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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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seine Wunder selbst. Noch hatte die ewig ordnen wollende Hand des weißen Mannes an anderen Orten zu raffen, zu gieren, einzusammeln. Doch schon im nächsten Sommer konnte es geschehen, daß ein Heer von Minenarbeitern mit kreischenden Maschinen Einzug in die Idylle hielt. Bald konnten sich auf den Hügeln Schachttürme erheben. Die Zu- und Abflüsse der Gewässer würden sich von dem Abraum des Erzes rot und braun färben und jeglichem Getier das Leben unmöglich machen. Städte würden gegründet werden, Tausende von Menschen zu versorgen sein. Die Autorität würde sie in Schach halten, und in ihren Häusern würde die Mißgunst wohnen, weil die einen sich zu kurz gekommen fühlen mußten, während andere schlaflos blieben, solange nicht auch das letzte Kupfernugget in ihrem Besitz war – der Mann, der diesem Frevel Vorschub leistete, war schon auf dem Wege. Indem wir ihn bekämpften, bekämpften wir die sogenannte neue Zeit. Wir brauchten ihr nicht zu folgen, denn sie verfolgte uns, und wie der Leser längst weiß, entkamen
wir ihr nicht. Wohin waren die Tage der Sorglosigkeit, die ich früher mit Winnetou geteilt hatte? Warum fand ich keine Muße mehr, die Schönheiten zu schauen, deren eine sich mit der anderen in dieser verschwenderischen, urzeitlichen Natur abwechselte?
    Während man mich sonst gern für meine »ausufernden« Beschreibungen noch eines jeden Bächleins belächelt, für meine »unnötig genaue« Darstellung wohl einer jeden Anhöhe oder Senke, laufe ich diesmal kaum Gefahr, mich ähnlichem Tadel auszusetzen. Ich sah so vieles, aber ich erblickte nichts; ich hörte so vieles, aber ich nahm zuwenig wahr, ich schmeckte tausend Gerüche und roch doch nichts – ich verspreche, daß das Versäumnis bei anderer Gelegenheit nachgeholt wird. 86
    Wir hatten die Yellowstone Range erreicht.
    Dieser Gebirgszug ist das eigentliche Stammesgebiet der Krähenindianer, welche uns nach ihrem mühelosen Sieg über die Schoschonen folgen wollten. Er umfaßt einige Dutzend Drei- und Viertausender, die den Indianern als heilig gelten. Seine nach unseren Begriffen noch namenlosen Gipfel waren schon jetzt, Mitte September, vielfach schneebedeckt, der viele Regen hatte uns vorgewarnt: Die nächsten Niederschläge im Flachland der Range konnten ebenfalls Schnee sein. Zu Füßen dieser alpengleichen Szenerie breiteten sich zuvorderst Weiden, deren Büffelgras nach dem kurzen heißen Sommer niedergedrückt und verbrannt war. Anders die Wälder. Überwiegend bestanden sie aus ungewöhnlich hoch wachsenden Föhren- und Tannenarten. Die Dichte unserer deutschen Forste erreichen sie nicht, dafür liegen sie vollkommen unberührt da, von keinem Axtschlag in ihrem natürlichen Wachstum beeinträchtigt.
    Da verharrte mit einem Male unser vorderster Reiter. Es war der Krähenindianer, welcher uns als Führer in dem uns unbekannten Gebiet mitgegeben worden war. Schweigend wies er auf eine dünne, im Dunst bläulich schimmernde Linie: ein Gebirgsübergang,
welcher im nachhinein von Washburns Geologen Craig-Paß benannt wurde.
    Also machten wir halt und beratschlagten uns.
    Bislang hatten wir keine Spuren von Hayes gefunden. Wir kannten zwar sein Ziel, nicht jedoch seine genaue Wegstrecke; auf vielerlei Weise konnte er zu Old Faithful gelangen, ihn insbesondere vor uns erreichen. Nun wurde klar, weshalb er die Verbindung zu Donnerwolke so lange gepflegt hatte. Jahre mußte es gedauert haben, bis er letzte Gewißheit über die Erzvorkommen und ihre genaue Lage erlangt hatte; sozusagen nebenbei hatte er sich Ortskenntnisse verschafft. Doch nun hatte er, neben seiner Verfolgung, ein weiteres Problem zu lösen. Das ersehnte technische Gerät der Expedition und die zu seiner Bedienung erforderlichen Spezialisten waren ihm verloren, ohne sie konnte er die Kupferlager nicht erforschen. Des weiteren benötigte Hayes zur Ausführung seiner eigentlichen Absicht, der Vernichtung des Geysirs, die Unterstützung seiner Kumpane, wenigstens bis zu einem bestimmten Grade. Hinterher allerdings würde er kaum, wie er Kilmer verheißen hatte, mit ihnen teilen; Winnetou und ich vermuteten, daß er an irgendeinem Punkte versuchen würde, sich von ihnen zu trennen, natürlich unter einem Vorwand – oder mit Gewalt. Die Dynamitpatrone, mit der er unter den Schoschonen für Angst und Schrekken gesorgt und ihre Pferde verjagt hatte, ließ mich Böses ahnen. Mit Hilfe dieses leicht zu handhabenden Sprengstoffes konnte sich ein einzelner Mann zum

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