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Habgier: Roman (German Edition)

Habgier: Roman (German Edition)

Titel: Habgier: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Lügendetektortests lag schon eine Weile zurück. Und die Zeiten endloser Papierwülste und hüpfender Nadeln der analogen Maschinen waren längst vorbei. Heute funktionierten die Polygraphen digital, und während Sheila ihre Fragen stellte, kontrollierte sie den Bildschirm eines Laptops und bediente in unregelmäßigen Abständen die Tastatur. Der eigentliche Test dauerte nicht lange. Als es vorbei war, befreite sie Holmes von den Strapsen und Manschetten und Sensoren und verpackte ihre Ausrüstung akribisch. Holmes beäugte sie stumm, während er sich sein Gesicht mit einem durchnässten Taschentuch abtupfte. Als sie schon fast durch die Tür war, konnte sich der Bauunternehmer nicht länger beherrschen, und die auf der Hand liegende Frage schoss aus ihm heraus:
    »Wie war ich?«
    Sheila lächelte freudestrahlend und sagte, sie käme gleich wieder, ob sie ihm etwas mitbringen solle? Holmes entschied sich für Kaffee und ein Croissant.
     
    Decker, Marge und Grant Begosian waren immer noch dabei, Holmes durch den Einwegspiegel anzustarren und die Produktion seiner Schweißdrüsen zu bestaunen, als Sheila zu ihnen in den Verhörraum trat. Die drei schwenkten ihre Köpfe synchron zu der Polygraphin und sahen sie abwartend an.
    »Wie war er?«, fragte Decker.
    »Sie müssen sich noch einen Moment gedulden«, antwortete Sheila, »ich will kein vorschnelles Urteil fällen.«
    Sie warteten, während Sheila ihren Laptop hochfuhr und sich auf den Lügendetektor konzentrierte. Ihr Gesichtsausdruck verriet nichts; ihre ganze Aufmerksamkeit galt den erfassten Daten. Sie arbeitete schweigend, und es schien ihr nicht das Geringste auszumachen, dass die drei Anwesenden sie die ganze Zeit musterten. Endlich lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und blickte vom Bildschirm auf.
    »Ich komme zu dem Schluss, dass Mr. Holmes nicht trügerisch gehandelt hat.«
    Marge verzog das Gesicht. »Also hat er bestanden?«
    »Sergeant, dies ist kein Examen mit Benotungen. Hier werden lediglich vier unwillkürliche physiologische Prozesse gemessen. Ich kann nicht für die Glaubwürdigkeit des Mannes garantieren . Alles, was ich sagen kann, ist, dass Mr. Holmes meine Fragen in Anbetracht der Messungen seines Blutdrucks, seiner Herzfrequenz, seiner Atemfrequenz und seiner psychogalvanischen Hautreaktion in nichttrügerischer Art und Weise beantwortet hat.«
    »Alle zehn Fragen«, hakte Decker nach.
    Sheila grinste. »Um genau zu sein, neun davon. Die einzige Frage, die einen Hinweis auf Irreführung gab – ich werde die Antwort als ergebnislos einstufen -, war, als ich ihn gefragt habe, ob er Raymond Holmes heiße. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Die erste Frage, die eben immer die erste Frage ist, führt manchmal zu einem Angstschub und einem plötzlichen Anstieg der Messungen, egal wie sehr wir versuchen, die Testperson zu beruhigen.«
    »Haben Sie vielen Dank, Mrs. Aronowitz«, sagte Decker und versuchte zu lächeln. »Wenn Holmes die Wahrheit sagt, müssen wir das wissen. Dann konzentrieren wir uns auf andere Hinweise.«
    »Danke, dass Sie so kurzfristig Zeit für uns gefunden haben«, sagte Begosian.
    »Nichts zu danken.« Sheila zog ein Blatt Papier aus ihrer Tasche. »Wer bekommt die Rechnung?«
    Decker griff nach dem Papier und gab ihr seine Visitenkarte. »Ich kümmere mich darum. Rufen Sie mich an, wenn es ein Problem gibt.«
    »Falls Sie wieder einmal meine Dienste in Anspruch nehmen möchten«, erwiderte Sheila und händigte ihrerseits jedem eine Visitenkarte aus. Kaum war sie weg, fragte Begosian: »Wollen Sie ihm die Neuigkeiten überbringen oder soll ich?«
    Decker blickte Begosian an, der noch um einiges jünger aussah als seine eigene Tochter. Er war zu dünn, zu unbedarft und zu jungenhaft, um die Würde der Justiz zu verkörpern, aber am Anfang sahen sie alle so aus. Wenn er lange genug dabeiblieb, würde er in sein Amt hineinwachsen. »Ich möchte Mr. Holmes, wenn es Ihnen nichts ausmacht, die gute Nachricht gerne selbst überbringen, um sicherzugehen, dass kein übler Nachgeschmack bleibt. Vielleicht brauche ich ihn irgendwann noch mal.«
    »Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
    Die beiden Polizisten betraten den Raum, in dem Holmes nervös auf und ab ging. Sein Hemd war nassgeschwitzt: tellergroße Ringe unter den Achseln, ein durchweichter Kragen sowie vorne und hinten riesige Flecken.
    »Sie können sich entspannen, Sir«, sagte Decker, »ich denke, wir sind mit allem fertig.«
    Der Bauunternehmer blieb abrupt stehen.

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