gwyn fragte sich, wo er war und woher diese Frau Merlin kannte. Und was meinte sie mit „bei uns“?
„Hat Merlin Euch von seiner Aufgabe berichtet?“ Gwyn konnte sich nicht vorstellen, dass König Arturs Ratgeber so geschwätzig war.
„Selbst ein Mann wie er kann seine Gedanken vor uns nicht verbergen. Nachdem er uns verlassen hat, ist er nach Westen geritten.“ Sie schwieg einen Moment, als suche sie nach den richtigen Worten. „Camelots größter Feind ist wieder auferstanden.“
„Mordred“, entfuhr es Gwyn.
„Ja, Mordred. Und er hat neue Verbündete gefunden. Ein gewaltiger Krieg zieht herauf, der vielleicht Jahre dauern wird.“ Sie strich ihm mit der Hand über die Brust und betrachtete eingehend das Medaillon mit dem Einhorn. „Der Ausgang ist ungewiss, doch wenn er ein Ende gefunden hat, wird nichts mehr so sein, wie es war.“
„Aber was hat das mit Merlin zu tun?“, fragte Gwyn.
„Der alte Druide ist in die Hand des Feindes gefallen. Er ist ein Gefangener Mordreds.“
Gwyn war sprachlos vor Schreck. Er erinnerte sich an die Unterhaltung, die er belauscht hatte. Merlin war aufgebrochen, um ein Buch zu verstecken, das den Weg zum Heiligen Gral wies – wenn es wieder vollständig war und man die fehlenden Seiten wieder einfügte. Und wenn Humbert tatsächlich im Besitz dieser Blätter war, so musste Mordred diesem Ziel ein gewaltiges Stück näher gekommen sein.
„Mordred darf den Gral nicht bekommen, sonst ist alles verloren“, beschwor ihn die Frau. „Reite mit deinen Gefährten nach Westen. Bei Tintagel werdet ihr auf den Feind stoßen. Er rüstet sich dort für einen großen Kampf.“ Sie legte erneut ihre Hand auf seine Stirn und er schloss die Augen. „Ihr müsst euch beeilen. Die Zeit läuft gegen euch, Gwydion“, hörte er sie noch sagen. Dann verließen ihn die Sinne.
„Um Himmels willen! Er ist hier!“ Sir Urfins Stimme klang seltsam dünn, wie das Echo eines Echos. Gwyn versuchte zu antworten, doch ihm versagte die Stimme.
Etwas Weiches berührte seine Stirn und er öffnete die Augen. Pegasus hatte Maul und Nüstern ganz nah an Gwyns Gesicht gebracht und stupste ihn vorsichtig an.
Dann spürte er, wie zwei starke Arme ihn hochhoben.
„Sir Urfin…“, murmelte Gwyn. „Wie schön, Euch zu sehen. Seid bitte vorsichtig, denn ich glaube, ein paar meiner Knochen dürften gebrochen sein.“
Hastig tastete ihn der Ritter ab. „Nein, es ist gottlob alles heil an dir. Du hast nur eine hässliche Schürfwunde am linken Knie.“
Gwyn versuchte, aus eigener Kraft zu stehen, doch er schaffte es einfach nicht. Seine Knie gaben nach.
„Ganz ruhig, mein Junge. Nichts überstürzen.“
„Aber wir haben keine Zeit“, murmelte Gwyn. „Wir müssen Merlin retten.“
„Wir haben so viel Zeit, wie es braucht, um dich wieder herzustellen“, widersprach ihm Rowan.
„Aber nein“, flüsterte Gwyn, der noch immer nicht ganz bei Sinnen war. „Mordred hat Merlin gefangen genommen. Der Feind ist kurz davor, den Gral zu finden.“
„Wer hat dir das erzählt?“, fragte Sir Urfin erstaunt.
„Die Frau…“ Gwyn hustete und erbrach einen
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