Haben Sie das von Georgia gehoert
Satterfield?« Dieser Witz reichte zurück bis in die Highschoolzeit, und sie mussten immer noch darüber lachen.
»Ach, Georgia, du bist wirklich eine Katastrophe«, sagte Krystal. »Lass mich jetzt wieder an mein blödes Spreadsheet. Soll ich heute Abend vorbeikommen und dir beim Kochen helfen?«
Georgia überlegte. »Eigentlich könnte ich dich eher morgen gebrauchen, weißt du? Zum Tischdecken und Dekorieren. Du kannst so gut mit Blumen und Servietten und solchen Sachen umgehen.«
Krystal lächelte. »Oh, danke. Nett, dass du das sagst.«
»Bilde dir nichts ein«, meinte Georgia. »Ich habe nur eine Tatsache festgestellt.«
Sie wusste, dass Brother nicht da sein würde, aber sie fuhr trotzdem zum Treffpunkt, damit sie es ihm nachher vorhalten könnte. Sie wartete exakt fünf Minuten und fuhr dann weiter zum T.C. Looney Community Health Center. Ralph Lemmon lehnte rauchend an seinem Wagen und unterhielt sich mit J.T. Cobb von der Savings and Loan. Georgia wollte das Fenster herunterdrehen, um nach Brother zu fragen, aber nein – sie befanden sich ja »anonym« hier. Außerdem war es kein Geheimnis, wo Brother sich rumtrieb: Er spielte mit Sims Billard, wie er es angekündigt hatte. Wenn er gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen wollte, sollte er es tun; wenn er so wenig Selbstbeherrschung aufbrachte, musste er eben ins Gefängnis zurück. Georgia schlief nachts jedenfalls besser, wenn er hinter Gittern saß.
Sie fuhr nach Hause. Dies war der erste Abend, der wirklich ein Septembergefühl aufkommen ließ: schräge Schatten, ein Hauch von Gold im Licht, ein Schwarm Drosseln, der über den Himmel zog. Immer wenn man dachte, man könne den Sommer nicht eine Minute länger aushalten, kam die erste Andeutung von kühleren, längeren Nächten, die bevorstanden.
Das goldene Licht schnürte ihr fast die Kehle zu. Die alte Stadt sah plötzlich so hübsch aus: Weite grüne Rasenflächen erstreckten sich unter immergrünen Eichen, Rasensprenger schwatzten leise vor sich hin und sprühten glitzernde Bögen über das Gras. Manche der holzverkleideten Häuschen waren so alt wie die Eichen. Kinder flitzten auf Skateboards über die rissigen Gehwege.
Zu Hause rührte Georgia zu den Erbsen noch schnell den Teig für ein Maisbrot an und buk es in der Pfanne. Dann packte sie Little Mama mit Wolldecke und Abendessen in
ihren Sessel und schaltete Channel 12 mit den Nachrichten aus Montgomery ein. Little Mama schimpfte zu gern über das schwarze Wettermädchen, Gwen Soundso. Georgia fand sie eigentlich sehr hübsch. Und sprechen konnte sie auch.
»Sieh sie dir nur an«, sagte Little Mama. »Die kleiden sich heutzutage alle wie die Nutten. Sieh doch, wie tief ausgeschnitten diese Bluse ist!«
»Ich werde jetzt duschen«, sagte Georgia.
»Hast du das Mentholatum mitgebracht?«, fragte Little Mama.
»Es steht neben dir. Wenn es eine Schlange wäre, hätte es dich schon gebissen.«
»Ich dachte, du hättest es schon wieder vergessen.« Little Mama öffnete den Tiegel und tupfte sich ein wenig Salbe auf die Oberlippe. Sie verbrauchte tonnenweise Mentholatum, obwohl sie nie erkältet war. Georgia hatte den Verdacht, der Mentholgeruch erinnerte sie an all die Kool-Zigaretten, die sie früher geraucht hatte.
Mama wedelte mit einer Hand in Richtung Fernseher. »Würdest du mal hinschauen? Alles, was sie hat, lässt sie raushängen!«
»Ich weiß, Ma. Du hasst die arme alte Gwen. Du hasst sie schon seit Jahren.«
»Sie hatten doch dieses nette Mädel aus Evergreen. Was ist denn aus der geworden? Ach ja, stimmt, sie war weiß, und deshalb wurde sie aus dem Programm genommen. Heutzutage kriegen alles die Neger.«
»Ja, Mama. Du hast recht.« Man musste ihr zustimmen, sonst hörte sie nicht auf.
»Keine von denen durfte eine eigene Show haben, bis diese Diahann Carroll kam. Inzwischen haben sie das ganze verdammte
Fernsehen übernommen! Ich meine, hey! Gebt ihnen einen eigenen Sender, dann ist es mir egal. Aber müssen sie auch auf allen unseren Sendern sein?«
»Ja, Mama, das müssen sie. Das ist jetzt Gesetz. Sie müssen auf jedem Sender sein.«
»Das kommt nur wegen dieser verdammten Rosa Parks.«
»Genau die ist schuld daran«, sagte Georgia. »Man hätte ihr niemals die Leitung des ganzen Fernsehens geben dürfen.«
»Hast du mein Metholatum mitgebracht?«
Georgia musterte sie. »Mama. Es steht neben dir.«
»Ich dachte, du hättest es wieder vergessen.«
Georgia wiederholte nicht, dass es sie schon gebissen
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