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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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korrigierte ihn Lancelot mit versteinertem Gesicht.
    „Merlin, Myrrdin, wie auch immer“, fauchte Roderick. „Ich sage Euch, dieser gerissene Druide mit den tausend Namen und den tausend Gesichtern wird noch einmal Britanniens Totenglöcklein läuten. Stiftet Könige zu Kriegen an, hält sich aber selbst stets im Hintergrund, um dann mit dem Finger auf andere zu zeigen. Alleine wenn ich an die Geschichte mit Excalibur denke, frage ich mich heute noch, wie die Leute so dumm sein konnten, um auf diesen simplen Trick hereinzufallen.“
    „Welchen Trick?“, fragte Gwyn verwirrt. „Der mit dem Schwert im Stein?“
    „Falsch! Der mit dem Schwert im Amboss auf dem Stein! Das ist ein feiner, aber sehr wesentlicher Unterschied. Wart Ihr dabei, als Artur wie durch ein Wunder Excalibur an sich brachte?“ fragte er Lancelot.
    „Nein“, erwiderte der Ritter, in dessen Gesicht sich noch immer keine Regung zeigte.
    „Aber ich! Damals war ich ein Junge von vier oder fünf Jahren, leicht zu beeindrucken wie jedes Kind in dem Alter. Artur war zu dieser Zeit Sir Kays Knappe. Ich weiß noch, dass man damals verzweifelt nach einem würdigen Nachfolger für Uther Pendragon suchte. Er war ein besonders weiser Herrscher gewesen und von enormer Durchsetzungskraft. Myrrdin wusste als Einziger, dass Uther Pendragon Arturs Vater war, und er wollte unbedingt, dass der Sohn dem Vater auf den Thron folgte, denn Artur war alles andere als ein heller Kopf. Leicht zu formen und mit einem offenen Ohr für alle möglichen Einflüsterungen. Gewiss, Artur hatte damals schon jenen heroischen Gerechtigkeitssinn entwickelt, für den er später berühmt werden sollte. Aber das reichte nicht, um den Thron zu besteigen. Also verfiel Myrrdin auf die List mit dem Schwert, das er sich irgendwo von einem Schmied in Caliburn hatte anfertigen lassen. Daher auch der Name: Ex Calibur ist nichts anderes als eine Herkunftsbezeichnung.“ Roderick grinste breit und hob den Zeigefinger, als käme jetzt der wirklich spannende Teil dieser Geschichte. „Myrrdin steckte nun also ebendieses Schwert in einen Amboss, der auf einem Stein befestigt war, und proklamierte feierlich, dass nur derjenige als König infrage käme, der Excalibur ohne Mühe herausziehen könne.“
    „So weit ist die Sage bekannt“, sagte Lancelot.
    „Das habe ich mir gedacht. Aber ist auch bekannt, welche List Myrrdin anwandte? Man kann natürlich kein Schwert so mir nichts, dir nichts in einen massiven Stahlblock treiben. Er hatte eine Öffnung, in die dieses Schwert – oh Wunder – perfekt passte. Und auch der Stein wies die gleiche Öffnung auf, deswegen konnte Excalibur auch tief genug hineingesteckt werden. Damit das Schwert nicht wieder herausgezogen werden konnte, erfand Myrrdin, der Trickreiche, einen Mechanismus, der Amboss und Stein gegeneinander drehte, sodass die Klinge verkeilt wurde. Man konnte ziehen, so viel man wollte, Excalibur rührte sich nicht. Nun, als Artur es versuchte, löste Myrrdin den Mechanismus und…“ – Roderick klatschte in die Hände – „… das Schwert war frei!“
    Betretenes Schweigen machte sich breit. Schließlich war es Lancelot, der als Erster die Sprache wiederfand. „Ihr lügt“, sagte er nur.
    „Wenn Ihr meint“, antwortete Roderick betont gleichgültig. „Aber wenn Ihr hinaus auf den Friedhof geht, könnt Ihr den Amboss auf dem Stein gerne besichtigen. Er steht noch immer an demselben Platz wie vor fünfzig Jahren. Steckt einmal Euer Schwert in die schmale Öffnung und achtet dabei auf den losen Stein an der rechten unteren Ecke. Wenn Ihr ihn mit der Spitze Eures Stiefels eindrückt, werdet Ihr Euer Schwert auch unter Aufbietung all Eurer Kräfte nicht herausziehen können. Dazu müsst Ihr erst ein zweites Mal den Mechanismus betätigen.“
    Roderick setzte sich auf einen kleinen Schemel, schöpfte sich in aller Seelenruhe etwas Hafergrütze in eine kleine Schüssel und schaute mit kaum verhohlenem Triumph in die Runde.
    „Aber… warum habt Ihr nichts gesagt“, fragte Gwyn sichtlich erschüttert. „Ihr hättet diesen Betrug ohne Weiteres aufdecken können.“
    „Es war ein frommer Betrug“, sagte Roderick mit vollem Mund. „Zunächst waren alle skeptisch gewesen, aber schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass Artur etwas von seinem Handwerk verstand. Niemand ahnte jedoch, dass es Myrrdin war, der im Hintergrund die Fäden zog. Das war aber auch egal. In dem Fall heiligte der Zweck die Mittel, und allen war es anfangs

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