Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
mit dem Lehrer die Sichtweise Ihres Kindes darstellen müssen. Auch wenn Sie verärgert sind: Versuchen Sie trotzdem, so sachlich wie möglich zu bleiben.
Anschuldigungen dem Lehrer gegenüber wie zum Beispiel: »Sie rufen meine Tochter immer genau dann auf, wenn sie garantiert nichts weiß!«, führen nicht weiter. Formulieren Sie stattdessen Ihr Anliegen konstruktiv, beispielsweise so: »Meiner Tochter ist es sehr unangenehm, wenn sie aufgerufen wird und nichts weiß. Das ist leider in der letzten Zeit häufiger passiert und hat nun dazu geführt, dass sie sich inzwischen fast gar nichts mehr zutraut. Wie lässt sich diese Situation in Zukunft entschärfen?«
In beiden Formulierungen ist der Inhalt der gleiche. Während aber die Schuldzuweisung im Satz »Sie rufen meine Tochter immer genau dann auf, wenn sie garantiert nichts weiß!« zu einer Verteidigungshaltung – und eventuell einer unfreundlichen Gegenreaktion – des Lehrers führt, wird er bei der zweiten Formulierung mit dem Problem einer Schülerin konfrontiert, das es zu lösen gilt. Jeder Lehrer, der auch nur ein bisschen pädagogisches Blut in den Adern hat, wird auf diese Fragestellung sofort reagieren, denn: Hier ist der Fachmann oder die Fachfrau gefragt!
Natürlich kann niemand von Ihnen verlangen, dass Sie im Gespräch mit dem Lehrer eine sorgfältig ausgetüftelte Taktik anwenden. Sie brauchen dazu auch kein Psychologiestudium.Stattdessen reicht es vollkommen aus, wenn Sie zur Erreichung Ihres Ziels die einfachen Regeln der Höflichkeit befolgen. Fragen Sie sich auch immer wieder: Was würde ich an der Stelle meines Gegenübers empfinden? Dieser Platztausch erleichtert die Kommunikation in jedem Fall.
Gibt es in der Schule gravierende Probleme mit Ihrem Kind, so werden Sie sicherlich zu einem Gespräch gebeten. Auf den Brief, den Sie aus diesem Grund erhalten haben, reagieren Sie nicht panisch, sondern bitten Ihr Kind um genaue Informationen, was in der letzten Zeit im Unterricht vorgefallen ist. So können Sie sich zumindest ansatzweise ein Bild davon machen, was Sie in dem Gespräch erwartet – und sich entsprechend vorbereiten.
► Ziel des Gesprächs sollte immer das Wohl des Kindes sein. Machen Sie sich aber deutlich: Das bedeutet nicht, dass dem Kind alle Schwierigkeiten von Eltern und Lehrern aus dem Weg geräumt werden. Wenn Sie beispielsweise den Erziehungsstil des Lehrers als streng empfinden, weil Sie selber Dinge eher locker sehen, dann sollten Sie sich fragen, ob nicht gerade dieser andere Erziehungsstil als Erfahrung für Ihr Kind sinnvoll sein kann.
Überlassen Sie dann dem Lehrer die Gesprächsführung. Hören Sie also zuerst ruhig zu, bevor Sie sich äußern. Es spricht nämlich überhaupt nichts dagegen, die Sachlage erst einmal zur Kenntnis zu nehmen und um Zeit zu bitten, um sich zum Beispiel mit jemand anderem darüber zu beraten, wie das Problem zu lösen ist. Das verhindert unüberlegtes Handeln.
Ein Vater meint dazu: »Unser Marcel ist sehr emotional und prügelt sich auch manchmal mit anderen Kindern. Für uns als Eltern ist das natürlich ganz entsetzlich. Neulich gab es wieder eine Rauferei, an der aber bestimmt die halbe Klasse teilgenommen hat. Leider hat Marcel bei der Klassenlehrerin einen schlechten Ruf und war natürlich sofort der Anstifter. Sie hat uns dringend nahegelegt, dass wir unserenSohn von der Schule nehmen sollten. Wir haben ihr aber erklärt, dass wir gegen solche Schnellschüsse sind. Inzwischen geht er zu einem Jugendpsychologen, macht verstärkt Leistungssport und baut so seine überschüssigen Kräfte ab. Der Psychologe fand unseren Entschluss gut, Marcel nicht von der Schule zu nehmen, denn das hätte das Signal gesendet, bei Problemen muss man einfach nur den Schauplatz wechseln. Viel wichtiger ist, dass unser Sohn lernt, mit Problemen richtig umzugehen.«
Rufen Sie sich vor einem Gespräch mit dem Lehrer grundsätzlich in Erinnerung:
Ihr Verhältnis zu Ihrem Kind ist – logischerweise – ein emotionales. Das bedeutet, dass Sie wahrscheinlich nicht immer objektiv sind. Und das ist auch völlig in Ordnung. Akzeptieren Sie aber, dass der Lehrer das Verhalten Ihres Kindes, das er natürlich nur im Hinblick auf sein Fach beurteilen kann, gegebenenfalls völlig anders sieht.
Trauen Sie sich, Kritik zu äußern
»Ich will meiner Tochter ja keine Probleme mit Lehrern machen«, erzählt eine Mutter. »Deshalb war ich in der Sprechstunde bei ihrer Klassenlehrerin auch
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