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Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Titel: Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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waren genauso gut. In Parks schläft er auf Bänken, stopft sich die Jacke mit alten Zeitungen voll, damit er nicht friert. Und das schreckliche Doofe war dann: Er kommt zurück in die Heimat und ist da wieder glücklich.
    Ein anderer Trenker-Film, die Geschichte eines Condottiere, trotz ungeheuren Kitsches interessant, weil es der erste historische Film war, der zeigte, wie Leute im 16. Jahrhundert gelebt haben. Leute, die Waffen schmiedeten– ob nun falsch oder richtig, ist ja ganz egal.
    Trenker war ein ungeheuer edler Mann. Er hatte immer eine ferne Geliebte, unglaublich schön und edel, mit der nie was war. Mit der traf er sich immer auf Berggipfeln, und da standen sie sich im Gegenlicht gegenüber, die Haare wehten, und er in mittelalterlicher Rüstung, mit Adlernase.

9
    Schriftsteller, 1935
    Ich ging mit meinem Vater zum Gemüsegeschäft an der Ecke, und er erzählte mir von Hitler. Und da sagte ich: » Wie merkwürdig, daß es so einen Menschen wirklich gibt.« Als ob der » Guten Morgen« hieße, so kam mir das vor, weil man doch überall » Heil Hitler« grüßen mußte, und was der Gruß eigentlich zu bedeuten hatte, wußte ich nicht.
    Kaufmann, 1934
    Ja, hier in Hamburg, in der Adenauerallee, früher Große Allee. Kinder wurden nach vorne durchgereicht, es war 1938, vielleicht 1939. Ich stand vorne am Straßenrand, ich guckte in die schönen offenen Limousinen. Die haben ganz dollen Eindruck gemacht. An ihn kann ich mich nicht erinnern. Das muß 1939 gewesen sein, ich erinnere mich deswegen, weil ich Geburtstag hatte, mit fünf hat man so die ersten Erinnerungen, und ich bekam eine Polizistenuniform geschenkt. Jaaa! Es war auch ein Gurt und ein Säbel dabei, den hatte ich um mich gebunden, ich wollte den Säbel ziehen, als er plötzlich nicht mehr da war. Ich habe geschrien. Ich war nicht zu beruhigen, und als ich in die Scheide sah, war er drin, nur das Ding oben war weggefallen. An dem Tag sind wir dann zu dieser Parade gegangen mit meiner Schwester.
    Ingenieur, 1930
    Das will ich Ihnen ganz genau sagen. 1939 zum Stapellauf der » Bismarck«. Da hielt er anschließend eine große Rede in der Hanseatenhalle.
    Mein Vater hat mich auf die Schultern genommen, während Hitler im offnen Wagen, Hände hebend, durchkam.
    Es war was Besonderes, dieser Jubel, dies Aufbrausen.
    Molkereimeister, 1923
    Ja. Wann ist das gewesen? Das war der Stapellauf vom Flugzeugträger in Kiel. In 300 Metern Entfernung. Nicht sehr aufregend. Für mich war das Erlebnis, eine Werft zu sehen, viel interessanter.
    Pastor, 1928
    Ich hab ihn in Wilhelmshaven gesehen. Da war eine große Menschenmenge, und durch die Menge war zum Rathaus hin ein Gang gemacht. Hitler ging drei Schritte an mir vorüber. Die Menge brodelte. Dieser Gegensatz: die Menge und er da durchgehen…
    Von der Rede weiß ich nichts mehr. 1939war das.
    Offizier, 1917
    Natürlich! Im Sportpalast, vor dem Krieg. Da waren ja dauernd große Reden. Zwanzig, dreißig Meter von ihm saß ich. Der Mann ist schon faszinierend gewesen, ich muß sagen: dies freie Sprechen… Das Eruptive hat unbedingt Eindruck gemacht. Aber wenn man dann zur Ruhe kam, hinterher, wurde einemklar, was für eine gefährliche Sprache er führte. Wenn man heute Auszüge aus seinen Reden hört, werden immer nur Auszüge gezeigt, die ihn von der übelsten Seite zeigen.
    Seine frühen Reden waren so gesteuert, daß sie den Deutschen gefallen mußten. Die Hoffnung, aus der schwierigen Zeit herauszukommen, hat die Leute begeistert, Weltwirtschaftskrise. Und dann die Erfolge! Mit seinen Reden ist es so ähnlich gewesen wie mit den Gedenkfeiern zum Polenfeldzug oder Frankreichfeldzug– man konnte sich der Stimmung kaum entziehen. Es war ja nicht nur das Volk ihm verfallen, sondern auch die gesamte geistige Elite.
    Er war ein Demagoge, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber: zwei, drei Stunden frei zu reden?
    Museumswächter, 1901
    Das war vor dem Krieg, da haben sie den Westwall besichtigt. Den Hitler hat man kaum gesehen, so ist er verdeckt geblieben von seiner Waffen- SS .
    Man hat ja viel erlebt, in der Zeit. Was ich immer sage: Bei jeder Hasenjagd kommen welche davon.
    Rentner, 1905
    1939 im Februar fuhr er mit 30 Autos über unsern Kopf, ich war grad am Tunnelbauen, am Westwall, und da hab ich ihn nicht gesehen, weil ich ja gerade am Tunnelbauen war.
    Im Saargebiet war das.
    Wir mußten Telefonkabel legen, von Bunker zu Bunker. Uneinnehmbar war er, der Westwall.
    Jongleur, 1929
    Ich war zehn Jahre

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