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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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zusätzlicher Oheime und Muhmen, Vettern und Basen, Neffen und Nichten sowie weiterer Verwandter – genügt das zur Vorspeise, oder soll ich bis zum Dessert fortfahren, gefolgt von Käse, Süßwein, Pralinés und Fiaker?«
    »Theobald – Otto – Herzog – Pfalz – – – «
    Halef versuchte das Gehörte zu wiederholen, doch im Königlich Bayerischen Geläuf war er ohne Orientierung.
    »Sihdi, hilf mir doch! Bist du ebenfalls von so vielen Ahnen umzingelt?«

    »Nein, Halef. In meiner Familie gibt es weder einen Ludwig noch einen Herzog.«
    »Du treibst Scherze, genau wie dieser schreckliche Mensch!«
    »Ich freue mich nur, daß du bei Herrn Hirtreiter an einen Mann geraten bist, der ebenso auf Ehre hält wie du. Keineswegs ist er ein schrecklicher Mensch. Es ist vielmehr sicher, daß ihr euch gut verstehen werdet, um so mehr, als er sich auf die Zubereitung von Gerichten versteht, mit welchen Allah den Gaumen der Gläubigen streichelt.«
    »So ist dieser Mann mit den zahllosen Namen und Titeln auch Herr über Fleisch und Suppe, Hammel und Fisch? Aber, Sihdi, meidet er das Schwein? Ist er gerecht zu seinen Dienern und Sklaven? Und selbst dann reicht er nicht im entferntesten an mich heran, einen Scheik der Haddedihn, noch nicht einmal an den geringsten Angehörigen der Schammar, meines Volkes!«
    »Halef!« mahnte ich ihn. »Vergiß nicht, daß du als mein Diener begonnen hast. Kochtest du nicht für mich, bereitetest du nicht den Tee? Versahst du nicht die Wasserpfeife, bukst du nicht Fladenbrot und Hammelhoden, striegeltest und füttertest du nicht Rih 64 , ja oder nein? Bedenke weiter, daß Allah dir einst die Gnade erwies, dich auf Pilgerschaft zu schicken, wo du zum Hadschi wurdest, dies freilich bevor du jemals den Glanz der heiligen Städte sahst. Hat angesichts eines solchen Wunders nicht auch mein Landsmann das Recht, mit seinen Verdiensten zu prahlen?«
    »Prahle ich denn, Sihdi?«
    »Du tust es, im Wilden Westen wie im fernen Arabien.«
    »Ich will doch nur, daß ich dir vertraut bin wie stets.«
    »Das bist du, Halef, ohne Einschränkungen.«
    »Aber ist dieser Mann schon an die Stätte seiner Heiligen gepilgert wie ich?«
    Da ereiferte sich Hirtreiter, der, wie ich schon bemerkt habe, ein gottesfürchtiger Mensch war, und zwar auf deutsch:

    »Herrschaft, bin i a Bayer, oder bin i a Preiß! Ich und noch nie bei meinen Heiligen gewesen? Da hört sich doch alles auf! Damit kann ja nur eine einzige Stätte gemeint sein, nämlich unser liebliches kleines Altötting. Jawohl, mein Herr aus dem Morgenlande, ich habe mich in unser bayerisches Mekka begeben, und nicht nur ein einziges Mal: Als Ministrant bin ich in der Gnadenkapelle gestanden, vor dem Bilde der Schwarzen Muttergottes, als Pastoralassistent habe ich das Gestionsprotokoll geführt und meine Hände gefaltet vor der Silberurne des Feldherrn Tilly, und die fünf Bronzeglocken der Stiftspfarrkirche habe ich schlagen hören, als ich in den Dienst bei Hofe eintrat, und meine Stimme flog in der Sankt-Magdalena-Kirche, als man mich zum Ersten Mundkoch ernannte. Das alles habe ich getan, und zwar in jener Demut, die einem Christenmenschen ansteht. Wir sind uns also gleich, mindestens!«
    Zwar zuckten bei dem Worte »Christenmenschen« Halefs Mundwinkel bedenklich, auch wußte ich, daß sein missionarischer Eifer sich jederzeit daran entzünden konnte, doch tat ich sogleich das Meine, um weiteren Zank zu vermeiden, indem ich mich zwischen die Kontrahenten stellte und sie beide an den Schultern umarmte:
    »Somit ist alles gut! Ihr steht einander in nichts nach: Halef, das Wohlgefallen Allahs und des Propheten ruhen auf dir; Herr Hirtreiter, unser Herrgott sowie die Mutter Maria blicken auf Sie. Einander die Hände gereicht und Freundschaft geschlossen!«
    »Ja, Sihdi«, sagte Halef artig, denn trotz seiner Geltungssucht war er ein guter Charakter.
    »Und Sie, Herr Hirtreiter?«
    »Meine Hand darauf, lieber Herr Hadschi Halef Omar und so weiter.«
    »Nein, Effendi, nicht und so weiter. Nenne mich nur Halef, denn wir wollen Freunde sein. Über diesen Beschluß laß uns Tschibuk schmauchen. Allah hat ihn den Menschen geschenkt, damit sie sich durch Rauch und Entspannung in Frieden verbinden.«

    Das ließ Hirtreiter sich nicht zweimal sagen. Als Bayer war ihm der Tabak gut vertraut, freilich auf eine Weise, die Halef nicht fremder sein konnte. Aus seiner Joppe nämlich zog sein neuer Freund ein silbernes Tabaksdöschen. Er entschraubte den Verschluß

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