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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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würde es ihr vielleicht sogar Spaß machen, und dann könnte sie fast vergessen, dass er diesen Brief überhaupt geschrieben hatte.
     
    Sie hörte, wie draußen ein Wagen anhielt. Ihr erster Gedanke war: Er ist gekommen, um die erste Rate zu kassieren. Panik ließ ihren Puls rasen.
    Sie schlich sich an die Balkontür und drückte sich mit dem Rücken an die Wand. Aus dieser Perspektive konnte sie bis zum Ende der Einfahrt sehen.
    Ein waldgrüner Subaru-Kombi, das praktischste Auto von Six Points. GRRL MYR.
    Krystal stieg langsam aus und spähte zum Haus hinauf. Sie trug jetzt ein blaues Arbeitshemd und Jeans, und ihr Haar war noch feucht von der Dusche.
    Georgia hatte immer noch Herzklopfen. Wie sollte sie jetzt die Kraft aufbringen, Krystal das Wegziehen auszureden?
    Sie riss das Fenster auf. »Hey, du!«
    Krystal verdrehte den Hals, um sie zu sehen. »Hey.«
    »Komm rauf.«
    Krystal überlegte. »Hör zu, George, ich muss wirklich los. Ich fahre heute noch bis Atlanta. Eigentlich wollte ich dich nur noch anrufen, aber sie haben mein Telefon schon abgeschaltet.«
    »Komm für einen Augenblick rein. Ich hab Kaffee gemacht.«
    Krystal schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich möchte keinen langen Abschied.«

    »Ich auch nicht«, sagte Georgia. »Dann lass mich wenigstens runterkommen und dich in den Arm nehmen.«
    »Jetzt bist du auf einmal diejenige, die Umarmungen will.« Krystal seufzte. »Können wir das nicht nett und sauber hinter uns bringen? Ich weiß, du willst nicht, dass ich weggehe. Ich will es auch nicht, aber ich muss.«
    »Aber warum?«
    Krystal zögerte.
    »Bleib, wo du bist«, sagte Georgia. »Ich komme.«
    Sie rannte die Treppe hinunter. Sie wusste, was sie zu tun hatte: Sie musste Krystal in die Küche locken, ihr Kaffee einschenken (schwarz, zwei Stück Zucker), sie mit Nathan bekannt machen (»Krystal, das ist mein schwarzer Sohn«) und dann ihre ganze Überredungskunst einsetzen, um Krystal davon zu überzeugen, dass es keinen besseren Ort als diesen hier gab, keine zuverlässigere Freundin als Georgia, und dass die Lichter in keiner Großstadt so warm leuchteten wie die von Six Points.
    Als sie aus dem Haus trat, saß Krystal schon in ihrem Subaru, und der Motor lief.
    »Warte«, sagte Georgia. »Es gibt noch ein paar Dinge, die ich dir erzählen muss.«
    »Ich rufe dich an, wenn ich da bin.« Krystal stellte den Außenspiegel ein. Dann hob sie den Blick und schaute Georgia an. »Du siehst toll aus, Georgia. Du siehst immer toll aus. Ich hasse dich.«
    »Nein, tust du nicht«, sagte Georgia.
    »Nein, tu ich nicht«, sagte Krystal. »Ich ruf dich an.« Das Fenster glitt hoch.
    »Warte!«, rief Georgia.
    Krystal fuhr rückwärts aus der Einfahrt.

    Georgia hatte das Gefühl, dass etwas zwischen ihnen zu Ende war. Ist es denn eine Liebesaffäre, dachte sie, wenn nur eine von beiden davon weiß?
    Die Sonnenstrahlen des Spätnachmittags fielen auf die Frontscheibe des Subaru, und Krystal verschwand in einem Rechteck aus gleißendem Licht.
    Der Wagen blieb einen Moment lang auf der Straße stehen und fuhr dann weiter.
    Georgia ließ die Luft entweichen, die sie angehalten hatte.
    Sie wusste nicht, ob sie fünf Minuten oder eine Stunde in der Einfahrt stand.
    Plötzlich war Nathan auf der Veranda. »Ol’ Mama hat sie wieder nicht mehr alle! Tut, als ob sie mich nie gesehen hätte! Nigger, sagt sie, raus aus meinem Haus, und das alles!«
    »Ach, zum Teufel damit, verdammt!«, rief Georgia. »Entschuldige, Nathan. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Little Mama hat ein kleines Problem im Oberstübchen.«
    »Na, dann komm rein und tu was!«
    »Bleib du hier draußen, bis sie sich wieder beruhigt hat«, sagte Georgia. »In fünf Minuten ist alles wieder vergessen.«
    »Hat sie denn … wie heißt das? Die Allhammer-Krankheit?«
    »Äh … ja. Mehr oder weniger.«
    Er folgte ihr um das Haus herum und in den Garten. »Ich glaube, das ist nicht alles, was ihr fehlt. Ich denke, sie ist obendrein auch noch verrückt.«
    »Das ist nicht gerade das Allerneueste für mich«, sagte Georgia. »Vergiss nicht, ich kenne sie schon mein ganzes Leben lang. Wenn du dich gefragt hast, warum ich ihr nichts von dir erzählt habe, dann weißt du es jetzt.«

    Sie stiegen hinauf zur Waschmaschinenveranda. Nathan spähte auf sie herunter. »Sie mag keine Schwarzen?«
    »Überhaupt nicht. Merkst du das jetzt erst?« Georgia ging ihm voran in die Küche. »Was immer du tust, lass sie nicht auf Rosa Parks zu

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