Gwydion 03 - König Arturs Verrat
nachreiten.“
„Ich komme mit“, sagte Rowan. „Was ist mit dir, Gwyn? Begleitest du uns?“
„Ja, natürlich“, sagte er. „Obwohl ich befürchte, dass wir keinen Erfolg haben werden.“
„Da bin ich anderer Meinung“, sagte Sir Lancelot. „Agrippina kann noch nicht weit sein. Wir werden sie bald eingeholt haben.“
Sie füllten in Anbetracht der heraufziehenden sommerlichen Hitze vorsorglich die Wasserflaschen, legten dann ihre Waffen an und sattelten die Pferde. Lady Wenna öffnete das Tor. Lancelot gab seinem Rappen die Sporen und gemeinsam preschten sie davon.
„Rowan, du reitest die Küste nach Westen entlang“, rief er. „Gwyn, du nimmst die entgegengesetzte Richtung. Ich werde das Landesinnere absuchen. Spätestens bei Sonnenuntergang treffen wir uns wieder in Caer Goch. Gebe Gott, dass ihr nichts zugestoßen ist“, knurrte Lancelot.
Also trennten sie sich. Gwyn, der spürte, dass die Suche ergebnislos verlaufen würde, fiel vom Galopp in einen gemächlichen Trab, als die beiden anderen außer Sichtweite waren.
Das Land jenseits der Steilküste war eine baumlose Hügellandschaft. Nur einzelne durch den ständigen Wind verkrüppelte Büsche und Sträucher konnten sich hier so nahe am Meer halten. Wenn Agrippina diesen Weg genommen hatte, dann musste sich hier irgendwo ihre Spur finden lassen. Doch wie sehr Gwyn auch die Augen offen hielt, es gab nicht den geringsten Hinweis, dass hier vor Kurzem ein Pferd entlanggeritten war.
Am Mittag erreichte er eine kleine Landzunge, die vielleicht dreihundert Schritt ins Meer hineinragte. Auf ihr befand sich die Ruine eines römischen Turms. Ob es sich dabei um ein Leuchtfeuer oder um eine kleine Befestigungsanlage handelte, war nicht mehr zu erkennen. Er stieg von seinem Pferd ab, streckte sich und schaute sich um. Es war niemand zu sehen. Gwyn band Pegasus an einem Busch an und stieg die brüchigen Stufen hinauf. Zwischen den Ritzen wuchs Gras und an einer windgeschützten Stelle zwängte sich sogar der junge Trieb eines Baumes durch das Mauerwerk.
Als er oben ankam, schlug ihm ein kräftiger Seewind ins Gesicht, der so intensiv nach dem Salz des Meeres roch, dass Gwyn tief durchatmete. Er öffnete seinen Proviantbeutel, biss ein Stück Brot ab und ließ seinen Blick über die graue aufgepeitschte See wandern. Obwohl die Böen fast schon stürmisch waren, erfasste sein Herz eine Ruhe, wie er sie schon lange nicht mehr verspürt hatte. Er fragte sich, was jenseits des Horizonts sein mochte. Wenn er die römische Karte richtig in Erinnerung hatte, befand sich im Norden Caerdydd in Wales. Segelte er nach Westen, würde er die südliche Küste von Irland erreichen. Doch was befand sich dahinter? War die Welt eine Scheibe und stürzte man in die Unendlichkeit, wenn man sich zu weit vorwagte? Oder hatten die Griechen Recht gehabt, die behaupteten, die Welt sei eine Kugel? Dann musste man nur lang genug segeln, um wieder an den Ausgangspunkt seiner Reise zu gelangen. Wem würde man unterwegs begegnen? Welche Gestade würden den Reisenden empfangen? Ein ungeahntes Gefühl des Fernwehs überkam ihn, und auf einmal war die Vorstellung, mit einem kleinen Segelboot in See zu stechen und sich vom Wind aufs Geratewohl hinaustreiben zu lassen, fast übermächtig.
Er drehte sich um und schaute ins Landesinnere. Plötzlich hielt er mit dem Kauen inne. Irgendetwas bewegte sich auf einer der weit entfernten Hügelkuppen. Er beschattete seine Augen. Er machte zwei Punkte aus, die langsam näher kamen – also konnte es sich nicht um Agrippina handeln. Unter ihm begann Pegasus nervös zu wiehern.
Gwyn stopfte den Rest seines Brotes zurück in den Beutel und sprang zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinab. Unten angekommen erkannte er, dass die Reiter vielleicht noch zwei Meilen von ihm entfernt waren. Wenn er jetzt davonritt, würden sie ihn entdecken. Er nahm Pegasus bei den Zügeln und führte ihn hinter den Turm. Sein Blick fiel auf den Sattel, an dem das Schwert hing. Einen kurzen Moment überlegte er, ob er es sich auf den Rücken binden sollte, doch er verwarf die Idee fast im selben Moment wieder. Bevor er das Schwert auch nur gezogen hätte, wäre er tot gewesen. Aber vielleicht hatte er Glück und es waren nur Reisende, die wie er an diesem Turm eine Rast einlegen wollten.
Er hörte das Wiehern ihrer Pferde und das Klappern von Hufen auf dem steinigen Untergrund. Gwyn schielte um die Ecke und als er den grünen Drachen auf ihren staubbedeckten
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