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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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zu erkennen.
    Es war ein kupferfarbenes, wohl makellos vernähtes Stück Kalbsleder, groß und breit und doch auch flach genug, um an eine Klinge zu denken, aber eine gewaltige. Hier endeten meine Beobachtungen; mein Forschen war zu augenfällig worden. Mit einem mokanten Lächeln, wie man es auch mir nachsagt, übrigens der ersten Gemütsregung, die ich jemals an Hayes sah, schlug dieser sein Jackett zur Seite. Ungehindert, zur Gänze sah ich darunter jenes Leder. Eine etwas klein geratene, nichtsdestoweniger todbringende Klinge von der Art einer Machete steckte darin. Ich ahnte, wie Hayes, so viel älter als ich, sich damit im Kampfe Schmetterhand und Jagdhieb ergänzte: Wer mit dem Werkzeuge eines Macheteros, wie auf Kuba die Zuckerrohrarbeiter heißen, umzugehen versteht, der verschafft sich auch beim widerständigsten Feinde Respekt. Hätte ich in diesem Moment gewußt, wie sehr diese Waffe mich noch beschäftigen und auf welch abseitige Wege sie mich noch führen würde, ich wäre sofort aufgestanden und ohne ein Wort davongegangen.
    So aber sagte ich, nein, sagten wir zugleich:
    »Guten Abend, mein Herr!«
    Auf deutsch fielen diese simplen Worte, und ein wenig prallten wir deshalb beide voreinander zurück – wie konnte der eine vom anderen wissen, daß er ein Deutscher war? Ich faßte mich, Hayes faßte sich, und ohne eine Aufforderung abzuwarten, ließ er sich einfach auf einem der Stühle nieder. Nicht mir gegenüber saß er, wie zuvor an diesem Tage Pfäffle oder Hirtreiter, nein: kühn neben mich, als wären wir Freunde oder gar Brüder, plazierte sich der Finsterling.
    Im weiteren sprachen wir nicht deutsch, sondern englisch. Auf
Grund der beschriebenen Ähnlichkeit unserer Stimmen klang das, als führte ich ein Selbstgespräch, einen mit einem Hauch Elbflorentinisch eingefärbten Monolog. Ich sagte: »Für gewöhnlich stellt man sich vor, ehe man Platz nimmt.«
    Und Hayes antwortete: »Mister, für gewöhnlich unterläßt man es, einem anderen so sehr zu ähneln, daß man dauernd Gefahr läuft, verwechselt zu werden.«
    »Ihr Lamento beruht leider auf Gegenseitigkeit. Man kann sich aber nun einmal nicht aussuchen, an welchem Kopfe die Natur ihr Werk wiederholt.«
    »Sie stimmen mir zu, Mister, daß es sich dabei um ein Meisterwerk handelt?«
    »Beziehen Sie dies bitte ganz auf sich allein. Dies in meinem Falle zu bejahen, würde bedeuten, mir Eitelkeiten zu leisten.«
    »Haben Sie so sehr Angst davor? Oder befanden Sie sich schon einmal in Konflikt mit dem Gesetz?«
    »Ich? Nicht daß ich wüßte. Ein paar Lausbubereien vielleicht, Kirschbäume, eine ungemolkene Kuh – ehrlich währt am längsten, wie es so schön heißt.«
    Hayes blickte stolz an sich herab:
    »Ich zähle gewiß die zweifache Zahl Ihrer Jahre, aber Kirschbäume und Euter sind mir fremd. Aber Sie – Sie haben so angelegentlich die Scheide meines Messers betrachtet – in dem Stahl darin befindet sich zu beiden Seiten je eine Rille. Ahnen Sie, wozu?«
    »Jedenfalls zum Abfluß von Tunke, wenn man Braten damit schneidet?«
    Hayes antwortete mit meinem Lachen:
    »Tunke, Braten? Mister, ich spreche von Blut! Andere Westmänner polstern sich den Gürtel mit Skalpen. Mir genügt der rote Saft an meinem Messer!«
    »Der rote Saft von roten Männern«, sagte ich vorwurfsvoll.
    »Ja«, lachte Hayes abermals. »Doch pflege ich hinsichtlich der Hautfarbe keine Unterschiede zu machen. Sie bleiben länger in Cheyenne?«

    »Habe es nicht vor.«
    »Daran tun Sie gut. Ich werde nämlich nicht gern verwechselt, schon gar nicht mit einem Manne, bei dem der Schneider geschlampt hat.«
    »Ich wüßte nicht, was ihm vorzuwerfen wäre.«
    »Dann suchen Sie einmal unter Ihrem eigenen Jackett!« sagte Hayes und sprang auf. »Was Ihnen zum Überleben in der Wildnis fehlt, schützt mich noch in der Zivilisation – Mister, es wird das beste sein, wir sehen uns nie wieder.«
    »Das wünscht sich niemand mehr als ich«, antwortete ich.
    Hayes, auch in dieser Beziehung ganz Deutscher, schob artig den Stuhl zurück. Ohne weiteres ging er ab und tat, was ich längst selbst hätte tun sollen, nämlich hinüber zu Washburn zu gehen. Damit war überhaupt erst der Anfang zu dem gemacht, was mir eine der spannendsten Stunden meines Lebens eintragen sollte.
    Doch zunächst wagte sich Pfäffle-Faffle wieder herbei. Mich auszufragen, schien er große Lust zu haben. Zum Tanze gehören aber wenigstens zwei, und ich tat ihm den Gefallen nicht, mich auffordern zu

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