Gwydion 03 - König Arturs Verrat
am Wegesrand stand. Lancelot ging vorsichtig auf die Erscheinung zu. Dann ließ er das Schwert sinken und brach in dröhnendes Gelächter aus.
„Zwei schöne Helden sind wir“, rief er kopfschüttelnd und steckte seine Waffe wieder zurück.
Gwyn kletterte nun ebenfalls aus dem Sattel und lief zu seinem Herrn, der immer noch laut und auch ein wenig erleichtert lachte. „Darf ich vorstellen? Diana, Göttin der Jagd und der Weiblichkeit.“
„Eine Statue“, rief Gwyn und kam sich auf einmal unsagbar töricht vor.
„Jemand hat sie hier aufgestellt, um die Besucher der Burg willkommen zu heißen.“ Er wies mit der Hand in die Dunkelheit. „Schau, dort drüben stehen noch mehr!“
Tatsächlich hatte der Herr von Chulmleigh den Pfad hinauf zu seiner Festung mit dem kompletten römischen Götterhimmel gesäumt. Da waren Jupiter und Mars, Merkur und Venus, Saturn, Neptun, Uranus und Pluto.
„Sie sehen so lebensecht aus“, staunte Gwyn, als sie ihre Pferde den Rest des Weges am Zügel führten.
„Ich vermute, dass es römische Arbeiten sind“, sagte Lancelot. „Kein Mensch besitzt heute noch die Kunstfertigkeit, etwas Vergleichbares aus einem Block Marmor zu schlagen. Ich bin gespannt, was uns erwartet, wenn wir bei der Burg angelangt sind.“
Eine halbe Meile weiter hatten sie die Hügelspitze erreicht. Der Wald lichtete sich und man erkannte einen Weg, der vor einem schweren Tor endete, dem einzigen Durchlass in einer hohen Mauer, die die Festung wie einen unbezwingbaren Wall umgab.
Lancelot hob den schweren Türklopfer, der die Gestalt eines Löwenkopfes hatte, und schlug ihn gegen das Holz. Das Dröhnen war so laut und hohl, dass es sogar den Sturm übertönte.
Lancelot wartete einen Moment, dann versuchte er es erneut. Drinnen schien sich noch immer nichts zu regen. Er wollte sich schon abwenden, als plötzlich über ihnen eine kleine Klappe geöffnet wurde und sie in die harten Gesichtszüge einer Wache blickten.
„Ja?“
„Mein Name ist Sir Lancelot, ich bin ein Ritter der Tafelrunde und bitte Euch, mir und meinem Knappen in dieser stürmischen Nacht Unterkunft zu gewähren.“
Der Mann musterte einen langen Moment erst den Ritter, dann Gwyn.
„Wartet hier“, sagte er und schloss die Klappe wieder. Kurz darauf wurde der Riegel beiseite geschoben und das Tor öffnete sich quietschend. Vor ihnen stand eine Frau. Ihr Kopf war zum Schutz vor dem Regen in ein Tuch gehüllt. Sie hielt eine Laterne hoch und blickte Lancelot mit kalten Augen an.
„Tretet ein.“
Lancelot und Gwyn schauten einander befremdet an.
„Welch seltsamer Empfang“, flüsterte Gwyn, aber sein Herr antwortete ihm nicht, sondern bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Sie führten ihre Pferde in einen weitläufigen Hof. Hinter ihnen polterte es laut, als das Tor zugeschlagen und der Riegel wieder vorgeschoben wurde. Außer der Frau und dem Wachsoldaten war keine Menschenseele zu sehen, nur ein Fenster des Haupthauses war schwach erleuchtet.
„Willkommen auf Chulmleigh Keep. Folgt mir“, sagte die Frau und schritt mit der Lampe in der Hand voran. Obwohl es dunkle Nacht war, konnte Gwyn einen Eindruck von der Burganlage gewinnen. Sie war groß. Natürlich bei weitem nicht so riesig wie Camelot, aber doch von beeindruckenden Maßen. Zur Linken – Gwyn vermutete, dass es die Nordseite war – befanden sich eine Schmiede und riesige Stallungen, zu denen sie jetzt die Frau führte. Das Haupthaus schien groß genug für mehrere Familien zu sein und war wohl nach römischem Vorbild errichtet worden, denn es erinnerte Gwyn an die Gebäude, die er in Aquae Sulis gesehen hatte. Ein Stück weiter stand auf einer kleinen Anhöhe ein alles überragender düsterer Turm, der selbst in der Dunkelheit der mondlosen Nacht wuchtig und einschüchternd wirkte. Die rechte Seite des Hofes wurde von Wirtschaftsgebäuden gesäumt, die sich eng an die Burgmauer drückten.
„Ihr müsst entschuldigen, dass Ihr Euch selbst um die Pferde kümmern müsst. Die Bediensteten nehmen erst im Morgengrauen ihre Arbeit wieder auf.“ Sie deutete in eine Ecke. „Hier findet Ihr Hafer und frisches Stroh. Wenn Ihr fertig seid, kommt ins Haus, ich bereite in der Zwischenzeit eine Mahlzeit für Euch vor.“ Sie hängte die Lampe an einen Nagel.
Lancelot und Gwyn verneigten sich. „Habt Dank für die Gastfreundschaft, Lady…“
Sie verzog keine Miene. „Mara. Einfach nur Mara.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte sie sich um und
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