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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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etwas Schreckliches bevorstand. Schließlich stieg ein alter bärtiger Mann, gestützt von anderen, die Stufen hinauf und trat ans Mikrophon. Er trug die Kleidung eines Priesters, eine schwarze Soutane und ein Kollarhemd mit weißem Kragen. Sein Gesicht war runzelig und wettergegerbt, und unter den rot geränderten, blutunterlaufenen Augen hingen tiefe Tränensäcke aus hellviolettem Fleisch. Sie erinnerten mich irgendwie an benutzte Teebeutel.
    «Heißt Pater Benedikt willkommen», rief Jake im Ton eines Showmasters. «Er wird die Zeremonie halten.» Jake lächelte süffisant, als der alte Mann sich ehrfurchtsvoll verbeugte. Für mich war es ein Schock, ein Frevel – ein Mann Gottes verbeugte sich vor einem Dämon.
    «Tu nicht so schockiert», sagte Jake im Vorbeigehen zu mir, als er sich setzte. «Auch der Frömmste kann fallen.»
    «Du bist abscheulich!», war alles, was ich sagte.
    Jake sah mich erstaunt an. «Warum ich?» Er nickte mit dem Kopf in Richtung von Pater Benedikt. «Wenn du schon mit dem Finger auf jemanden zeigen möchtest, dann auf ihn.»
    «Was hat er hier überhaupt verloren?»
    «Sagen wir so: Er hat es nicht geschafft, die Unschuldigen zu beschützen. Jetzt arbeitet er für uns. Ich bin mir sicher, dass du die Ironie des Ganzen zu schätzen weißt.»
    Ich sah ihn wütend an. «Absolut nicht.»
    Plötzlich kam mir in den Sinn, dass Jake mir bewusst verschwieg, was hier vor sich ging. Trotz der Hitze gefror mir das Blut in den Adern, als ob mir jemand Eissplitter in die Venen gespritzt hätte. Ich war Jakes Eroberung, ein Souvenir von seinem Sieg über die Boten des Himmels, so weit war mir die Sache klar. Was aber hatte er vor?
    «Was auch immer ich tun soll, ich sage jetzt schon nein», erklärte ich.
    «Beruhige dich», antwortete Jake. «Du brauchst einfach nur da zu sein, sonst nichts.»
    Auf einmal ergab alles einen Sinn. Das Kleid, die Parade, und nun diese Zeremonie – und ich begriff.
    «Ich werde dich nicht heiraten!», sagte ich und umklammerte den Thron so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. «Nicht jetzt und nicht in einer Million Jahren.»
    «Das hier ist nicht unsere Hochzeit, Schätzchen», sagte Jake und lachte leise. «Die kommt erst später. Ich bin ein Gentleman, ich zwinge dich zu nichts, zu dem du noch nicht bereit bist.»
    «Ach, aber die Entführung war in Ordnung?», fragte ich sarkastisch.
    «Ich musste schließlich irgendwie deine Aufmerksamkeit erwecken», antwortete Jake in blasiertem Ton.
    «Möchtest du wirklich mit jemandem zusammen sein, der dich nicht ausstehen kann?», fragte ich. «Hast du denn gar keine Selbstachtung?»
    «Wollen wir diesen Familienstreit nicht auf nachher verschieben, wenn wir allein sind? Sieh doch, die Menge liebt dich. Genieß den Augenblick!»
    Jake wies auf die Zuschauer, die mit angehaltenem Atem warteten, dass etwas geschah. «Sie haben eine lange Reise gemacht, um ihre neue Prinzessin zu begrüßen.»
    Plötzlich schob er den Thron zurück, war auf einmal hinter mir und rückte mich nach vorne, sodass ich in der Mitte des Podiums stand. Sofort brach Begeisterung los, und Tausende von Augen starrten mich fanatisch an.
    «Das hier», flüsterte mir Jake von hinten verführerisch zu, «ist die Inthronisation. Sieh dich um, Bethany. Das ist dein Königreich, und dies ist dein Volk.»
    «Ich bin nicht ihre Prinzessin!» Ich spie meine Worte beinahe aus. «Und das werde ich auch nie sein.»
    «Aber sie wollen dich, Beth. Sie brauchen dich. Sie warten schon so lange. Denk nur, was du für sie bedeuten könntest.»
    «Ich kann ihnen nicht helfen», sagte ich schwach.
    «Kannst du nicht, oder willst du nicht?»
    Unser Gespräch wurde von einem lautstarken Räuspern unterbrochen. Es war die Rothaarige, die ich schon beim Bankett gesehen hatte. Wenn ich mich richtig erinnerte, war ihr Name Eloise.
    «Können wir jetzt weitermachen?», fragte Jake darauf Pater Benedikt und schob ihn nach vorn.
    Ich hatte keine Ahnung, was genau mich bei dieser Inthronisation erwartete, und wollte es auch um keinen Preis herausfinden. Ich musste hier raus.
    Ich stürzte zu den Stufen und schaffte es sogar ein Stück hinunter, bevor Jakes Gefolge mich einholte. Sofort umringten sie mich und packten mich mit heißen Händen. Ihre Gesichter spiegelten das pure Vergnügen und wechselten zwischen ihren schönen Masken und ihrer wahren grotesken Gestalt hin und her. Schnell wurde ich zu meinem Sitz zurückgedrängt, wo mich Jake schon gelassen erwartete. Der

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