Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
ganz vorsichtig, hab zu allem genickt, was sie an meiner Tochter kritisiert hat, und habe kein Wort davon gesagt, was ich alles an ihrem Unterricht und der Art und Weise, wie sie korrigiert, unmöglich finde. Da gäbe es wirklich einiges, was man mal ansprechen könnte!«
Nachvollziehbar ist das Verhalten dieser Mutter schon – aber nicht erfolgversprechend. Denn der Lerneffekt dieses Gesprächs ist für beide, Lehrerin wie Mutter, gleich null. Die Lehrerin fühlt sich in ihrem Verhalten bestätigt und wird genauso weitermachen wie bisher. Und die Mutter wird sich weiterhin ärgern.
Besser wäre es, Kritik konstruktiv anzubringen – das ist völlig legitim. Und dieses Recht nehmen Sie sich auch bitteheraus. Sie gehören nicht zu den Menschen, die sich über alles und jeden pausenlos aufregen und Strichlisten über verletzende Bemerkungen des Lateinlehrers Ihres Kindes führen. Aber Sie wollen nicht, dass Ihr Kind im Unterricht immer wieder niedergemacht oder bloßgestellt wird. Äußern Sie das im Gespräch mit dem Lehrer in einem freundlichen, aber bestimmten Ton, ohne sich dabei auf längere Diskussionen einzulassen. Der wichtige Nebeneffekt dabei ist: Jeder Lehrer merkt sofort, dass Sie über die Vorgänge im Unterricht informiert, aber nicht bereit sind, alles zu schlucken.
Kritik ist leichter zu ertragen, wenn sie richtig verpackt wird
Natürlich können Sie mit der Tür ins Haus fallen. Sie begrüßen den Lehrer kurz und knapp und legen dann gleich mit einer ellenlangen Liste mit Beschwerdepunkten los. Wahrscheinlich sind Sie dann aber auch einige Zeit damit beschäftigt, die Scherben wieder zu kitten, um zu einem einigermaßen konstruktiven Klima zurückzufinden.
Klüger ist es auf alle Fälle, Ihrer Kritik ein Lob voranzustellen, indem Sie beispielsweise sagen: »Nach allem, was man so hört, haben Sie ja ein enormes Fachwissen.« Der nachfolgende Satz: »Schade ist nur, dass Sie die Schüler damit überfordern und demotivieren!«, wird dann von Ihrem Gegenüber wahrscheinlich leichter akzeptiert werden. Sie wissen ja: Mit einem Löffel Zucker rutscht jede noch so bittere Medizin.
Jegliche Rücksicht ist aber dann fehl am Platze, wenn es sich um Lehrer handelt, die Kinder tyrannisieren. In diesem Fall sollten die Eltern über den Elternbeirat vorgehen und sich mit möglichst vielen anderen aus der Klasse zusammentun. Damit wird verhindert, dass der Lehrer eventuell seinen Ärger an einem einzelnen Kind auslässt.
Ändert ein Lehrer nach einem Gespräch sein Verhalten nicht, so ist der nächste Ansprechpartner die Schulleitung, die hier für eine Lösung sorgen sollte. Kommt jedoch auch von dort keine Abhilfe, ist der nächste Schritt der Gang zum Oberschulamt.
Beschränken Sie das Gespräch auf das Wesentliche
Grundsätzlich gilt: Alles, was zur Problemlösung notwendig ist, sollten Sie ansprechen – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ersparen Sie sich und dem Lehrer beispielsweise das Herumwühlen in Ihrer eigenen Schulvergangenheit und wie Sie sich damals gefühlt haben. Das müssten Sie inzwischen für sich geklärt haben. Garantiert spielt es jedenfalls keine Rolle in Bezug auf die Schulprobleme Ihres Kindes.
Umgekehrt gilt Ähnliches: Vielleicht mag es ja ganz interessant klingen, wenn Ihnen der Lehrer von seinem vollen Terminkalender, der Belastung durch Zusatzkorrekturen, dem Stress von Eigen- und Fremdevaluation etc. erzählt. Nur: Damit löst sich das Problem nicht, das Sie in seine Sprechstunde geführt hat. Also weisen Sie ihn freundlich, aber bestimmt darauf hin, dass Sie eigentlich über das Thema X reden wollen. Und dieses Gesprächsziel lässt sich beispielsweise ganz elegant mit der Formulierung ansteuern: »Ich weiß, Ihre Zeit ist begrenzt, daher würde ich gern noch einmal auf … zurückkommen.«
Wenn Sie in einem solchen Fall nicht die Initiative übernehmen, dann ergeht es Ihnen vielleicht wie jener Mutter, die nach einem Termin beim Klassenlehrer ihres Sohnes enttäuscht feststellt: »Ich hab ihm geschlagene zwanzig Minuten zugehört, wie schlimm die Klasse ist, wie schlecht die Leistungen sind, dass das G8 alle total überfordert und dass er keinem Menschen raten würde, auf Lehramt zu studieren. Und von seinem Blutdruck wolle er lieber gar nicht reden. Als ich ihn schließlich unterbrochen habe und von den Problemen sprechen wollte, die mein Sohn mit ihm hat – er verunsichert Schüler ungemein, und wenn sie sich beschweren, dann lacht er bloß
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