Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
waschen wollte.
Buchhändler, 1909
1933.– Ich bin einer der berühmten Märzhasen, im März 1933 in die HJ gegangen. Das gefiel mir ganz gut. Wir waren ja begeistert. Geworben waren wir, freiwillig.
Und dann hatte ich die große Ehre, zum Reichsparteitag nach Nürnberg fahren zu dürfen, 1933. Da bin ich bei unserm Führer vorbeimarschiert. Man schwamm da so mit in dem allgemeinen Meer der Begeisterung.
Die Fahrt war alles andere als schön, die Wagen überfüllt und die Unterbringung in Zelten. Aber es gab guten Eintopf. Den eß’ ich heut noch gern. Wo ich Eintopf sehe auf der Karte, da wird er gegessen.
Historiker
Ich habe dann am 1. Mai zugeschaut, und Hitler ging also einen ziemlich langen Weg vom Tempelhofer Feld zur Straße runter, wo natürlich alles abgesperrt war, und sah ihn also völlig erledigt da entlanggehen; er war anscheinend geschminkt, und diese Schminke, es war ein relativ heißer Tag, sie floß die beiden Backen herunter und Tränen, und das ganze Gesicht war vollständig erschlafft. Natürlich redete er nicht, aber es war ein elendes, ekelhaftes Bild, ihn in dieser Situation zu sehen.
Rundfunkredakteur, 1924
1934.– » Hitlerjunge Quex«, das war ein Film, der mich sehr bewegte. Der lief in diesen Samstagnachmittags-Kinos. Da hat mich die kommunistische Seite beeindruckt, wie die pfiffen, wie die die Internationale pfiffen. Das war dann bei uns Jungens der ausgemachte Erkennungspfiff. Damit riefen wir uns immer aus der Wohnung. Da kamen wir uns immer schwer oppositionell vor. Gegen den Stachel löcken.
Grafiker, 1926
1933.– Als ich in die Schule kam, 1933, wurde als erstes das Goebbelsbild aufgehängt, vor Hitler. In den Schulklassen. Vielleicht waren sie zuerst eingetroffen.
Lehrer, 1928
August 1933.– Mein Vater war gegen jegliches Kriegsspielzeug. Selbst als mein Großvater uns eine Ritterburg schenkte, wurde sie wieder abgeschafft.
Als mein Vater dann tot war, kriegten wir sie dann doch. Ich hatte dann auch ein Flakgeschütz, aus dem man mit Gummigranaten schießen konnte. Meiner Mutter war das gar nicht recht, aber sie konnte sich nicht durchsetzen.
Steinmetz, 1913
1934.– Die Machtergreifung ist eigentlich gar nichts gewesen, das ist einfach so gekommen. Privat hat sich überhaupt nichts geändert. Das kam erst später. Ich war im Stahlhelm drin, und zuerst haben sie uns ja in Ruhe gelassen, und dann wurden wir so langsam akklimatisiert: Zuerst mußten wir das Braunhemd unter unserer Uniform, dann mußten wir auf unserer Uniform Hakenkreuze tragen, und dann wurde uns die Uniform weggenommen, dann kriegten wir Schulterriemen, bis wir nachher SA -Uniformen hatten. Das haben sie so ganz allmählich gemacht, mit einem Mal trauten sie es sich wohl nicht. Und dann bekamen wir in der SA einen führenden Posten, weil die alle zu dämlich waren, ich wurde zum Beispiel der Sturmgeldverwalter. Aber es herrschte immer Feindschaft zwischen denen und uns.
Hausbesitzer, 1924
Beim Kaufmann gab es Glasbonbons zu kaufen mit schwarzem Lakritz-Hakenkreuz darin. Das wurde dann verboten. Die Leute hängten die Hakenkreuzfahne heraus oder die schwarz-weiß-rote. Manchmal auch beide nebeneinander. Wer nur die schwarz-weiß-rote heraushängte, der zeigte damit womöglich an, daß er nicht so ganz mit den Nazis einverstanden war. » Schwarzrotsenf« oder » Schwarzrotmostrich« war erledigt.
Die SA -Männer hatten manchmal ziemlich zusammengestückelte Uniformen an, die Hosen nicht in dem richtigen Braun, oder gar schwarze Hosen. » Ledergamaschen« statt Schaftstiefel, manche auch– besonders die Motorradfahrer– Schaftstiefel, die bis oben hin zum Schnüren waren.
Und dann natürlich sämtliche Weltkriegsorden an dem Braunhemd, das zog denn so runter.
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Hausfrau, 1923
Man war zufrieden. Sonntags gab’s Kuchen. Wochentags Kuchen zu essen, darauf wär’ keiner gekommen.
Sonntag, das war was Besonderes. Und Weihnachten. Wie freute man sich über einen Ball oder eine Puppe! Wir haben stundenlang mit ’m Ball gespielt.
Die Mutter setzte sich abends zu uns und sang mit uns oder las Geschichten vor.
Hausfrau, 1920
In Berchtesgaden, ich war damals von 1934 bis 1936 Haustochter in einer Fremdenpension in Berchtesgaden. Das waren die Zeiten! Und da stand sein Sonderzug auf dem Bahnhof, alles runtergezogen. Und dann kam die Autokolonne vom Obersalzberg. Im geschlossenen Auto saß er, von SS -Leuten umgeben. Dann bestieg er den Zug, und ich durfte auf den Bahnsteig, weil ich da ein
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