Hades
versucht, uns davon abzuhalten. Aber wir haben nicht auf sie gehört. Dann lief das Ganze irgendwie aus dem Ruder, und wir sind alle ein bisschen ausgeflippt.»
Molly hatte berichtet, ohne einmal Luft zu holen; offensichtlich versuchte sie, möglichst beiläufig zu klingen. Bei ihren Worten riss Ivy die Augen auf und ballte ihre schönen blassen Hände instinktiv zu Fäusten. «Was hast du gesagt?», fragte sie leise.
«Ich habe gesagt, dass wir alle ausgeflippt sind und …»
«Nein, davor. Ihr habt eine Séance abgehalten?»
«Ja, aber nur so aus Quatsch, weil Halloween war.»
«Wie dumm ihr seid!», zischte Ivy. «Haben euch eure Eltern nicht beigebracht, nicht mit Dingen zu spielen, von denen ihr nichts versteht?»
Molly sah sie erstaunt an. «Machen Sie sich locker, Ivy», sagte sie. «Was soll denn das Theater? Was hat die dämliche Séance denn mit all dem zu tun?»
«Alles», sagte Ivy. Es klang, als würde sie zu sich selbst sprechen. «Jedenfalls würde ich mein Leben darauf verwetten, dass diese Séance der Beginn von allem war.» Gabriel und sie tauschten einen wissenden Blick. Jetzt sprach sie wirklich nur noch zu ihm. «Sie müssen damit ein Portal geöffnet haben. Sonst hätte er es nie geschafft, nach Venus Cove zurückzukommen, nachdem wir ihn verbannt hatten.»
«Was?», fragte Molly verdutzt. Ich konnte beinahe sehen, wie in ihrem Kopf alles durcheinanderging und sie versuchte, die kryptischen Fragmente zusammenzusetzen, die ihr zugeworfen wurden. Ich wollte losbrüllen und ihnen sagen, dass sie aufhören sollten – sie gaben viel zu viel preis. Das war vom Himmel aus streng verboten und würde sie nur noch tiefer in Schwierigkeiten stürzen.
Plötzlich erwachte Xavier zum Leben. Er drehte sich um und starrte Ivy an.
«Du glaubst, die Séance hat ihn herbeigerufen?», fragte er.
«Herbeigerufen? Wen?», unterbrach Molly laut.
«Sie sind viel mächtiger, als den meisten Menschen klar ist», sagte Ivy. «Gabriel, glaubst du, das könnte eine Spur sein?»
«Jede Information muss genau geprüft werden. Wir müssen einen Weg finden hineinzukommen.»
«Hineinzukommen? Worein denn?», fragte Molly deutlich verwirrt und verletzt, weil sie von dem Gespräch ausgeschlossen war. Normalerweise waren meine Geschwister nicht so unsensibel, aber jetzt hatten sie ihre guten Manieren vollkommen vergessen. Der Drang, mich wiederzufinden, war so verzehrend, dass sie die arme Molly, die verzweifelt versuchte, der Diskussion zu folgen, völlig vergaßen.
«Aber wie finden wir ein Portal?», murmelte Ivy. «Durch eine zweite Séance? Nein, das ist zu gefährlich. Man kann nie wissen, was aus dem Höllenpfuhl aufsteigt.»
«Was für ein Höllenpfuhl? Wo ist das?», piepste Molly.
«Halt den Mund!», schrie Xavier. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen. «Halt einfach den Mund. Wenigstens für zwei Sekunden.»
Molly starrte ihn einen Moment lang beleidigt an, doch dann wurden ihre Augen schmal, fast feindlich. «Du hältst den Mund!», schrie sie Xavier zu.
«Tolle Retourkutsche», murmelte Xavier. «Musst du immer so kindisch sein?»
«Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, die Einzige im Raum zu sein, die völlig klar ist», sagte Molly. «Ihr habt sie doch nicht mehr alle.»
«Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst», sagte Xavier düster. «Wartet nicht irgendein Footballer darauf, von dir herumgescheucht zu werden?»
«Wie kannst du es wagen!», kreischte Molly. «Hat Tara irgendwas zu dir gesagt? Glaub kein Wort von dem, was sie erzählt, sie ist nur sauer, weil …»
«Hör auf!» Xavier warf frustriert die Hände in die Luft. «Was zwischen dir und Tara ist und welche Teenie-Streitereien ihr ausfechtet, ist uns völlig egal! Beth ist verschwunden, und du kannst uns nicht helfen. Also hau doch bitte einfach ab.»
Molly überkreuzte die Arme. «Ich gehe nirgendwohin.»
«O doch.»
«Du musst mich schon raustragen.»
«Das mache ich auch, verlass dich drauf.»
«Genug!» Gabriels tiefe, strenge Stimme durchschnitt den eskalierenden Streit. «Damit helft ihr niemandem.» Er sah Ivy an. «Siehst du? Molly weiß Dinge, die wir nicht wissen.»
«Solange Sie mir nicht die Wahrheit sagen, erzähle ich Ihnen gar nichts mehr», sagte Molly starrsinnig, worauf sie einen vernichtenden Blick von Xavier erntete. Ivy stöhnte leise auf und fasste sich an die Schläfe. Molly war Schwerstarbeit, und meine Schwester war erschöpft. «Bethanys Freundin oder nicht, bei diesem Mädchen wird jedes Lamm
Weitere Kostenlose Bücher