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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Priester drückte ihm eine silberne Krone mit Weinlaub auf den Kopf, die in seinem dunklen Haar schimmerte. In den knorrigen Händen hielt er noch eine zweite, identische Krone, die wohl für mich gedacht war. Als Pater Benedikt das Wort ergriff, dröhnte seine raue Stimme über die Menge.
    «Wir sind heute hier, um ein neues Familienmitglied zu begrüßen. Der Prinz hat sie jahrhundertelang gesucht, und wir teilen mit ihm das Glück, dass er sie endlich gefunden hat. Sie ist nicht einfach nur eine Sterbliche, die dem Glanz der Unsterblichkeit erlegen ist. Sie kommt aus einem höheren Ort – einem Ort, den wir das Königreich des Himmels nennen.»
    Man hörte, wie alle Zuschauer gleichzeitig aufkeuchten, und ich fragte mich, ob sich ihre gefolterten Gehirne überhaupt erinnern konnten, dass es so etwas wie den Himmel gab. Irgendwie konnte ich mir das nicht vorstellen.
    «Ihr werdet sie ehren», verkündete Pater Benedikt mit Inbrunst in der Stimme. «Ihr werdet ihr dienen und euch ihrem Willen beugen.»
    Wie gern wäre ich aufgesprungen und hätte seinen Erlassen widersprochen, jedem einzelnen, aber ich wusste, dass man mich bloß ruhigstellen würde.
    Pater Benedikt fuhr fort: «Ich präsentiere euch die neue Prinzessin des Dritten Zirkels, Engel Bethany!» Dann drehte er sich um und drückte mir die Krone auf den Kopf. In diesem Moment erleuchtete ein Blitz den roten Himmel und ein Aschewirbel regnete auf uns herab, dass sich die Seelen ducken und ihre Gesichter schützen mussten. Den Dämonen schien die Reaktion der Menge Spaß zu bereiten.
    Und dann war die Zeremonie plötzlich vorbei, so schnell, wie sie begonnen hatte. Der Priester stolperte vom Podium, und die Menge löste sich auf. Als wir gerade wieder ins Auto steigen wollten, drängte sich ein kleines, zerlumptes Kind mit schmutzigem Gesicht zu uns hindurch und streckte mir flehentlich die Arme entgegen. Diego bemerkte es als Erster. Er löste sich aus der Menge, packte das Kind und legte ihm seine grausamen Finger um den Hals. Mit Entsetzen sah ich, wie das Kind panisch nach Luft zu schnappen begann, bis seine Arme schlaff zur Seite fielen. Dann schien Diego das Ganze auf einmal zu langweilen, denn er warf das Kind weg wie eine zerknüllte Papiertüte. Aus dem Mund des Kindes drang ein gurgelndes Geräusch. Alle meine Instinkte drängten mich danach, ihm zu Hilfe zu eilen, aber Jake zog mich mit eisernem Griff zurück.
    «Zeig Würde!», zischte er.
    Ohne nachzudenken, trat ich ihm heftig gegen das Schienbein. Das lenkte ihn lange genug ab, dass ich zu dem Jungen eilen konnte. Ich hob den kleinen schlaffen Körper hoch, unbeeindruckt davon, dass dabei meine Schleppe durch den Dreck schleifte. Seine Augen waren geschlossen, und ich rieb ihm sanft den Staub von den ausgemergelten Wangen, legte ihm die Hand auf die Brust und versuchte, meine gesamte verbliebene heilende Energie auf ihn zu übertragen, damit die Lebenskraft, die man ihm gestohlen hatte, wieder zu ihm zurückkehrte.
    Als seine Lippen wieder Farbe bekamen und er die Augen flackernd öffnete, lächelte ich ihn beruhigend an. Erst jetzt nahm ich wahr, wie still es um mich herum geworden war und dass alle mich anstarrten. Jake stand nur ein paar Meter von mir entfernt, und auf seinem Gesicht sah ich nur eins: Entsetzen. Bevor ich irgendetwas tun konnte, legte er den Arm um mich und drängte mich herrisch zum Auto. Ich hatte mich kaum gesetzt, als ich auch schon Jakes heißen Atem an meinem Ohr spürte.
    «Tu das nie wieder!», zischte er. «Was glaubst du, wo wir hier sind? Wir sind Kinder Luzifers. Unser Zweck ist es, Schmerzen zu bereiten, nicht zu lindern.»
    «Deiner vielleicht», sagte ich kühl.
    «Hör mir zu», fauchte Jake und packte mich am Arm. «In der Hölle sind die sieben Tugenden des Himmels die sieben Sünden. Nächstenliebe ist hier ein schweres Vergehen. Nicht einmal ich kann dich noch schützen.»
    Aber ich hörte Jake schon nicht mehr. Ich war auf einmal ganz ruhig. Gerade hatte ich erfahren, dass ich die Möglichkeit hatte, in der Hölle etwas zu verändern, und bei dieser Erkenntnis begann mein gesamter Körper zu kribbeln. Ich hatte nur das getan, was mir mein Instinkt gesagt hatte, hatte Trost geboten, wo jemand Schmerzen hatte. Ich konzentrierte mich auf meine heilenden Kräfte und spürte, wie sie sich unter meiner Haut zusammenballten. Meine Flügel kitzelten, aber ich unterdrückte den Drang, sie aufzufalten. Plötzlich begann ich von innen heraus zu strahlen. Das

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