Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
seiner Geschichte und wollte nichts mehr zu diesem Thema sagen. Als Wünnenberg argumentierte, es müsse doch Beweise für derartige Behauptungen geben, wand sich Kork wie ein Aal und wurde immer einsilbiger.
Hackenholt beschloss, das Verhör abzubrechen. Es war fast drei Uhr nachts, und seine Augen brannten vor Müdigkeit. Außerdem schwirrte ihm der Kopf von den abenteuerlichen Geschichten, die Kork in den vergangenen Stunden zum Besten gegeben hatte.
Gemeinsam brachten er und Wünnenberg den Journalisten in den Zellentrakt der Polizeiinspektion Mitte. Kork hatte sofort zugestimmt, sich dort ein paar Stunden lang auszuruhen und die Befragung am Morgen fortzusetzen.
Leise sperrte Hackenholt seine Wohnungstür auf. Da Sophie längst schlafen musste, verzichtete er darauf, das Licht einzuschalten, und zog seine Schuhe im Dunkeln aus. Vorfreude machte sich in ihm breit. Auf Zehenspitzen schlich er zum Schlafzimmer, stieß behutsam die Tür einen Spaltweit auf und sah hinein. Das Bett war indes leer, Sophie nicht zu ihm nach Hause gekommen.
Sofort packte ihn sein schlechtes Gewissen, weil er sie so sang- und klanglos auf dem Faschingsball zurückgelassen hatte. Doch nun war es zu spät. Um halb vier Uhr nachts brauchte er sie auch nicht mehr anzurufen oder zu ihr zu fahren, um sich zu entschuldigen. Das würde bis zum Morgen warten müssen. Über sich selbst verärgert legte er sich ins Bett, schlief aber dennoch sofort ein. In der Nacht verfolgte ihn ein wirrer Traum: Er rannte vor einem mannsgroßen Mülleimer davon, der ihn zu fangen und in sich hineinzustopfen versuchte. Wünnenberg stand am Straßenrand und sah dem Spektakel feixend zu. Mal feuerte er den Mülleimer an, mal Hackenholt.
Das Klingeln des Weckers ließ Hackenholt ein paar Stunden später im Bett auffahren. Er fühlte sich wie gerädert. Sein Rücken schmerzte. Es rächte sich immer schnell, wenn er, wie in den letzten Tagen, keinen Sport trieb. Er erhob sich unter Ächzen und Stöhnen, schaltete die Kaffeemaschine ein und stellte sich lange unter die heiße Dusche. Als er angekleidet aus dem Badezimmer kam, war auch der Kaffee durch die Maschine gelaufen und verströmte ein verführerisches Aroma. Während Hackenholt die erste Tasse trank, erwog er kurz, Sophie anzurufen, ließ es dann aber bleiben. Sie gehörte zu den Langschläfern, die es nicht sonderlich schätzten, früh am Morgen geweckt zu werden. Er erinnerte sich noch sehr deutlich an ihr ungnädiges Brummen, das er bei früheren Gelegenheiten hatte schlucken müssen. Wenn er bereits in den Dienst ging, drehte sie sich noch einmal um und schlief weiter. Er würde sich später bei ihr melden.
Im Präsidium ging er nicht in sein Büro, sondern auf direktem Weg zu den Haftzellen. Von dem Kollegen, der für den Wachdienst eingeteilt war, erfuhr er, dass sich Ludwig Kork die Nacht über unauffällig verhalten und bereits gefrühstückt hatte.
Der Journalist sah denn auch den Umständen entsprechend gut aus. Zwar waren seine Kleider zerknittert und der erste Anflug eines Geruchs nach ungewaschenem Körper ging von ihm aus, aber die spärlichen Bartstoppeln ließen ihn eher jungenhaft als ungepflegt wirken. Alles in allem vermittelte er einen ausgeruhten Eindruck.
Zuerst brachte Hackenholt Kork zum Erkennungsdienst. Auch wenn sie längst Fingerspuren in seiner Wohnung genommen hatten, mussten sie doch die Originalabdrücke in die Kartei aufnehmen. Auch einer Speichelprobe zur Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks stimmte der Journalist ohne Zögern zu und fragte lediglich nach, wann das über ihn gesammelte Wissen wieder aus den Polizeicomputern gelöscht werden würde.
Als alles erledigt war, versprach Mur, sich sofort um die daktyloskopische Untersuchung der Fingerabdrücke zu kümmern und die Speichelprobe schnellstmöglich ins Rechtsmedizinische Institut nach Erlangen bringen zu lassen.
Hackenholt nahm Kork mit zu sich ins Büro, wo Wünnenberg schon mit dampfendem Kaffee auf die beiden wartete. Er hängte das Schild mit der Aufschrift »Bitte nicht stören – Vernehmung« an die Tür und begann mit denselben Fragen wie in der Nacht zuvor. So, als säße er Ludwig Kork gerade zum ersten Mal gegenüber. Doch der Journalist ließ sich nicht beirren und blieb bei seiner Aussage: Er sei nicht Annika Dorns Mörder, sondern habe ihr nur geholfen, einen Skandal aufzudecken.
»Wenn wir Ihnen das glauben sollen, müssen Sie uns lückenlos berichten, was Sie am Samstag getrieben
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