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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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aushalten.»
    «Bei Freddy geht’s heute abend wüst zu. Ist bis oben voll mit den Veteranen von den Keys. Bei denen ist immer der Teufel los.»
    «Ich gehe runter und seh mir’s an», sagte Richard Gordon. «Ich fühl mich nicht so ganz auf der Höhe.»
    «Na, kommen Sie nicht in Schwierigkeiten», sagte der Sheriff. «In zwei Stunden hole ich Sie dann ab. Soll ich Sie dort absetzen?»
    «Bitte.»
    Sie gingen durch das Gewühl hinaus, und Richard Gordon setzte sich neben den Sheriff ins Auto.
    «Was glauben Sie denn, daß in Morgans Boot passiert ist?»
    «Gott weiß was!» sagte der Sheriff. «Es klingt ziemlich gruslig.»
    «Hatte man denn keine weiteren Informationen?»
    «Überhaupt nichts», sagte der Sheriff. «Na, und nun sehen Sie sich das an.»
    Sie hielten gegenüber der hellerleuchteten, offenen Vorderseite von Freddys Lokal, das bis aufs Trottoir heraus gesteckt voll war. Männer in Dungarees, manche ohne Kopfbedeckung, andere mit Kappen, alten Militärmützen und Papphelmen auf, drängten sich drei Reihen tief vor der Theke, und der Fünf-Cent-Phonographenautomat spielte mit voller Lautstärke Isola Capri. Als sie hielten, kam gerade ein Mann aus der offenen Tür herausgesaust und ein anderer hinter ihm her. Sie fielen hin und rollten auf das Trottoir und der Mann, der obenauf lag, hatte den anderen mit beiden Händen bei den Haaren und bumste seinen Kopf in einer Tour auf das Zementpflaster, was ein Geräusch machte, daß einem übel werden konnte. Kein Mensch an der Theke nahm die geringste Notiz davon.
    Der Sheriff stieg aus dem Auto und packte den Mann, der obenauf lag, bei der Schulter. «Schluß, ja?» sagte er. «Steh auf, los.»
    Der Mann reckte sich und blickte den Sheriff an. «Himmelherrgott, können Sie sich denn nicht um Ihren eigenen Dreck kümmern?»
    Der andere Mann, der Blut im Haar hatte, dem Blut aus einem Ohr strömte und dem Blut über sein sommersprossiges Gesicht rieselte, ging auf den Sheriff los.
    «Lassen Sie meinen Freund in Ruhe», sagte er drohend. «Was ist denn los? Denken Sie, ich kann nicht nehmen?»
    «Du kannst nehmen, Joey», sagte der Mann, der ihn so zugerichtet hatte. «Hören Sie mal», zu dem Sheriff, «könnten Sie mir wohl einen Dollar geben?»
    «Nein», sagte der Sheriff.
    «Dann scheren Sie sich zum Teufel.» Er wandte sich an Richard Gordon: «Und wie ist’s mit Ihnen, Kumpel?»
    «Ich spendier euch was zu trinken.»
    «Los doch», sagte der Veteran und nahm Gordon beim Arm.
    «Ich komm nachher vorbei», sagte der Sheriff.
    «Schön. Ich warte hier auf Sie.»
    Als sie sich seitwärts der Theke zuschoben, packte der rothaarige, sommersprossige Mann mit dem blutigen Ohr und Gesicht Gordon am Arm.
    «Mein alter Kumpel», sagte er.
    «Der ist richtig», sagte der Veteran. «Der kann nehmen.»
    «Ich kann nehmen, verstehen Sie?» sagte der mit dem blutigen Gesicht. «Dadurch bin ich den andern überlegen.»
    «Aber geben kannst du nicht», sagte irgendwer. «Laß das Geschubse.»
    «Laß uns ran», sagte der mit dem blutigen Gesicht. «Laß mich und meinen Kumpel ran.»
    Er flüsterte Richard Gordon ins Ohr.
    «Ich brauche nicht zu geben. Ich kann nehmen, verstehen Sie?»
    «Hör mal», sagte der andere Veteran, als sie schließlich die von Bier nasse Theke erreicht hatten. «Sie hätten ihn mittags im Magazin im Camp 5 sehen sollen. Ich hatte ihn unter, und ich schlug ihm mit einer Flasche auf den Kopf. Geradeso, wie wenn man auf ‘ne Trommel schlägt. Wetten, daß ich ihm fünfzig versetzt habe?»
    «Mehr», sagte der mit dem blutigen Gesicht.
    «Es hat überhaupt keinen Eindruck auf ihn gemacht.»
    «Ich kann nehmen», sagte der andere. Er flüsterte Richard Gordon ins Ohr: «Es ist ein Geheimnis.»
    Richard Gordon reichte ihm zwei von den drei Gläsern mit Bier, die der schwarze Barkellner mit der weißen Jacke und dem dicken Bauch abgezogen und ihm zugeschoben hatte.
    «Was ist ein Geheimnis?» fragte er.
    «Ich», sagte der mit dem blutigen Gesicht. «Mein Geheimnis.»
    «Er hat ein Geheimnis», sagte der andere Veteran.
    «Er lügt nicht.»
    «Soll ich’s Ihnen erzählen?» sagte der mit dem blutigen Gesicht Richard Gordon ins Ohr.
    Gordon nickte.
    «Es tut nicht weh.»
    Der andere nickte. «Erzähl ihm das Schlimmste davon.»
    Der Rothaarige berührte mit seinem blutigen Mund beinahe Gordons Ohr. «Manchmal ist es direkt ein wunderbares Gefühl», sagte er. «Na, was sagen Sie nun?»
    Direkt neben Gordon stand ein großer, dünner Mann mit einer

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