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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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heute Abend. Und wieder einmal ist mir klar geworden, wie kostbar du mir bist. Da saß ich im Dunkeln – in meiner Kutsche, weißt du – und wartete wie ein liebeskranker Knabe. Wartete mit bangem Herzen auf das Licht in deinem Fenster.«
    »Sie sind ein Schatz, dass Sie auf mich warten, Captain. Ich kann von Glück sagen.«
    Sein Blick richtete sich auf den feierlich blickenden Robert E. Lee zu Pferde. »Nein, ich bin es, der Glück hat. Der Sonntag ist für mich der beste Wochentag, bei weitem.«

    Sie bestätigte, dass er es für sie auch sei.
    Sie wartete darauf, dass er einen Schluck Bourbon nahm und damit den Knoblauchgeruch überlagerte, damit sie näher heranrücken könnte. Knoblauch war der große Nachteil bei Richter Barnett. Es war kein Zufall, dass sie ihn am Sonntag empfing und sich den Montag freihielt; so hatte sie einen zusätzlichen Tag, um das Apartment zu lüften. »Halten Sie es für denkbar, dass die Yankees den Krieg gewinnen, Captain?«
    Seine Stirn verdüsterte sich. »Ausgeschlossen. Unsere tapferen Jungs … ja, da sind drei Yankeehalunken nötig, um einen der unseren zu erledigen.« Er nahm einen kleinen Schluck aus seinem Glas. »Ich habe übrigens heute eine Depesche mit glorreichen Nachrichten von der Front gesehen.«
    »Oh, erzählen Sie mir davon!«
    »Na, wie es aussieht, hat General Lee die Yankees bei Chancellorsville verprügelt. Hals über Kopf in den Wald haben sie sich geflüchtet. Der grässliche Joe Hooker wurde mit heruntergelassener Hose erwischt. In Washington heißt es, man wird ihn entlassen!«
    »Wunderbar«, sagte Georgia. »Ich kann ja nicht immer alle Einzelheiten in meinem armen Köpfchen behalten, aber das klingt wie eine großartige Neuigkeit für unsere Seite.«
    »Oh, das ist es.« Der Richter tätschelte sein Knie. »Komm, setz dich, meine kleine Blume.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte sie. »Aber … sollten wir nicht ein wenig diskreter sein?« Sie löste die Schärpe des Vorhangs, sodass der Samt sich vor der Balkontür entfaltete.
    Die Augen des Richters leuchteten auf. Georgia ging an der vorderen Wand entlang und schloss einen Vorhang nach dem andern, bis sie im Kerzenschein in einem grünsamtenen
Zelt saßen. Sie langte in den Schrank und drückte die Taste des CD-Players. Aus verborgenen Lautsprechern erklang eine wehmütige Violine und spielte die Melodie von Ken Burns.
    Es geht immer nur um Glück, dachte Georgia. Sieh nur das Licht in seinen Augen. Sieh, wie die Jahre von ihm abfallen. Das sind die kleinen Dinge – das flackernde Feuer, der warme Schein der Öllampe, der Samt, der das Ticken der Uhr dämpft.
    Sie hockte sich auf seine Knie, schlang einen Arm um seinen Nacken und drückte die Lippen an seine Schläfe. »Hey, Darlin’«, sagte sie.
    Seine Hand streichelte ihre Taille und wanderte an ihrem Rücken hinauf. »Du bist köstlich.«
    »Sie auch.« Wie ein Knoblauchbrot, sagte sie nicht.
    Er tätschelte ihre Schulter. »Aber du trägst zu viele Petticoats. Bitte zieh sie aus, alle auf einmal.«
    Sie hüpfte von seinem Knie und tat empört. »Captain! Sie vergessen sich!«
    Er lachte. »Du kannst das so gut. Du hast deinen Beruf verfehlt. Du solltest nach New York gehen und Schauspielerin werden.«
    »Nach New York? Warum soll ich nach New York?« Sie hielt es für ihre Pflicht, nicht aus der Rolle zu fallen, selbst wenn der Richter es tat. »Ich habe nichts übrig für die Yankees und den Schnee. Für beides nicht. Aber, du liebe Güte, es ist wirklich so heiß hier unten. Mich fiebert ein wenig. Erlauben Sie?« Sie spielte mit dem obersten Knopf des obersten Petticoats.
    Er lächelte aufmunternd.
    Als sie die Knöpfe geöffnet hatte, tänzelte sie auf ihn zu.
Er streckte die Hand aus, fasste den Bund mit zwei Fingern und hielt ihn fest, als sie sich um sich selbst drehte und aus dem Petticoat wickelte.
    Der Richter raffte die Baumwollspitze zusammen, drückte sie ans Gesicht und atmete tief ein. »Oh, wenn dieser grausame Krieg vorbei ist«, seufzte er.
    »Versuchen Sie, nicht an den Krieg zu denken.« Sie machte sich an die nächste Reihe Knöpfe. »Denken Sie einfach nur an uns, an heute Abend.«
    Das Feuer knisterte und ließ Funken sprühen wie ein kleines Feuerwerk. Die Geigenmelodie schlängelte sich auf und ab, so traurig wie ein grauer Regentag, und trotzdem war die Atmosphäre im Zimmer heiter. In gewisser Weise liebte Georgia den alten Mann tatsächlich. Sie tanzte wieder auf ihn zu, damit er den Bund fassen

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