Hades
mein Zimmer betraten, erwartete Tucker uns bereits. Sorgfältig verschloss er hinter uns das verchromte Sicherheitsschloss, auch wenn wir alle wussten, dass es gegen die Dämonen wenig Nutzen haben würde.
Ich setzte mich im Schneidersitz auf das Bett und presste zur Beruhigung ein Kissen an mich. «Was glaubt ihr, was geschieht da unten?»
«Keine Sorge, Miss», antwortete Hanna pflichtbewusst. «Mr. Thorn bekommt sie schon in den Griff. Das schafft er immer.»
«Ich hoffe, du hast recht», sagte ich. «Mir war nicht klar, wie wütend sie sind.»
«Sie sind Dämonen, die überreagieren immer.» Tucker zuckte die Achseln. Offensichtlich hoffte er, dass ich mich dadurch besser fühlte.
Die Diskussion in der Lobby setzte sich noch stundenlang fort, jedenfalls kam es mir so vor. Kurz nach Mitternacht gingen Tucker und Hanna ins Bett. Auch ich war müde und wollte mich gerade schon umziehen, als ich hörte, wie Jake vor der Tür meinen Namen rief. Es war das erste Mal, dass er nicht einfach hereinspazierte.
«Gut, dass du noch wach bist», sagte er, als ich ihn hereinließ. «Wir müssen los.»
Es klang weniger wie ein Befehl als wie eine Entschuldigung. Jake trug ein Bündel unter dem Arm, und in seinen Augen stand ein seltsamer Ausdruck, den ich, wenn ich es nicht besser gewusst hätte, für Angst gehalten hätte. So hatte er nicht einmal ausgesehen, als Gabriel ihn in Feuerzungen gehüllt und der Erde befohlen hatte, ihn bei lebendigem Leibe zu verschlucken. Damals hatte er zwar besiegt, aber trotzig gewirkt. Was mochte ihn so aus dem Konzept gebracht haben?
«Wohin gehen wir?»
Jake presste die Lippen zusammen, als versuchte er, seine wachsende Angst zu unterdrücken. «Es gibt eine Anhörung.»
«Was? Warum?» Meine Müdigkeit war wie weggeblasen.
«Ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommt», sagte Jake. «Ich erkläre dir alles auf dem Weg.»
«Kann ich mich vorher noch umziehen?»
«Keine Zeit.»
Draußen vor dem Hotel wartete Jakes Motorrad auf uns und schnurrte, als wäre es lebendig.
«Warum mit dem Motorrad?», fragte ich.
«Ich möchte möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen», sagte er. «Hier, zieh das über.» Er warf mir den braunen Mantel zu, den er unter dem Arm getragen hatte.
«Ich dachte, Aufmerksamkeit ist genau das, was du willst», sagte ich in Anspielung auf die demütigende Parade von vorhin.
«Jetzt nicht.»
«Warum sollte ich eigentlich auf dich hören?», fragte ich.
«Beth.» Jake stöhnte auf, als hätte er Schmerzen. «Du kannst mich hassen, so viel du willst, aber du musst mir glauben … heute Nacht bin ich auf deiner Seite.»
Und aus irgendeinem Grund glaubte ich ihm. Ich glitt in den Mantel und zog mir die Kapuze über den Kopf. Jake half mir aufs Motorrad, und wir rasten geräuschlos durch die Tunnel, die sich wie ein Spinnennetz vor uns ausbreiteten. Ich presste mein Gesicht an seinen Rücken, um mich vor all dem Entsetzlichen zu verstecken, was dort im Dunkeln lungerte.
Schließlich stoppte Jake abrupt am Ende einer engen Gasse. Wir standen vor den Ruinen eines alten Gebäudes, vielleicht eines Lagerhauses, das, obwohl unterirdisch, mehrere Stockwerke hoch war. Vandalen hatten einen Großteil der Fenster eingeworfen, die jetzt mit Pappe abgedeckt waren. Jake zögerte einen Moment, bevor er sich in Bewegung setzte. Sein Gesichtsausdruck sagte mir, dass er fieberhaft nach einem Ausweg suchte.
«Es ist so weit», sagte er schließlich und blickte mich mit ungewohnter Ernsthaftigkeit an. «Du bekommst Audienz beim Alten Herrn persönlich. Dies ist eine Ehre, die nur wenigen gebührt – Toten und Lebendigen.»
«Was?», schrie ich auf. «Du hast mich zu Luzifer gebracht? Bist du verrückt? Da gehe ich nicht rein!»
«Wir haben keine Wahl», sagte Jake atemlos. «Wir sind vorgeladen.»
«Warum? Wegen des Schmetterlings?», fragte ich verzweifelt. «Ich werde es nicht wieder tun, ich schwöre es!» Welche Zuversicht auch immer mich nach der Parade geritten hatte, jetzt ließ sie mich im Stich.
«Du bist nicht die, der ihr Zorn gilt», sagte Jake. «Sie haben sich versammelt, um über mich zu richten und ein Urteil zu fällen, weil ich dich hergebracht habe.»
«Gut so», fauchte ich. «Es war falsch von dir, mich hierherzubringen. Wenn sie mich zurückschicken, geschieht es dir nur recht.»
«Wenn das nur so einfach wäre», murmelte Jake und blickte in die Ferne. «Aber vielleicht kommen wir mit einem blauen Auge davon.»
«Was willst du damit
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