Habitat C (German Edition)
in die Höhe streckten. Am Kopfende, fast einen halben Kilometer von ihrem Standort entfernt, stand so etwas wie ein Altar oder ein Thronplatz, eine in den Stein gehauene Anordnung von geometrischen Figuren, die nichts Bekanntes zu repräsentieren schienen und deren Bedeutung, das wusste Daxxels, bisher völlig im Verborgenen geblieben war. Gut fünfzig Meter über ihnen zog sich eine Galerie die Wand entlang und an beiden Seiten befanden sich Treppen, auch aus Stein, die zu ihnen emporführten.
Ansonsten war die Halle völlig leer. Die Wände waren von einem hellen Braun und es häufte sich Staub an jenen Seiten, an denen der Wind am ehesten hineinfuhr.
»Einmal im Jahr wird die Halle von der Tourismusbehörde gereinigt«, erklärte Hardan unaufgefordert. »Sie hat normalerweise viele Besucher.«
»Normalerweise?«
»Wir haben die Saison der Stürme. Es gibt kaum etwas zu sehen, wenn die Winde um den Tempel fahren. Derzeit gibt es keine Touristen.«
Daxxel nickte und machte eine ausholende Armbewegung. »Ist dies ein Tempel?«
»Nein.«
»Sie scheinen sich sehr sicher zu sein.«
»Wir wissen nicht, wozu diese Halle diente, aber es war mit Gewissheit kein Tempel.«
»Warum?«
»Die Niib waren grausam, von ihrer Allmacht berauscht und in allem, was sie taten, völlig rücksichtslos. Was für eine Art von Göttern beten jene an, die sich selbst wie Götter verhalten?«
Eine gute Frage, eine, auf die Daxxel keine Antwort wusste. Der Bodare schien eine sehr klare Vorstellung von den ehemaligen Bewohnern dieser Welt zu haben. Speiste sich diese nur aus Überlieferungen und Sagen oder hatte er etwas Konkreteres vorzuweisen? Hardans Selbstsicherheit in dieser Angelegenheit gab zu Fragen Anlass.
»Wir sind noch nicht an unserem Ziel angekommen. Folgen Sie mir weiter.«
Hardan setzte sich wieder in Bewegung und hielt zielsicher auf eine der Treppen zu. An ihrem Fuß angekommen, machte sie auf Daxxel einen sehr soliden Eindruck, und als die Bodaren ohne jedes Zögern die Stufen erklommen, folgte er ihnen ohne weitere Bedenken.
Es wurde anstrengend und Daxxel begann wieder zu schwitzen. Alles in ihm drängte danach, den Helm zu öffnen und sich die Feuchtigkeit aus dem Gesicht zu wischen, doch auch die Bodaren hatten ihre Schutzkleidung nicht geöffnet. Die Atmosphäre war generell atembar und hier drin gab es keinen Wind, aber der Staub lag schwer in der Luft, wie die Messanzeige der Atemfilter Daxxel verriet. Er würde seiner Lunge keinen Gefallen tun.
Er war außer Atem, als er die fünfzig Meter nach oben hinter sich gebracht hatte. Von hier aus war der Blick in das Gewölbe noch weitaus beeindruckender. Für einen Moment verharrten sie alle in stummer Kontemplation, Zant und Daxxel beeindruckt, die Bodaren in höflicher Geduld. Dann wurden sie gebeten, den Weg fortzusetzen.
Sie verließen die Halle durch eine Tür am Ende der Galerie, die diesmal noch im Rahmen saß, offenbar aus einer Art Kunststoff gefertigt, gezeichnet vom Alter, aber noch funktionsfähig. Früher mochte sie automatisch aufgegangen sein, jetzt mussten die beiden Bodaren den mächtigen Flügel mit vereinten Kräften aufziehen. Geheim konnte dieser Zugang nicht sein, daher fragte sich Daxxel, wohin sie eigentlich gebracht wurden. Eine touristische Attraktion zu erkunden, hatte sicher ihren Reiz – und Daxxel war ein begeisterter Fan der Galakto-Archäologie und hätte sich zu einem anderen Zeitpunkt gerne umgesehen –, aber jetzt und hier und nach allem, was passiert war …
Sie betraten einen engen Gang, wieder recht dunkel, der eine Sackgasse zu sein schien.
Hardan aber ging unbeirrt auf die Wand zu, hob ein Gerät, das er in der Hand hielt, und schritt, ohne zu zögern, durch die Mauer hindurch. Daxxel blieb vor dem Hindernis unwillkürlich stehen, streckte zögernd eine Hand aus. Er kannte Tarnfelder, die einen ähnlichen Effekt erzielten, und wunderte sich für einen Moment, dass die Archäologen dieses Feld nicht entdeckt hatten.
Gashek schien seine Gedanken zu erraten.
»Das ist kein Energiefeld«, sagte er. »Es ist tatsächlich eine massive, solide Wand. Wir haben sie nur für einen Moment davon überzeugt, eigentlich gar nicht zu existieren. Bitte. Treten Sie hindurch.«
Daxxel zuckte mit den Schultern. Die Erklärung war so gut wie jede andere und er würde die dahinterstehenden physikalischen Prozesse wahrscheinlich sowieso nicht verstehen. Er machte den entscheidenden Schritt, durchschritt ein waberndes Grau, das ihm
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