Hades
zum Raubtier.»
«Vielleicht sollten wir versuchen, ihr alles zu erklären», sagte Gabriel schlicht.
Xavier sah ihn erstaunt an. «Nur zu, das wird bestimmt interessant.»
«Setz dich, Molly», begann Gabriel. «Hör mir zu, und bitte unterbrich mich nicht. Deine Fragen beantworte ich später.»
Molly ließ sich folgsam auf dem Sofa nieder, während Gabriel auf und ab ging. Offensichtlich suchte er nach einem Anfang.
«Wir sind nicht die, die wir zu sein scheinen», sagte er schließlich. Er schien seine Worte sorgfältig zu wählen. «Es ist schwer zu erklären, und es ist sehr wichtig, dass du mir vertraust. Vertraust du mir, Molly?»
Molly taxierte ihn langsam von Kopf bis Fuß. Ihr Gesicht nahm einen wehmütigen Ausdruck an, als sie seine Schönheit in sich aufnahm. Sein gemeißeltes Gesicht wurde von blondem Haar eingerahmt, und seine silberfarbenen Augen ruhten aufmerksam auf ihr. Ein sanftes goldenes Licht umgab ihn und folgte ihm wie ein Nebelschleier.
«Natürlich vertraue ich Ihnen», murmelte sie. Es gefiel ihr, im Mittelpunkt seiner ungeteilten Aufmerksamkeit zu stehen, und zweifellos wünschte sie sich, dass es so weiterging. «Aber wenn Sie nicht sind, was ich denke, was sind Sie dann?»
«Das kann ich dir nicht sagen», antwortete Gabriel.
«Warum nicht? Müssten Sie mich dann töten?» Molly verdrehte die Augen, was ziemlich witzig aussah.
«Nein», antwortete Gabriel ganz ruhig. «Aber die Wahrheit könnte deine und unsere Sicherheit gefährden.»
«Kennt er die Wahrheit?» Molly zeigte mit dem Finger auf Xavier. Ich hatte das Gefühl, dass es mit ihrem Verhältnis gerade rapide bergab ging, und wünschte mir, die Kluft überbrücken zu können.
«Er ist eine Ausnahme», sagte Ivy.
«Ach ja? Und warum ich nicht?»
«Du würdest die Wahrheit sowieso nicht glauben», sagte Gabriel und versuchte sie zu besänftigen. Aber Molly war trotzig.
«Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen.»
«Mal so gefragt: was fällt dir zum Thema Übersinnliches ein?»
«Finde ich cool», antwortete Molly lässig. «Ich habe Zauberhafte Hexen und Buffy – Im Bann der Dämonen und diese ganzen Filme gesehen.»
Gabriel stöhnte leise auf. «Das ist nicht ganz das, was ich meine.»
«Okay, wie wäre es dann damit: Letzte Woche stand in meinem Horoskop in der Cosmo , dass ich eine hinreißende Bekanntschaft machen würde, und kurz darauf hat mir ein Typ im Bus seine Telefonnummer gegeben. Seitdem glaube ich das ganze Zeug.»
«Ja, dann hast du wirklich das Licht gesehen», flüsterte Xavier.
«Wusstest du schon, dass Schützen ein Problem mit Sarkasmus haben?», fauchte Molly.
«Das ist zwar sehr aufschlussreich, aber ich bin Löwe.»
«Ja, klar, das weiß ja jeder, dass das Arschlöcher sind.»
«Gott, das Gespräch ist so sinnlos!»
«Nicht so sinnlos wie du.»
Xavier schenkte ihnen einen düsteren Blick, wendete sich ab und ließ sich auf das Sofa am anderen Ende des Zimmers fallen. Offensichtlich hatte er genug von dem Streit. Ivy schüttelte langsam den Kopf, als ob sie es nicht glauben konnte, dass sie ihre Zeit mit derart trivialem Geplänkel verschwendeten. Ich selbst wusste nicht, was ich denken sollte – überlegte Gabriel tatsächlich, Molly in unser Geheimnis einzuweihen? Es kam mir irreal vor, dass ausgerechnet er, der sich so dagegen gewehrt hatte, Xavier in unsere kleine Familie aufzunehmen, jetzt wahllos einen anderen Menschen ins Vertrauen ziehen wollte. Wie verzweifelt musste er sein!
Gabriel warf Xavier einen warnenden Blick zu. Molly zu provozieren, brachte sie alle auch nicht weiter.
«Molly, lass uns in der Küche weiterreden.»
Als sie an Xavier vorbeiging, warf sie ihm einen triumphierenden Blick zu, Gabriel gegenüber war sie hingegen die Höflichkeit selbst. «Wie Sie möchten», sagte sie ernst.
Dann geschah etwas, das Gabriel die Entscheidung aus der Hand nahm. Das Zimmer begann zu beben. Der Boden bewegte sich unter ihren Füßen, und die Lampen schwankten gefährlich. Sogar in meiner gespensterhaften Gestalt konnte ich den extremen Druck spüren, der sich in dem Zimmer aufgebaut hatte.
Ivy und Gabriel rückten näher zusammen. Sie wirkten nicht panisch, sondern vielmehr erschüttert. Xavier sprang vom Sofa und scannte das Zimmer, vermutlich suchte er die Gefahrenquelle. Er wirkte kampfbereit, jeder Muskel an seinem Körper war gespannt und die Füße in Alarmbereitschaft, um sofort losspringen zu können, wenn es nötig war. Als die Fenster zu scheppern begannen
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