Hab ich selbst gemacht
der Pflanze so zugesetzt, dass sie eingeht. Verdammte Raupen!, denke ich. Vor allem, weil Salbei eigentlich im Garten die Aufgabe hat, Raupen von den Pflanzen fernzuhalten, habe ich gelesen. Nun weiß ich nicht, ob das geschieht, indem die Pflanze alle Raupen auf sich zieht – verstanden hatte ich es eher so, dass sie mit ihrem intensiven Geruch Raupen aus dem Garten vertreibt. Aber das hier sind wohl hartgesottene Stadtraupen, mit einem Hang zur Drogensucht. Die haben sich mit den ätherischen Ölen meines Salbeis tagtäglich einen fetten Rausch angefuttert.
Und so traurig ich über den Verlust meines Salbeis bin, so sage ich mir doch: Nicht nur in freier Wildbahn, auch im Garten heißt es: Fressen und gefressen werden.
Deshalb fressen der Mann und ich jetzt auch die letzten, in Butter gerösteten Salbeiblätter mit den Nudeln.
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Tag 199
Heute bleibt die Küche kalt
Eigentlich würde ich jetzt gern einen Blaubeerkuchen backen oder Hefeklöße mit heißem Blaubeerkompott machen, aber es gibt keine Blaubeeren. Also im Laden schon, ja. Der Plan war nur: selbst sammeln.
Gestern früh fragte ich den Mann, ob er mit mir in die Blaubeeren fahren wolle, und er antwortete: »Ich komme mit, allein schon, weil ich dich so gern sagen höre: Wir fahren in die Blaubeeren.« Also fuhren wir in die Berge, in die kleine Hütte seiner Eltern. Wir hatten nicht nur Sonnencreme und Badesachen dabei, sondern auch ein ganzes Bataillon Einmachgläser. Denn als wir das letzte Mal dort waren, hatten wir riesige Waldbodenareale voller Blaubeerpflanzen gesehen, an denen kleine, noch fast durchsichtige Früchte hingen. Die, wenn wir richtig gerechnet hatten, jetzt prall und dunkelblau sein müssten. Waren sie aber nicht.
Keine einzige Blaubeere war zu sehen.
Wir standen also im Wald und wunderten uns. Und wir entwickelten verschiedene Theorien: Diese Pflanzen sind gar keine Blaubeerpflanzen, sondern sehen nur so aus. Und das Weißliche, was da an ihnen dranhing, waren ihre Blüten, aus denen aber keine Beeren werden. Oder: Die Tiere dort im Wald sind extrem ordentliche Esser und haben jede einzelne Blaubeere schon aufgefressen und dabei wirklich keine einzige übersehen.
Überzeugt waren wir von keiner der beiden Theorien. Wir ertränkten unsere Enttäuschung im Bergsee und beschlossen, das Wochenende auch ohne Heidelbeerernte super zu finden.
Als ich mich jetzt telefonisch bei der Mutter des Mannes beschwere, die Blaubeerernte sei eine große Pleite gewesen,sagt sie, mindestens genauso empört wie ich: »Keine einzige Beere! Genau. Wir waren letztes Wochenende oben und waren genauso überrascht wie ihr.«
Oha, dann wären an diesem Wochenende die Blaubeeren eh schon abgeerntet gewesen, denke ich mir.
»Es ist wirklich merkwürdig«, spricht die Mutter des Mannes weiter, »in den letzten Jahren haben wir nämlich kiloweise Beeren gesammelt.«
»Was ist nur mit diesem Jahr los?«, frage ich eher mich als sie. Denn es scheint wie verhext: Kaum will ich hier mal einen auf Selbstversorger machen, stellen sämtliche Nutzpflanzen ihr Wachstum ein oder sterben plötzliche Hitze-, Regen- oder Raupentode.
Wir schimpfen beide noch eine Weile am Telefon über dieses miese Gartenjahr. Denn auch der Mutter des Mannes sind im Garten fast sämtliche Zucchini eingegangen. Das bayerische Wetter meint es in diesem Jahr einfach nicht gut mit Gärtnern. Erst vier Früchte habe sie ernten können, und wenn ich an die Geschichten des Mannes denke, dass es in seiner Kindheit wochenlang nichts anderes als Zucchini gegeben hatte, dann muss diese Vier-Zucchini-Ernte seiner Mutter tatsächlich einer Katastrophe gleichkommen.
Also stecke ich meine Hände anstatt in einen Blaubeerkuchenteig nur in die Brotteigschüssel und bette den Teig in den Topf, um ihn später fertig zu backen. Wie lange habe ich mich schon auf Hefeklöße mit Blaubeerkompott gefreut oder eben auf einen warmen Blaubeerkuchen! Stattdessen wird es am Abend nur eine Brotzeit geben. Meine Laune ist wirklich mies. Ich decke den Topf mit dem Teig ab und stelle ihn an seinen Platz auf dem neu gebauten Regal.
Ich schalte den Computer ein und finde in meinem Postfach eine Mail von Frau Liebe. Ich hatte sie gefragt, ob es sie eigentlich auch mal Überwindung kostet, neue Projekte anzupacken. Wenn man sich ihren Weblog nämlich so anschaut,kann man auf die Idee kommen, diese Frau hat zehn Ausbildungen hinter sich und hat vor nichts Bammel. Sie renoviert alte Möbel genauso wie alte
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