Hackenholt 06 - Reichskleinodien
bereits um halb zehn in der Firma eingetrudelt ist.«
Stellfeldt schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die Frau ihren eigenen Mann hat umbringen lassen. Dazu hat sie gar nicht die nötigen Verbindungen. Wenn sie zusammen mit einem Geliebten ein Mordkomplott geschmiedet hätte, um Sascha Förster loszuwerden, dann würde ich sie als Täterin in Betracht ziehen. Aber so hat sie doch nur die eigene Firma ruiniert. Außerdem ist sich Norbert Beck sicher, mit einem Mann gesprochen zu haben.«
»Das hatten wir doch alles schon!« Winter klang genervt. »Den Anruf kann Frau Försters Komplize übernommen haben.«
»Auf alle Fäll mäimer nåchbrüfm wos der Doggder uns dåderzou sachd«, nuschelte Baumann. »Wenns wergli ern ganzn Vuurmiddooch doddn wår, konnsnern Versicherungsschein ned gfälschd hom.« 52
»Und dann«, seufzte Hackenholt, »stehen wir wieder am Anfang.«
Wünnenberg schüttelte den Kopf. »Wenn wir ganz sicher wissen, dass Sabine Förster es nicht war, muss es die Azubine gewesen sein – sofern es stimmt, was uns Frau Förster über ihren Mann gesagt hat, nämlich dass er keine große Ahnung von Computern hatte. Dann müssten wir uns Giulietta Veccio genauer anschauen und hinterfragen, wo ihre Interessen bei der ganzen Sache liegen. Immerhin hat bislang nur sie behauptet, Sascha Förster habe nichts von dem bevorstehenden Transport gewusst.«
»Du vergisst die SMS , die er ihr geschrieben hat«, konterte Hackenholt. »Aber okay, fahren wir zu diesem Orthopäden.«
»Seid ersu goud un fård aufm Rüggweech bei Dibbold-Dransbodde vuurbei un bringd uns die agduelln Faddnbüchler aus alle Audo mid«, bat Baumann. »Vielleichd kennermer ja ersu nåchweisn, wou der Sascha Förschder den Vuurmiddooch gween is.« 53
Sabine Försters Orthopäde arbeitete in einer Praxisgemeinschaft in der Äußeren Bayreuther Straße – direkt im Mercado. Nachdem sich weder Hackenholt noch Wünnenberg auskannten, fuhren sie im Parkhaus hinauf bis aufs Dachparkdeck, wo sie ein Hinweisschild zur entgegengesetzten Ecke des Gebäudes schickte.
Die junge Frau an der Rezeption war nicht eben erfreut über den Besuch der Kripobeamten, die ihr die Dienstausweise unter die Nase hielten, denn die Patienten stauten sich wie üblich in der Anmeldung.
»Sie sehen selbst: Ohne Termin ist nichts zu machen«, versuchte sie die Ermittler abzuwimmeln. Als ihr das nicht gelang, wollte sie sie in einem der Wartezimmer parken – doch auch darauf ließ sich Hackenholt nicht ein.
Endlich bemerkte der Arzt den Aufruhr in der Anmeldung und bat die Kriminaler in der Hoffnung, sie möglichst schnell wieder loszubekommen, in sein Zimmer. Als er hörte, worum es ging, atmete er erleichtert auf und holte sich Frau Försters virtuelle Krankenakte auf den Bildschirm.
»Ich habe der Patientin am 14. Juni um zwölf Uhr vierzehn ein Rezept ausgestellt und die Diagnose notiert«, gab der Orthopäde Auskunft.
Danach rief er seine gestresste Helferin zu sich, die mit Hilfe ihres Anmeldebuchs bestätigte, dass Sabine Förster an dem Tag angerufen hatte und als Notfall eingeschoben worden war. Sie hatte ab acht Uhr dreißig auf das kurze Gespräch mit dem Mediziner gewartet.
Bei der Firma Dippold-Transporte öffnete Fred Mayer die Tür; einer der Fahrer, mit dem Hackenholt vor einer knappen Woche gesprochen hatte.
»Was wollen Sie?«, fragte er nicht eben erfreut.
»Ist Herr Dippold da?«, stellte Hackenholt ungerührt eine Gegenfrage.
»Wo sollte er denn sonst sein? Das hier ist sein Lebenswerk. Sie bringen ihn noch um.«
Der alte Mann sah in der Tat alles andere als gesund aus. Er wirkte so ausgemergelt und eingefallen, als hätte er sich die vergangenen Tage ausschließlich von Zigaretten ernährt.
»Sie schon wieder?«, fragte er müde.
»Wir brauchen aus sämtlichen Fahrzeugen die aktuellen Fahrtenbücher.«
Ohne zu fragen, wozu das nötig sei, nickte Heinrich Dippold Fred Mayer zu. »Kannst du das erledigen?«
»Klar, Chef.«
»Außerdem hätten wir gerne gewusst, welche Personen am Freitag, dem 14. Juni im Lauf des Vormittags im Büro anwesend waren. Das war der Tag, an dem Ihre Tochter den Orthopäden aufsuchte, weil sie sich am Abend zuvor den Knöchel verletzt hat. Wo ist sie jetzt eigentlich?«
»Ich habe sie nach Hause gebracht«, brummte der Fahrer. »Sie ist ja nur noch ein nervliches Wrack – dank Ihnen.«
»Wir tun auch nur unsere Arbeit, Herr Mayer«, sagte Hackenholt höflich, aber sehr bestimmt. »War Ihr
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