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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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respektieren, egal, wie sie ausfällt. Aber ich wünschte, du würdest hierbleiben und mich in dieser Sache unterstützen.«
    »Herrgott! Weißt du, wie viel ich zu tun habe? Jetzt steig ins Auto, damit wir fahren können!«
    Sie schlug einen scharfen Tonfall an – Mamas Tonfall –, um ihn auf die Beine zu bringen, und war erstaunt, als es tatsächlich funktionierte: Lammfromm folgte er ihr die Treppe hinunter. Auf dem Weg zum Auto redete sie honigsüß auf ihn ein. »Ich will alles über deine Bewegung erfahren.« Sie schob ihn in den Wagen, setzte sich ans Steuer und fuhr los. Erst an der Umgehungsstraße nahm sie den Fuß wieder vom Gas. Sie hielt an, um ihm seinen Milkshake zu kaufen.
    »Wie, zum Teufel, lautet eigentlich das Elfte Gebot?«, fragte sie dann.
    »Sei lieb«, antwortete er.
    »Du machst Witze«, sagte sie. »Das ist alles?«
    »Ist schwerer, als es klingt«, erklärte er.
    Als sie wieder in Six Points waren und in die Magnolia Street einbogen, hatte sie ihn so weit, dass er über die ganze Sache lachte. »Sein verdammter Kippsessel«, sagte er. »Das
hat mich umgehauen, als du anfingst, von seinem Kippsessel und seinem kleinen Hund zu reden.«
    »Ich musste dich ja irgendwie ins Auto kriegen, oder?«
    Nach dieser Episode schien er mit den Zehn Geboten fertig zu sein. Die Wogen glätteten sich. Brother trank nicht mehr so viel, und er überredete sogar die AA, ihn wieder aufzunehmen. Der Bewährungshelfer meinte, diesmal sei es ihm anscheinend einigermaßen ernst. Georgia bemühte sich, optimistisch zu sein.

8
    Little Mamas Verstand zerbröselte so langsam, dass man sich fast einreden konnte, man bemerke es nicht. Beim ersten Lunch nach der Katastrophe war sie noch fit genug, um dabei zu sein. Ein Jahr später blieb sie oben in ihrem Zimmer.
    Georgia wurde immer besser darin, ihre Geburtstage zu ignorieren … den fünfunddreißigsten, den sechsunddreißigsten … aber dann plötzlich war es 2005, und die große runde Zahl kam ihr donnernd entgegengerollt. Sprich die Zahl nicht aus sprich sie nicht aus nicht!
    Eigentlich plagte es sie nicht. Sie vermied es einfach, daran zu denken. Nach achtunddreißig Jahren Rackern auf dem Ameisenhügel hast du das Recht, dir auszusuchen, woran du denken willst und woran nicht. Wenn du dein jugendliches Ich hinter dir gelassen und aufgehört hast, von einem blauen Himmel zu träumen, dann wächst deine Freiheit, dich niederzulassen und das Leben zu genießen. Du kannst aufhören, dich so zu plagen. Du hast Zeit, du hast ein paar Dollar
im Portemonnaie. Du brauchst keine Hamburger zu essen, es sei denn, du möchtest welche.
    Persönlich zog Georgia ein Ribeyesteak und Champagner vor, aber heute Abend würde es ein Schinkensandwich und das letzte Stück von der süßen Pastete geben. Es war Freitagabend, Bill Allreds Abend, aber er hatte aus dienstlichen Gründen abgesagt. Georgia war großzügig gestimmt und hatte ihn auf den Samstag verlegt – ausnahmsweise.
    Bill hatte eine Vorliebe für Süßes, und deshalb fuhr sie hinaus zu Hull’s Market, um die Zutaten für einen Lemon Freeze zu besorgen, seine geliebte gefrorene Zitronentorte.
    Als sie wieder in die Einfahrt bog, sah sie Hazel Vickreys Postauto herankommen. Sie parkte und ging zum Briefkasten, sagte Hallo zu Hazel, reichte ihr den Stapel Rechnungen, den sie verschicken wollte, und nahm einen einzelnen Umschlag in Empfang.
    Einen kleinen weißen Umschlag.
    Das Postauto tuckerte davon.
    Georgia erkannte die zittrige Handschrift nicht, in der ihr Name geschrieben war, »Miss Ga. Bottoms«, und ihre Anschrift, »15 Magnolia St., Six Points, Ala.« Kein Absender. Die Briefmarke war schief aufgeklebt. Jemand bei der Post hatte die Postleitzahl mit blauer Tinte nachgetragen.
    Aus irgendeinem Grund machte ihr der Umschlag Angst. Ein handschriftlicher Brief von einem fremden Menschen – hatte das je etwas Gutes bedeutet?
    Jedenfalls wollte sie ihn nicht öffnen, während Mrs. Pinson sie zwischen ihren Petunien hindurch beobachtete.
    Sie winkte hinüber, ging dann mit dem Umschlag die Stufen hinauf und ins Haus und schlitzte ihn mit dem Daumennagel auf.

     
    Liebe Georgia,
    Entschuldigung, dass ich schreibe. Würde Sie anrufen, aber ich hab kein Geld für Ferngespräche. Vielleicht wissen Sie, dass meine Tochter Ree krank war und jetzt für 3 Jr. im Staatsgefängnis von St Gabriel sitzt. Nicht schuldig, sagt sie, aber wer weiß. Der Junge Nathan wohnt jetzt hier bei mir in N.O. Ich hab nur meine

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