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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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anlangt.»
    «Was?»
    «Ich liebe so was», sagte Spellman. «Das sagt mir mehr als irgendwas sonst. Sie sind bei weitem der beste von dem ganzen Klüngel. Hören Sie mal, kommt eine schöne jüdische Agitatorin darin vor?»
    «Wieso?» fragte Richard Gordon argwöhnisch.
    «Das wäre eine Rolle für Sylvia Sidney. Ich bin in sie verliebt. Wollen Sie ihr Bild sehen?»
    «Ich hab’s gesehen», sagte Richard Gordon.
    «Trinken wir was», sagte Spellman strahlend. «Nein, daß ich Sie hier unten kennenlernen würde! Wissen Sie, ich bin ein Glückspilz. Wirklich ein Glückspilz.»
    «Wieso?» fragte Richard Gordon.
    «Ich bin verrückt», sagte Spellman. «Herrje, das ist was Fabelhaftes. Es ist geradeso, wie wenn man verliebt ist, nur, daß immer alles gut ausgeht.»
    Richard Gordon rückte ein bißchen ab.
    «Seien Sie doch nicht so», sagte Spellman. «Ich bin nicht gemeingefährlich. Das heißt, ich bin fast nie gemeingefährlich. Los, kommen Sie, trinken wir was.»
    «Sind Sie schon lange verrückt?»
    «Ich glaube schon immer», sagte Spellman. «Ich sage Ihnen, das ist in Zeiten wie diesen die einzige Art, um glücklich zu sein. Was kümmert’s mich, wie Douglas Aircraft stehen? Was kümmert’s mich, wie A. T. & T.-Aktien stehen? Das kann mir alles nichts anhaben. Ich nehme einfach eines Ihrer Bücher zur Hand oder trinke was, oder ich sehe mir Sylvias Bild an, und ich bin glücklich. Ich bin wie ein Vogel. Ich bin besser als ein Vogel. Ich bin ein…» Er zögerte und schien nach einem Wort zu suchen, und dann stieß er hastig hervor: «Ich bin ein wunderschöner kleiner Storch.» und errötete. Er sah Gordon starr an; seine Lippen zuckten, und ein großer blonder junger Mann machte sich von einer Gruppe unten an der Bar los, kam auf ihn zu und legte ihm die Hand auf den Arm.
    «Komm, Harold», sagte er. «Wir wollen lieber nach Hause gehen.»
    Spellman sah Richard Gordon wütend an. «Er hat sich über einen Storch lustig gemacht», sagte er. «Er ist von einem Storch abgerückt. ‹Ein Storch, der kreist in weitem Flug…›»
    «Los, komm, Harold», sagte der große junge Mann.
    Spellman streckte Richard Gordon die Hand entgegen. «Nichts für ungut», sagte er. «Sie sind ein guter Schriftsteller. Fahren Sie nur so fort. Vergessen Sie nicht: ich bin immer glücklich. Lassen Sie sich von niemandem beirren. Auf Wiedersehen.»
    Der große junge Mann hatte ihm den Arm um die Schultern gelegt, und die beiden schoben sich durch die Menge der Tür zu. Spellman sah zurück und blinzelte Richard Gordon zu.
    «Netter Kerl», sagte der Besitzer. Er tippte gegen seine Stirn. «Sehr gebildet. Studiert wahrscheinlich zuviel. Zerbricht gern Gläser. Denkt sich aber nichts Böses dabei. Bezahlt für alles, was er zerbricht.»
    «Kommt er oft hierher?»
    «Am Abend. Was sagt er, das er ist? Ein Schwan?»
    «Ein Storch.»
    «Neulich abend war er ein Pferd. Mit Flügeln. Wie das Pferd auf der White Horse-Whiskeyflasche, nur mit ein paar Flügeln. Netter Kerl, muß man sagen. Viel Geld. Hat komische Ideen. Die Familie läßt ihn jetzt hier unten leben mit seinem Manager. Hat mir erzählt, daß er Ihre Bücher mag, Mr. Gordon. Was trinken Sie? Auf Kosten des Hauses.»
    «Einen Whiskey», sagte Richard Gordon. Er sah den Sheriff auf sich zukommen.
    Der Sheriff war ein sehr hochgewachsener, leichenhafter, blasser und außerordentlich umgänglicher Mann. Richard Gordon hatte ihn an jenem Nachmittag auf der Cocktailparty bei den Bradleys getroffen und sich mit ihm über den Bankraub unterhalten.
    «Hören Sie mal», sagte der Sheriff. «Falls Sie nichts vorhaben, kommen Sie nachher mit mir mit? Der Küstenschutz schleppt Harry Morgans Boot rein. Ein Tanker hat es auf der Höhe von Matacumbe signalisiert, Sie haben die ganze Bande.»
    «Mein Gott», sagte Richard Gordon. «Sie haben sie alle?»
    «Sie sind alle tot bis auf einen, hieß es in der Meldung.»
    «Sie wissen nicht, wer er ist?»
    «Nein. Das haben sie nicht gesagt. Gott weiß, was passiert ist.»
    «Haben sie das Geld?»
    «Das weiß man nicht. Aber es muß ja an Bord sein, da sie nicht bis Kuba damit gekommen sind.»
    «Wann werden sie einlaufen?»
    «Das wird bestimmt noch zwei bis drei Stunden dauern.»
    «Wohin wird man das Boot bringen?»
    «Ich glaube in den Marinehafen, wo der Küstenschutz festmacht.»
    «Wo treffe ich Sie, um mit Ihnen runterzugehen?»
    «Ich komme hier vorbei und hole Sie ab.»
    «Hier oder bei Freddy. Ich kann’s hier nicht viel länger

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