Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
und er sich auf den Boden setzen musste. „Ein Ritter! Das ist der beste Witz, den ich je gehört habe.“
„Was ist daran so lustig?“, fragte Gwyn aufgebracht.
„Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie du ein Schwert führen willst, das du noch nicht einmal mit beiden Händen heben kannst“, wieherte der Mann und wischte sich die Tränen aus den Augen. Als er Gwyns beleidigten Gesichtsausdruck sah, wurde er ernst. „Hast du eine Ahnung, was du auf dich nehmen musst, um diesen beschwerlichen Weg einzuschlagen?“
„Ich hatte gedacht, Ihr nehmt mich als Knappen.“
Humbert gab keine Antwort, sondern schielte stattdessen auf den Sack, der neben Gwyn im Gras lag.
„Bilde ich mir das nur ein oder hast du tatsächlich etwas zu essen bei dir?“ Humbert fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen und sah auf einmal sehr hungrig aus.
Gwyn dachte einen Moment nach. Dann bückte er sich und warf dem hageren Mann den Beutel zu. Als Sir Humbert hineinschaute, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Er holte das Brot hervor und schloss die Augen, als er daran roch. Dann legte er den Kanten behutsam neben sich auf den Boden und fischte nach dem Käse.
„Ich mache dir einen Vorschlag“, sagte er. „Du gibst mir etwas von deinem Proviant ab, und ich werde dir erzählen, wie du deinem Ziel ein Stück näher kommst.“
Gwyn war hin- und hergerissen. Auf der einen Seite musste er sparsam mit seinen Vorräten umgehen, auf der anderen Seite beschlich ihn die Ahnung, dass er ohne fremde Hilfe sowieso nicht weit kommen würde.
„Gut“, sagte er. „Wir sind im Geschäft.“
Humbert grinste und brach das Brot in zwei gleich große Teile. Die eine Hälfte gab er Gwyn zurück, die andere pulte er mit seinen schmutzigen Fingern auseinander.
„Also, es gibt zwei Möglichkeiten für dich“, sagte er mit vollem Mund und biss gierig ein Stück von dem Käse ab.
„Erstens: Du könntest mit mir auf Wanderschaft gehen und auf diese Weise alles Wichtige lernen. Ganz im Vertrauen, das wäre eine Ausbildung, um die dich mancher beneiden würde. Aber deinem zweifelnden Gesicht nach zu urteilen, kann für dich wohl nur das Beste infrage kommen.“ Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und schaute Gwyn prüfend an. „Hast du schon einmal etwas von Camelot gehört?“
Gwyn nickte. „Natürlich, jeder kennt die Geschichten von König Artur und seiner Tafelrunde. Aber das sind doch nur noch Märchen, die man Kindern vor dem Zubettgehen erzählt. Artur und seine Ritter sind längst gestorben.“
„Es ist kein Märchen“, sagte Humbert ernst. „König Artur und seine Tafelrunde gibt es immer noch. Und ich weiß, wo Camelot liegt.“
Gwyn rollte mit den Augen. „Sicher. Gleich wollt Ihr mir noch erzählen, dass Ihr selbst Mitglied der Tafelrunde seid.“
„Nein“, erwiderte der Ritter ernst und das Lächeln war plötzlich aus seinem Gesicht verschwunden. „Doch ich habe einmal um Aufnahme ersucht.“
„Aber man hat Euch nicht genommen“, stellte Gwyn fest.
Humbert zuckte mit den Schultern. „Damals hatte man keinen Bedarf an Helden wie mir. Doch für dich könnte es genau der richtige Ort sein.“
Gwyn dachte nach. „Wenn es wirklich stimmt, was Ihr sagt, muss König Artur mindestens so alt sein wie Ihr.“
Humbert lächelte jetzt wieder. „Ich glaube, er ist sogar noch älter. Doch die Jahre eines Mannes sagen nichts über seine Fähigkeiten aus.“ Er setzte die Lederflasche an und spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Wasser hinunter. „Wie sieht es aus, soll ich dir den Weg zeigen?“
Gwyn überlegte. Konnte er diesem Mann trauen? Wenn Humbert ihn um seinen Proviant oder die Barschaft erleichtern wollte, so hätte er es hier und auf der Stelle tun können. Er sah dem Mann in die Augen und konnte keine Verschlagenheit in ihnen erkennen. Er holte tief Luft. „Ich würde mich freuen, Euch ein Stück begleiten zu dürfen.“
„Sehr schön“, sagte Humbert und rappelte sich auf. „Zu zweit reist es sich immer leichter.“
„Wie lange werden wir unterwegs sein?“, fragte Gwyn.
Humbert tätschelte den Rücken seines Pferdes. „Wenn uns Pegasus nicht im Stich lässt, werden wir in vier Tagen dein Ziel erreicht haben.“ Er befestigte den Proviantbeutel am Sattel und bestieg den weißen Hengst. Dann reichte er Gwyn die Hand und zog ihn zu sich hinauf. „Normalerweise läuft ein Knappe zu Fuß neben seinem Herrn, doch das würde uns nur unnötig aufhalten.“
Gwyn, der noch nie
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