Haben Sie das von Georgia gehoert
Boden. Das Radio schaltete sie nicht wieder ein.
Sie ging ins Bad, schüttete das Putzwasser in die Toilette, spülte es weg, sprühte WC-Reiniger mit Zitronenduft hinterher und kniete sich vor die Kloschüssel, um sie mit der Bürste zu schrubben. Ganz unvorbereitet brach sie in Tränen aus.
Sie klammerte sich an den Badewannenrand und heulte, bis es ihr gelang, wieder damit aufzuhören.
Eine Weile blieb sie noch auf den Knien und sammelte sich wieder. Dann wischte sie die Wanne aus und schwenkte den Duschkopf am Schlauch hin und her, um den Seifenschaum wegzuspülen.
Sie spritzte sich Wasser ins Gesicht und tupfte es mit einem ihrer schicken Gästehandtücher trocken.
Sie wusste, dass sie weinte, weil sich eine Schwärmerei jäh in nichts aufgelöst hatte. Das war die Wahrheit. Wenn sie das zu einer furchtbar oberflächlichen Frau machte, war das nicht zu ändern. Amen.
Am meisten schmerzte nicht die Tatsache, dass ihr Geheimnis ans Licht gekommen oder sie, die Trickserin, ausgetrickst worden war. Am meisten schmerzte die Erkenntnis, dass sie Brent Colgate niemals lieben würde und er sich
nicht in sie verliebt hatte. Sie war entzückt von diesem umfassenden Gefühl gewesen, von diesem atemlosen, rauschhaften Schwindel. Es war lange her, dass sie zuletzt auf Wolken geschwebt hatte.
Jetzt wusste sie, dass nichts davon real gewesen war, nicht ein einziger Augenblick. Als sie sich in den weichen blonden Pelz auf seiner Brust gekuschelt und den Duft von Schweiß und Old Spice eingeatmet hatte, da war dieser Brief bereits gewesen.
Von Eugene wusste er durch Brenda. Auf Ted war er in der Nacht gekommen, als er ihnen vor der Notaufnahme des Krankenhauses begegnete. Aber woher wusste er von dem »ehrenwerten Richter«? Anscheinend hatte er sich gestern Abend nicht zum ersten Mal im Gebüsch versteckt und sie bespitzelt. Was wusste er sonst noch?
Georgias Gedanken wirbelten ihr im Kopf herum, und sie rief sich jede ihrer Begegnungen ins Gedächtnis, seit sie ihn das erste Mal auf dem Platz vor dem Gerichtsgebäude aus dem Chrysler hatte steigen sehen. Jetzt kamen ihr alle diese scheinbar zufälligen Begegnungen befleckt vor. An dem Abend auf dem Krankenhausparkplatz – vielleicht hatte er gar kein Gemeindemitglied besucht, wie er behauptete. Wahrscheinlich hatte er sie verfolgt.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Obwohl sie ein geheimes Leben führte, hatte sie nie Zeit damit vergeudet zurückzublicken.
Vernünftig wäre es, seinen Anweisungen zu folgen; das war ihre erste Reaktion. Wie schwierig konnte das sein?
Betrachte es als geschäftliches Angebot.
Erstens: Sag den anderen Männern, dass du nicht mehr
im Geschäft bist. Na, okay, das könnte sie tun – zumindest pro forma, bis sie eine Möglichkeit gefunden hätte, sich Brent vom Hals zu schaffen. Dann würde sie da weitermachen, wo sie aufgehört hatte.
Der dritte Punkt war einfach. Das »niemandem erzählen« entsprach sowieso Georgias Neigung in allen Dingen. Und was Nummer vier betraf, so war sie ihr ganzes Leben lang jeden Sonntag in die Kirche gegangen, ohne dass man sie hätte auffordern müssen.
Der heikle Punkt war Nummer zwei – dass sie ihm jederzeit zur Verfügung stehen sollte, bei Tag und Nacht. Als seine Sklavin. Sein Standby-Girl. Jederzeit abrufbereit. Und mit hundert Prozent Preisnachlass.
Unvorstellbar – bevor der Mopp den Umschlag ans Tageslicht befördert hatte, wäre Georgia mit Begeisterung bereit gewesen, sich Brent Colgate vollständig hinzugeben. Sie hatte schon überlegt, wie sie es hinkriegen könnte, ganz und gar für ihn da zu sein.
Und jetzt war die bloße Vorstellung, von ihm berührt zu werden oder ihn ihrerseits zu berühren, schlimmer als alles, was sie im Lauf ihrer Karriere je getan hatte.
Schlimmer, als mit Reverend Onus L. Satterfield für Geld zu schlafen, während sie es mit seinem Sohn Billy zum Vergnügen getan hatte.
Schlimmer, als Sheriff Bills Grunzen und sein Schweigen zu ertragen, schlimmer als Richter Barnetts Knoblauchkeuchen, Ted Horns kleine Laster und Jimmy Lee Newtons beiläufige kleine Klapse auf den Po.
Im Lauf der Jahre hatte Georgia gelernt, gut zu machen, was immer getan werden musste. Sie hatte gelernt, die Zähne zusammenzubeißen, die Augen zu schließen und es über
sich ergehen zu lassen. Sie war eine starke Frau mit einem ausgeprägten Talent zum Verleugnen und Verdrängen.
Vielleicht könnte sie der Anblick seines hübschen Gesichts heiter stimmen. Nach einer Weile
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