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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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machte.
    «Kann ich irgendetwas für dich tun?», fragte Bernie mit gespielter Leichtigkeit. «Du hast kaum etwas gegessen.»
    «Nein danke, Mom.» Xaviers Stimme klang flach und leblos. «Ich möchte einfach nur schlafen.»
    «Was ist nur los mit dir, Schatz?» Bernie kam ein paar Schritte auf ihn zu und setzte sich vorsichtig hin. Sie gab sich sehr behutsam, denn eigentlich wusste sie, dass er lieber allein sein wollte. «Ich habe dich noch nie so gesehen. Hast du Liebeskummer?»
    Erst jetzt wurde mir klar, dass seine Mutter keine Ahnung hatte, was geschehen war. Xavier hatte ihr nicht gesagt, dass ich verschwunden war. Wahrscheinlich, weil sie sonst sofort zur Polizei gelaufen wäre, damit man nach mir suchte.
    «Das kann man wohl sagen», antwortete Xavier.
    «Meistens löst sich diese Art von Problemen von selbst.» Sie legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. «Und du weißt, dass dein Vater und ich immer für dich da sind, wenn du uns brauchst.»
    «Das weiß ich, Mom. Mach dir keine Sorgen um mich. Das wird schon wieder.»
    «Nimm es nicht so schwer», sagte Bernie. «Wenn man jung ist, fühlt sich alles hundertmal schlimmer an, als es ist. Ich habe keine Ahnung, was zwischen dir und Beth vorgefallen ist, aber es kann nicht so schlimm sein.»
    Xavier stieß ein kurzes freudloses Lachen aus. Ich konnte mir vorstellen, was er dachte. Wahrscheinlich hätte er am liebsten gesagt: «Meine Freundin wurde von einem Dämonen auf einem Motorrad in die Hölle verschleppt. Wir haben keine Ahnung, wie wir sie wieder zurückholen sollen. Ja, du hast recht, so schlimm ist es gar nicht.»
    Aber stattdessen setzte er sich auf und sah sie an. «Lass gut sein, Mom», sagte er. «Es ist mein Problem. Alles okay.»
    Ich sah an seinem Blick, dass er sie nicht beunruhigen wollte. Es reichte, dass meine Familie völlig außer sich war, es machte keinen Sinn, auch noch Bernie hineinzuziehen. Je weniger sie wusste, desto besser für alle. Es war nicht einfach, mein Verschwinden zu erklären, und nicht gerade die ideale Neuigkeit, die besorgte Eltern hören wollten, wenn der Sohn kurz vor der Abschlussprüfung stand.
    «Gut.» Bernie beugte sich vor und küsste ihn auf die Stirn. «Aber Xavier, Schatz …»
    «Ja?» Er sah auf, vermied aber ihren Blick.
    «Sie kommt zurück.» Bernie lächelte ihn wissend an. «Alles wird gut.» Sie stand auf, ging aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
    Als sie weg war, gab sich Xavier völlig seiner Erschöpfung hin. Er zog seine Schuhe aus und rollte sich auf die Seite. Ich war froh, dass er bald in einen tiefen Schlaf fallen und die Qual der Hilflosigkeit vergessen würde, jedenfalls für ein paar Stunden. Kurz bevor ihn der Schlaf übermannte, zog er etwas unter seinem Kissen hervor. Es war der hellblaue Pullover mit dem Gänseblümchensaum, den ich an warmen Sommerabenden oft getragen hatte. Xavier hatte einmal gesagt, dass er es mochte, wie die Farbe die goldbraunen Strähnen in meinem Haar betonte. Er schob das Kissen zur Seite, vergrub sein Gesicht in meinem Pulli und atmete tief ein. So verharrte er eine ganze Weile, bis sein Atem tiefer und regelmäßiger wurde und er eingeschlafen war. Ich saß im Schneidersitz auf seinem Bett und wachte über ihn wie eine Mutter über ihr krankes Kind. So blieb ich, bis die ersten sanften Strahlen des Morgenlichts über die zerwühlte Bettdecke tanzten und Xaviers Lider zu flackern begannen.
    «Raus aus den Federn, Puppengesicht!»
    Woher kam diese Stimme? Xavier schlief noch ganz ruhig, hatte im Schlaf auch nicht gesprochen. Es klang auch überhaupt nicht nach ihm. Ich drehte mich um, aber außer Xavier und mir war niemand im Zimmer. Als ein metallenes Klacken ertönte, zuckte ich zusammen. Und noch mehr, als da plötzlich eine Tür war und eine dunkle Gestalt, die am Türrahmen lehnte. In diesem Moment erkannte ich, was vor sich ging: Meine beiden Welten begannen zu verschwimmen, was bedeutete, dass ich schnell handeln musste. Wenn ich nicht auf der Stelle zurückkehrte, würde sich Jake wundern, dass ich nicht aufwachte. Aber warum war es so schwer, mich selbst zurückzuholen?
    «Sweet dreams, my love», flüsterte ich Xavier zu und drückte meine geisterhaften Lippen auf seine Stirn. Ich wusste nicht, ob er es spüren konnte, aber er wurde unruhig und murmelte meinen Namen, bevor sich sein Gesicht entspannte, friedlicher wurde. «Ich komme so schnell wieder, wie ich kann.»
    Ich zwang mich, zu meinem Körper zurückzukehren, und

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