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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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in ihren letzten Bewegungen, und sämtliche andere Indianer, neugierig auf die Reaktion ihres hochgeschätzten Gefangenen, wandten ihren Blick an die Stelle, wo Old Shatterhand dem Festakte beizuwohnen hatte. Dort saß – ich!
    Im letzten Moment war es mir gelungen, jenes Stück gestampften Boden wieder einzunehmen. Großmütig nickte ich meinen Gastgebern Lob zu – in der Tat hatte ihre Darbietung eine erhellende Wirkung auf mich gehabt.
    Dann sah ich hinüber zu Hayes. Just in diesem Moment kehrte auch er zurück, allerdings ohne Kilmer, aber ich kannte ja die Gründe für sein Ausbleiben.
    Wie am Nachmittag, bei unserem Einzuge, teilte sich die Menge der Schoschonen, denn als nächstes näherte sich dem Feuer ein Zug von Weißen. An ihrer Spitze erkannte ich zwei kleingewachsene Männer – Halef und Hirtreiter! Ihnen folgten Washburn, Doane, Langford und all die anderen, zu denen, wie ich sah, nun auch wieder Everts zählte. Eskortiert wurde der Trupp von der doppelten Anzahl Krieger; Donnerwolke hatte also strenge Vorkehrungen getroffen.
    Man geleitete die Gefangenen zu meinem Platz, wo sie sich in drei Linien um mich herumgruppieren mußten. Anders als mir hatte man ihnen die Fesseln zwar nicht abgenommen, aber so weit gelockert, daß sie gehen konnten; Füße und Beine waren ganz frei. Jedoch waren die Indianer umsichtig genug, entlang den angrenzenden Zelten eine Mauer aus Wachen zu bilden. Damit wurde mir ein weiterer Ausflug unmöglich. Ich winkte Halef und Hirtreiter zu mir, was gestattet wurde. Washburn und den anderen konnte ich nur zunicken, mehr Konversation war uns nicht möglich. Soweit ich es überblicken konnte, waren alle Personen vollzählig
bis auf eine – Alma fehlte. Ließ man sich etwa den Auftritt der Goldenen Squaw entgehen? Nur wenig hatte ich Hayes und Kilmer von ihr reden hören, aber das mußte nichts besagen. Gerade kam mir die Vermutung, daß Kilmer wohl auch den Auftrag hatte, bei der geplanten Flucht das Fräulein mitzunehmen, da schickte Halef sich an, auf mich einzureden. Mahnend legte ich meinen Zeigefinger auf die Lippen, und er verstummte, denn es nahte Donnerwolke. Für indianische Verhältnisse hatte er sich in Schale geworfen, trug ein Festtagsgewand aus gebleichtem Wapitileder sowie auf dem Schopfe einen ganzen Buschen Adlerfedern. Wie anders war dagegen Winnetou, der keines solchen Schmuckes bedurfte, um als Edelster unter seinesgleichen erkannt zu werden. Der Häuptling der Schoschonen nun brachte eine Formation mit den Weisen und Ältesten des Stammes heran.
    Einer unter ihnen fiel mir auf. Es war ein besonders gut gebauter, für einen Ältesten noch viel zu rüstig wirkender Mann. Er überragte sämtliche seiner Brüder, sogar Donnerwolke, doch sein Gang glich dem eines Greises. Manchmal schien er zu wanken, derart unsicher setzte er Fuß vor Fuß – war der Mann blind? Er trug eine angedeutete Büffelmaske, eindrucksvoller und aufwendiger gearbeitet als die der Tänzer zuvor. Sein Gesicht war mit Erdfarben horizontal in zwei Hälften geteilt, eine blutrote, eine weiße. Das flackernde Feuer tat ein übriges, daß ich seine Züge nicht ausmachen konnte. Aber ich bemerkte, daß von ihm eine Kraft ausging, die mich nicht zweifeln ließ, daß er eine geachtete Persönlichkeit war. Bei der Beratung würde sein Wort Gewicht haben.
    Als die Männer sich rund um das Feuer auf Lederhäuten und Tierfellen gelagert hatten, gebot Donnerwolke, die Flammen zu zügeln. Dies war notwendig, damit die Ratsherren einander sehen konnten.
    Ruhe kehrte ein, der Häuptling breitete die Arme aus.
    Dies war das Zeichen, daß er nun die Anklage gegen uns verkünden würde. Daß er dabei englisch sprach, mißfiel mir. Ich
selbst verstand Donnerwolkes Sprache, das Schoschone, recht gut, was er bei den anderen Gefangenen kaum voraussetzen durfte. Er wählte also das Englische, um explizit auch von ihnen verstanden zu werden – ein Akt der Einschüchterung. Daran merkte ich, daß das Urteil der Ältesten bereits feststand – eine wahrlich unvoreingenommene Jury.
    »Bismillah!« flüsterte Halef mir zu, weil auch er die Komödie durchschaute. »Dieser rote Ungläubige treibt ein Spiel mit uns. Wollen wir uns das gefallen lassen?«
    »Ein wenig noch«, flüsterte ich zurück. »Gerade so viel, daß du einmal sagen kannst, du habest einem indianischen Kadi 78 zugehört.«
    »Und wenn er uns zum Tode verurteilt, der Kadi?«
    »Dann wirst du auch erzählen können, du habest in einer

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