Habgier: Roman (German Edition)
für eine beschissene Uhr.«
Oliver hob eine Augenbraue. »Ich schätze mal, Sie beide haben sich öfter um Geld gestritten.«
»Hab ich doch gesagt, die ganze Zeit. Roseanne war dauernd hinter mir her, weil ich gerne mal ein bisschen ausging.«
»Vielleicht«, sagte Marge, »war sie hinter Ihnen her, weil Ihr bisschen Ausgehen wesentlich mehr Geld kostete als ihr eigenes bisschen Ausgehen.«
Ivans Blick verfinsterte sich. »Was soll das jetzt heißen?«
»Das soll heißen, Ivan, dass wir keine Idioten sind und ein paar Sachen abgeklärt haben, bevor wir hier bei Ihnen aufkreuzen«, erwiderte Marge.
Oliver fügte hinzu: »Es geht mir gar nicht um ein moralisches Urteil, denn ich war auch schon mal im Leather and Lace . Aber mit meinem Gehalt mache ich einen Bogen um die Stripperinnen und überlasse sie den Bossen, die es sich leisten können, den Damen große Scheine in die kleinen Strings zu schieben.«
Dresden schwieg.
»Mr. Michelli pflegt seine guten Kontakte zur Polizei«, fuhr Oliver fort, »und daher wissen wir, dass Sie eine riesige Rechnung fürs Strippen auf einen Schlag bezahlt haben. Sie müssen diese Frage nicht beantworten, Ivan, aber wir sind ziemlich neugierig. Wo hatten Sie das ganze Geld her?«
»Wissen Sie, ich arbeite.«
»Das sind eine Menge Überstunden«, gab Marge zurück.
»Es ist die beschissene Wahrheit!«
»Woher kommen die fünfzehntausend Dollar für eine einzige Rechnung?«
»Wie Sie sagten, ich muss die Frage nicht beantworten.«
»Natürlich nicht«, sagte Oliver, »aber vielleicht wollen Sie uns nicht neugierig verabschieden. Genau dann fangen wir nämlich an herumzuschnüffeln.«
»Schnüffeln Sie doch, so viel Sie wollen«, fauchte Ivan ihn an, »ich habe nichts zu verbergen.«
Wie oft hatte Marge das schon gehört? »Wir finden sowieso heraus«, sagte sie, »ob Sie das Apartment beliehen haben.«
»Dieses Apartment gehört mir offiziell noch nicht einmal«, zischte Ivan sie an. »Solange sie nicht rechtsgültig für tot erklärt wurde, ist ihr gesamter Nachlass eingefroren, verdammt, das wissen Sie genau.«
Oliver hob beschwichtigend die Hände. »Immer mit der Ruhe, Junge, wir wollen nur ein paar Sachen klarstellen.«
»Na gut, wenn Sie ein paar Sachen klarstellen wollen, warum fragen Sie dann nicht Raymond Holmes, wo er in der Nacht war, als sie mich angerufen hat.«
»Selbstverständlich.« Oliver erhob sich und legte seine Hand auf Dresdens muskulösen Rücken. »Ich will Sie nicht fertigmachen, Junge. Ich will nur die Wahrheit herausfinden. Und langfristig hilft Ihnen das auch weiter, denn wenn wir erst wissen, was Roseanne zugestoßen ist – entweder bei dem Absturz oder da oben in San Jose -, dann bekommen Sie Ihr Geld.«
Dresden ärgerte sich noch immer über sein entblößtes Privatleben, doch schließlich platzte es aus ihm heraus: »Ich habe mein Auto verkauft und fahre jetzt Roseannes BMW-Cabrio. Ich kann es nicht verkaufen, aber ich kann es fahren, verflucht.«
»Na also, hat doch gar nicht wehgetan«, sagte Oliver.
»Ich sollte mit dem Versicherungsgeld in Mexiko Urlaub machen, um meinen Kopf freizukriegen. Stattdessen arbeite ich härter als je zuvor. Ich mach sogar Überstunden.«
»Fünfzehntausend Dollar bedeuten aber eine Menge Überstunden«, gab Oliver noch einmal zu bedenken.
»Dreitausend Dollar für Überstunden, zehn Riesen für meine alte Karre. Für den Rest habe ich Roseannes Schmuck von Mr. Fettarsch beliehen. Die Chopard-Uhr war zwanzig Cent pro Dollar wert. Irgendeine süße Maus wird das Geschäft ihres Lebens machen.«
18
Marge klopfte an Deckers offenstehende Bürotür. »Hast du ein paar Minuten Zeit?«
»Klar, setzt euch.« Decker blickte von der Liste vor ihm auf und sah, dass Marge und Oliver ihn angrinsten. »Wie lief’s mit Ivan Dresden?«
Nachdem sie das Wesentliche der Unterhaltung berichtet hatten, sagte Marge: »Er erzählte uns, Roseanne hätte ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, sie sei in San Jose.«
»Und das war so ziemlich das Einzige, was an seiner Erzählung stimmte«, fügte Oliver an.
»Als er diese Nachricht von Roseanne das erste Mal erwähnte«, fuhr Marge fort, »behauptete er, sie hätte gesagt, dass sie für jemanden in San Jose einspringe. Als wir einfließen ließen, dass West Air Roseanne nicht für San Jose eingeteilt hatte, wechselte er den Kurs und meinte, sie habe nur gesagt, sie sei in San Jose, aber er wisse nicht, warum.«
»Warum also war sie da?«,
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