Haben Sie das von Georgia gehoert
einmal im Jahr fuhr Georgia durch halb Alabama zu einer Biegung des Catfish River, wo schwarze Frauen in einer kleinen Siedlung Quilts nähten. Die Großeltern einiger dieser Frauen waren noch Sklaven gewesen. Die Quilts sahen wunderschön aus: leuchtende Farben, klare geometrische Muster. Jemand hatte die Frauen auf die Volkskunstmasche aufmerksam gemacht, und jetzt verlangten sie bis zu zweihundert Dollar pro Quilt. Aber Georgia brauchte nur die Hälfte zu bezahlen, weil sie ihnen ihre Quilts schon seit Jahren en gros abkaufte.
Angefangen hatte das Ganze damit, dass sie ein paar davon an auserwählte Freundinnen verschenkte. Nachdem Susan Chastain den ihren bei der vorweihnachtlichen Nachbarschaftsbesichtigung vorgeführt hatte, waren alle ganz scharf auf einen gewesen. Jetzt verkaufte Georgia die Quilts mit einem satten Aufschlag in Alma Picketts Geschenkartikelladen »Treasures ’n’ Stuff« in der Court Street im Zentrum. Georgias Quilts waren berühmt in Six Points. Alle Welt nahm an, dass sie die Decken selbst nähte; das hatte sie zwar niemals ausdrücklich behauptet, aber alle paar Wochen brachte sie ein neues Exemplar ihrer Handwerkskunst herunter und zeigte es Mama und Brother, bevor sie in die Stadt fuhr und es in Almas Laden ablieferte.
Alle in Six Points glaubten nur zu gern an Georgias quiltnäherisches Talent. Man wusste, dass man sie abends in Ruhe lassen musste, denn der Abend gehörte dem Quiltnähen, er gehörte Georgia. Das Gesetz lautete: Wenn Georgia im Apartment arbeitet, stört man sie nur, wenn Blut fließt und der Krankenwagen schon unterwegs ist.
Was würde sie nur tun, wenn diese alten Frauen einmal aufhörten, Quilts zu nähen? Georgia wusste kaum, wie man eine Nadel einfädelte.
Sie riss ein Streichholz an, um die Lampe anzuzünden, hielt es dann an das Zeitungspapier unter dem Kaminholz und drehte die Klimaanlage herunter. Ein letzter Blick durch das Zimmer, und sie sah, dass alles perfekt war. Ein Abend vor hundertfünfzig Jahren. Georgia war gut in diesem Spiel.
Sie knipste die Lampe in der Durchfahrt an. »Eine für den Landweg …«, das stellte das verabredete Zeichen dar.
Sofort hörte sie, wie eine Autotür zugeschlagen wurde. Sie lächelte. Er hatte in seinem Lincoln Town Car gesessen und auf das Licht gewartet. Auf sie gewartet.
Nichts war so erregend wie das Bewusstsein, Gegenstand einer Begierde zu sein. Die meisten erregenden Gefühle hatte Georgia schon ausprobiert, und dieses hier gefiel ihr am besten.
Sie erwartete ihn an der eisernen Pforte. Seine Finger schlossen sich um ihre. Sschh, machte sie und scheuchte ihn hinein. Sie schloss die Pforte ab und steckte den Schlüssel in die Tasche ihres Hausmantels.
Als sie ins Zimmer trat, sah sie, dass der Richter mit leuchtenden Augen den Handspiegel seiner Mutter anschaute. Quer durch das Zimmer betrachtet, wirkte er, als wäre er vierzig Jahre alt – okay, fünfzig. Man musste näher herankommen, um die Verwüstungen zu erkennen, die die Jahre in seinem Gesicht hinterlassen hatten. Er hatte freundliche Augen und eine frische Hautfarbe, rosa wie ein Schinken. Blaue Adern zogen sich über die rissige Haut auf seiner Nase. »Mein Gott, Frau«, sagte er, »du bist wahrhaft eine Vision des Himmels.«
»Aber Cap’n Barnett, was schmeicheln Sie mir denn?« Sie streifte ihm das Seersucker-Jackett über die Schultern herunter und führte ihn zu seinem Sessel. »Ich habe diesen alten Hausmantel nur übergeworfen, bis ich entschieden habe, was ich heute Abend in Twelve Oaks tragen werde.«
Er strahlte. »Du willst zum Barbecue?«
»Aber das wissen Sie doch!«, rief sie. »Seien Sie kein so grässlicher alter Narr, Jackson Barnett. Sie wissen sehr wohl, dass Sie mich zum Barbecue-Essen ausführen werden, und jetzt will ich kein Wort mehr darüber hören!« Sie griff nach ihrem japanischen Fächer und gab ihm einen Klaps.
Der Richter bückte sich, um seine Schuhe auszuziehen. »Freut mich zu sehen, dass es dir besser geht, Georgia. Anscheinend hast du dich wieder völlig erholt.«
»Ein Mädchen, das morgens in Ohnmacht fällt, ist abends immer viel frischer.« Sie nahm die Kristallkaraffe vom Schreibtisch und schenkte ihm einen Whiskey ein. »Denken Sie nicht mehr an diese dumme Sache.«
»Ich hatte Angst, du könntest – danke, Darlin’.« Er umfasste das Glas mit seiner fleischigen Hand. »So, wie du da zusammengebrochen bist, dachte ich, du fühlst dich vielleicht nicht gut genug für unser Rendezvous
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