Gwydion 03 - König Arturs Verrat
diese Behandlung erträgt. Doch wir haben noch ein anderes Problem. Mir sind einige Dinge abhanden gekommen, die ich unbedingt wiederhaben muss.“
„Euer Medaillon und der Schlüssel“, sagte Tom.
„Wenn Mordred sich morgen entscheiden sollte, Agrippina im Turm zu lassen, werden wir den Schlüssel brauchen. Doch das Medaillon ist mindestens genauso wichtig. Ich werde Chulmleigh auf keinen Fall ohne dieses Schmuckstück verlassen.“
„Wer hat die Sachen?“, fragte der Schmied.
„Den Schlüssel habe ich an mich nehmen können. Die Wache, die uns heute Morgen am Tor durchsucht hat, ist im Besitz des Medaillons.“
„Ich werde mich darum kümmern. Wenn der Kerl die Sachen noch bei sich trägt, wird er nicht viel Freude an ihnen haben“, sagte der grobschlächtige Mann grimmig.
„Ihr dürft aber auf keinen Fall vor mir zuschlagen“, sagte Gwyn eindringlich. „Sucht die Nähe dieses Kerls und wartet auf mein Zeichen.“
„Wird gemacht.“
Damit war die Versammlung beendet und die Männer gingen heim zu ihren Familien, wo sie wahrscheinlich wie Gwyn in dieser Nacht kein Auge zutun würden. Er trat hinaus in die kühle Abendluft und atmete tief durch.
„Angst?“ fragte Sir Lancelot.
Gwyn lachte trocken und nickte.
„Vor dem Ausgang des morgigen Tages?“
„Nein. Ich habe Angst davor, einen Menschen töten zu müssen, auch wenn er solch ein Ungeheuer wie Mordred ist.“ Er schaute Lancelot an. In der Dunkelheit waren nur die Umrisse seines Schattens zu sehen. „Wie ist es? Wie fühlt es sich an, jemandem das Leben zu nehmen?“
„Schrecklich.“
„Wie viele… ich meine…“
„Ich habe sie nicht gezählt“, entgegnete Lancelot kurz angebunden.
Gwyn wollte nicht weiter nachbohren und zog es vor zu schweigen.
„Beim ersten Mal ist es am schlimmsten“, sagte Lancelot schließlich mit belegter Stimme. „Man erfährt sehr viel über sich selbst, wenn man einen Menschen getötet hat. Viele sagen, dass etwas in einem zerbricht, aber das ist nicht wahr. Der Blick verändert sich. Der Blick auf die Welt und die Menschen, die in ihr leben. Man ist für das normale Leben verdorben. Ich habe Männer gekannt, die das nicht ertragen haben. Sie fanden sich danach einfach nicht mehr zurecht. Mir ging es zunächst ähnlich, bis ich die Gesellschaft derer gesucht habe, die auch getötet haben. So bin ich Ritter geworden. Aber sei beruhigt, beim zweiten Mal ist es nicht mehr ganz so schlimm, beim dritten Mal kümmert es dich nicht mehr und ab dem vierten Mal hörst du auf zu zählen.“ Er packte Gwyn beim Arm. „Glaub ja nicht, dass mit Mordred Schluss ist. Es kommen andere, die vielleicht nicht ganz so schlimm wie Arturs Sohn sind, doch sie werden in dir eine Herausforderung sehen. Morgen schlägst du die erste Schlacht eines Krieges, der erst mit deinem eigenen Tod beendet sein wird. Die Macht wird dich verändern. Zunächst versuchst du dich dagegen zu wehren, doch dann wirst du feststellen, wie bequem es ist, sich mit Leuten zu umgeben, die dein Handeln nicht infrage stellen. Du wirst deine Wichtigkeit überschätzen und ständig aus gutem Grund Angst davor haben, verraten zu werden. Am Ende misstraust du selbst deinen Kindern. Das ist der Grund, warum ich bis heute eine so große Hochachtung vor Artur habe. Er war stets standhaft, ritterlich und gerecht. Selbst die größten Schicksalsschläge haben ihn nie an seiner Aufgabe zweifeln lassen. Wenn du nicht so werden willst wie Vortigern oder Uther Pendragon, musst du den Weg fortsetzen, den Artur eingeschlagen hat. Höre auf die Meinung anderer, auch wenn sie unbequem sein sollte, und misstraue schmeichelhaften Einflüsterungen. Gründe deine eigene Tafelrunde, hole Frauen wie Katlyn an deinen Hof. Oder noch bessere: Heirate sie.“
„Katlyn?“, fragte Gwyn peinlich berührt.
„Sie ist ein wunderbarer Mensch. Klug und voller Humor. Leider gibt es nicht viele wie sie. Auch wenn du in einem Alter bist, in dem man noch nicht an die Ehe denkt, solltest du ihr sagen, wie viel sie dir bedeutet. Warte nicht zu lange, sonst wirst du wie ich eines Tages feststellen, dass die Zeit abgelaufen ist.“
Sie schwiegen eine Zeit lang. Schließlich begann Lancelot ein Lied zu summen, dessen Schwermut Gwyn zu Herzen ging. Und mit einem Mal spürte er, dass die unerfüllte Liebe, die dieser Mann für Königin Guinevra empfand, in der Tat sehr tief gehen musste. Der Preis, den er für diese Anbetung zu zahlen hatte, war eine schreckliche Einsamkeit. Für
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