Haben Sie das von Georgia gehoert
puritanische Ehefrau, zumindest samstagabends.
Sonntagmorgens, in der einschläfernden Gegenwart Pastor Barkers, fragte sie sich, warum sie sich überhaupt noch die Mühe machte, in die Kirche zu gehen. Um den Schein zu wahren, natürlich – und war es denn schlimm, eine Stunde lang dazusitzen und ihre Maniküre zu inspizieren?
Trotzdem fing sie an, vor der Kirche eine zweite Tasse Kaffee zu trinken, um wach zu bleiben.
Es war erstaunlich, wie mühelos Little Mama die Religion
aufgab, nachdem sie sich die Hüfte gebrochen hatte. Monatelang hatte Georgia ihr jeden Sonntag angeboten, sie in die Kirche zu fahren. Nein, hatte sie dann gesagt, das lohnt sich nicht.
»Was lohnt sich nicht?«, hatte Georgia gefragt, nachdem es ihr ein paar Dutzend Mal gesagt worden war.
»Mich den weiten Weg dorthin zu schleppen, nur um mich dann wieder nach Hause zu schleppen.«
»Na, wenn es dir sonst nichts bedeutet«, sagte Georgia. »Macht es dir denn keinen Spaß, die anderen Leute zu treffen? Deine Freundinnen zu besuchen?«
»Nicht besonders«, antwortete Mama. »Wenn die mich sehen wollen, wissen sie ja, wo ich bin.«
Und das war’s. Nachdem Little Mama ihr Leben lang ein treues Mitglied der Gemeinde gewesen war, gab sie den lieben Gott auf, weil ihre Hüfte wehtat. Georgia persönlich fand nicht, dass jemand, der so alt wie Little Mama war, noch Gefahr laufen sollte, in letzter Minute aus dem Himmel ausgesperrt zu werden. Aber jetzt war es Georgia, der Ungläubigen, überlassen, die Fahne für den gesamten Bottoms-Klan hochzuhalten. Sonst würden sie nicht mehr erhobenen Hauptes durch die Stadt gehen können.
Im April fuhr sie quer durch Alabama zu dem kleinen Dorf bei Catfish Bend, um ihre jährliche Wagenladung Quilts zu besorgen. Alma Pickett mochte die Preise bei Treasures ’n’ Stuff erhöhen, wie sie wollte, Georgia konnte die Nachfrage trotzdem nicht befriedigen. »Ich hab auch nur zwei Hände«, erklärte sie Alma, ohne ausdrücklich zu behaupten, dass sie mit diesen Händen die Quilts nähte.
In diesem Jahr rief sie vorher an und ließ sich jeden einzelnen
Quilt im Lager der alten Damen reservieren. Die alten Mädels waren äußerst beeindruckt, als sie eine Rolle Geldscheine hervorzauberte und zweiundzwanzig Hunderter abzählte. Keine von ihnen wollte wissen, wozu Georgia zweiundzwanzig Quilts brauchte. Hätten sie gefragt, hätte sie ihnen mit Vergnügen erzählt, dass sie die Hundert-Dollar-Quilts bei Treasures’n’Stuff mit Fünfhundert-Dollar-Preisschildern versah und sich den Gewinn mit Alma Pickett teilte.
»Könnt ihr sie nicht schneller machen?«, fragte sie. »Ich kann alle gebrauchen, die ich kriege.«
Die Oberfrau sagte, sie hätten schon daran gedacht, ein paar Nichten hinzuzuziehen, um die Produktion zu steigern. Einstweilen musste ein Civic-Fließheck voller Quilts pro Jahr genügen, um Georgias Tarnung aufrechtzuerhalten.
Immer wieder blätterte Georgia im Cosmopolitan nach neunundneunzig Tricks, um attraktiver zu wirken, und vierzig Methoden, deinen Mann zu befriedigen. Eine Zeit lang joggte sie jeden Morgen zehn Runden um den Platz bei der Highschool, bis es so langweilig wurde, dass sie aufhören musste. Es war einfach nicht zu leugnen, dass bestimmte Bereiche allmählich schlabbrig wurden.
Gott sei Dank alterten die Männer in ihrem Leben noch schneller. Sie sah immer noch besser aus als sie alle zusammen. Und solange sie diesen Vorsprung halten konnte, war alles gut.
Als der nächste September nahte, dachte Georgia ernsthaft daran, den Lunch ausfallen zu lassen. Wer würde ihn vermissen?, dachte sie. Nach der Katastrophe im letzten Jahr wäre es vielleicht am besten, es einfach sein zu lassen.
Andererseits – bedeutete das nicht, dass man die Terroristen gewinnen ließ?
Verdammt, ja. Das konnte sie nicht. Vielleicht spielten ihre geronnenen Salate keine besondere Rolle im großen Plan des Weltgeschehens, aber das Mindeste, was sie tun konnte, war doch, dass sie einen Lunch zur Stärkung der Moral in der Heimat veranstaltete.
In den Wochen unmittelbar nach dem Angriff hatten alle über nichts anderes gesprochen. Aber um den ersten Jahrestag herum empfand man es als geschmacklos, wieder davon anzufangen.
Außerdem: Der Lunch war der Höhepunkt im gesellschaftlichen Kalender von Six Points. Schon vor dem Sommer fingen die Leute an, Georgia nach dem Termin zu fragen und ihr zu erzählen, wie sehr sie sich darauf freuten.
Das Fernsehprogramm war im September voll von
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