Hackschnitzel
wollte ihn halt unbedingt an sich binden, aber dennoch!« Moosbach bäumte sich auf und haute mit der Faust auf den Tisch: »Wenn er es wirklich ernst gemeint hätte mit ihr, dann wäre er nicht abgehauen – trotzdem!«
Lindt verstand genau, was ›trotzdem‹ bedeutete. Er erinnerte sich: Carla hatte es auch schon vermutet.
Marie hatte ihren Konrad reingelegt.
Schwangerschaft als Heiratsgrund, Kind zur Festigung einer kriselnden Beziehung.
Der Kommissar blickte Friedrich Moosbach durchdringend an. »Ich weiß, was Sie mit ›trotzdem‹ gemeint haben. Aber hätten Sie sich denn über ein Enkelkind gefreut, wenn Konrad Fink der Vater gewesen wäre?«
Moosbach zuckte nur mit den Schultern. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, dass er den eigenen Anteil an der Tragödie von damals schon längst erkannt hatte. Ohne seinen dauernden Widerstand. Wer weiß?
Doch, ob er es selbst wahrhaben wollte? Ob er über seine eigene Rolle kritisch nachdenken konnte?
Völlig unpassend zu der deprimierenden Situation klingelte Lindts Handy. Es war die Nummer von Jan Sternberg, aber der Kommissar drückte den Anruf weg.
»Gibt es denn sonst noch irgendetwas, was Sie mir zu Konrad Fink sagen könnten?«, versuchte er, wieder ein Gespräch aufzunehmen.
»Über den? Nichts, absolut nichts, da habe ich Ihnen wirklich schon alles erzählt. Aber meine Frau, die konnte das Ganze nie verwinden und Krebs hat bekanntlich viele Ursachen!«
Betroffen schwieg Lindt.
Wollte Moosbach damit ausdrücken, dass Fink seiner Ansicht nach nicht nur Marie, die Tochter, sondern auch noch seine Frau auf dem Gewissen hatte?
War das ein Mordmotiv? Musste er ihn jetzt nach seinem Alibi für die Zeit um Dreikönig fragen?
Er tat es nicht, wahrscheinlich gab es keines.
Aber ein Mord aus Rache nach so vielen Jahren? Nein! Der Kommissar war sich instinktiv sicher, hier keinem Mörder gegenüberzusitzen.
Ratlos und wortlos drückte er Friedrich Moosbach die Hand. Er wusste nichts mehr zu sagen.
Draußen atmete er erst einmal tief durch. Er war richtig froh, der bedrückenden Gesellschaft des einsamen alten Mannes entronnen zu sein.
Er griff in die Jackentasche, angelte eine Pfeife heraus und steckte sie wieder weg. Es kam nur sehr selten vor, dass ihm nicht danach war.
Er schloss den Dienstwagen auf, zögerte, schüttelte den Kopf und drehte den Schlüssel wieder um. Ein kurzer Spaziergang war jetzt sicher besser, um den Besuch bei Moosbach zu verarbeiten und auf andere Gedanken zu kommen.
Die kamen schneller als gedacht, denn so nachdenklich, wie er durch das immer dichter werdende Schneegestöber ging, bemerkte er die Glätte auf dem Bürgersteig überhaupt nicht. Erst, als es ihm urplötzlich die Beine wegzog und er ebenso unvorbereitet wie schmerzhaft auf den Gehwegplatten saß, hatte ihn die Wirklichkeit wieder.
Schwerfällig rappelte er sich hoch, schüttelte den Schnee von Jacke und Hose, stellte weder Schmutz noch Beschädigung an seinen Kleidern fest, rieb sich den lädierten Steiß und ging langsam und leicht schmerzhaft hinkend zurück zum Wagen.
Gut, dass die Polster des Citroen so angenehm weich waren. Vorsichtig setzte er sich, steckte das Handy in die Halterung und wählte die Büronummer.
»Jan, was gibt’s? Hast du schon Nachricht aus Österreich?«
»Sehr zurückhaltend und diskret, unsere Kollegen in der Alpenrepublik. Ich dachte immer, das wäre nur in der Schweiz so. Erst als sie hörten, dass es um Mord geht und auch noch um jemandem, der in ihrer Gegend eine Zweitwohnung besitzt, da wurden sie etwas kooperativer, aber bis wir Ergebnisse bekommen, das kann dauern. Alle völlig überlastet, Wintersportzeit ist anscheinend wirklich Hochsaison bei denen.«
Sternberg berichtete kurz, dass er sich vom Landespolizeikommando in Bregenz über das Bezirkskommando in Bludenz schließlich bis zur örtlichen Polizeiinspektion von Schruns durchgefragt hatte. Überall war er sehr höflich, aber mit einer unterschwellig spürbaren Distanz behandelt worden und jeder seiner Gesprächspartner versprach, sich so bald als irgend möglich um die Ermittlungswünsche aus Karlsruhe zu kümmern.
»Kann wirklich dauern«, betonte Sternberg nochmals.
Lindt musste unwillkürlich lächeln. Am Tonfall seines Mitarbeiters erkannte er mehr als deutlich dessen Wunsch nach einer Dienstreise in die verschneite Bergwelt des Nachbarlandes. Natürlich nur, um die Ermittlungen zu beschleunigen, klar, selbstverständlich.
»Na dann müssen wir eben
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