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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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zur Tarnung ausreichen, wenn man die Gewehre damit umwickelte; schließlich war hier Licht ohnehin nicht der dominierende Faktor.
    Zumindest bis jetzt.

1 7
    Zwanzig Uhr.
    Die Halle war voll.
    Ein konstanter Bass von prähistorischer Wucht donnerte durch den gigantischen Saal, der mit einigen Tausend Menschen g e füllt war. Stroboskopblitze zuckten, Hände waren in die Höhe gereckt oder klatschten; es war ein brachiales Konzert vor dem Konzert.
    Durch den schwarzen Vorhang, der so hoch wie eine Stauma u er schien, sah man das diffuse Licht pulsierender, farbiger Spots. Die Menge wurde aufgeheizt.
    Hinter der Bühne war niemand. Die Künstler saßen noch in ihren Trailern im Backstagebereich und schlürften Kamillentee oder machten Dehnübungen, aber die computergesteuerte Stimmungsmaschinerie der Westfalenhalle Zwei lief auf vollen Touren.

1 8
    Der Talentierte hatte sich in die Gänge zurück gezogen, um sich zu sammeln.
    Er hatte versucht, sich diesmal den Weg zu merken, aber bei all diesen braunen Stahltüren und grauen Wänden war das nicht einfach.
    Und diese ganzen Plakate.
    Er hatte sich ein wenig hingehockt und eine kleine Pause eing e legt.
    Einige Zeit später, als er sich etwas ruhiger fühlte, hatte er sich eine angesteckt.
    Während er Zug um Zug die Länge seiner Davidoff reduzierte, betrachtete er versonnen ein schräg angeklebtes DJ Bobo – Konzertplakat.
    Farbige Dinge widerten ihn an.
    Alles Licht zerfaserte in Spektralfarben, und das machte die Welt bonbonbunt, wie er wusste.
    Und die Sonne war der stärkste uns bekannte Lichtgeber.
    Er riss das Plakat mit dem braungebrannten Kerl, der eine Art Pharaonenpyjama trug, von der Wand. Es war einfach alles zu bunt hier, und er war nervös.
    Dann hörte er die Stimmen.
    Er öffnete die Verbindungstür, die ihm am nächsten war, und trat in den Gang.
    Eine Gruppe von etwa zweihundert Personen flanierte an ihm vorbei.
    Die meisten trugen S chwarz.
    Angeführt wurden sie von einem Mann, der zumindest von hinten wie der Bürgermeister aussah.
    »Na bitte«, flüsterte er.
    Er wartete auf das Ende der Gruppe, und huschte dann auf weichen Sohlen hinterher.
    »Das Talent« hängte sich hinten dran.

1 9
    Die Midas-Männer hatten S tellung an den drei Flügeltüren bezogen .
    Benedikt würde die Billets in Empfang nehmen. Er war derj e nige, der später schießen würde; deswegen musste er alle Gäste in Augenschein nehmen. Die Karten waren markiert . S ein ei n ziger Anhaltspunkt, wer die Männer der Dreifaltigkeit sein würden.
    Sie hörten Schritte, verursacht von zweihundert Paar hochwe r tiger Schuhe, und nahmen Haltung an. Benedikts Hand griff an den Kragen seines Blousons. Sein Kruzifix hing ihm schon wieder vor der Brust.
    Er schüttelte den Kopf, als er dem giftigen Blick von Pferd e schwanz begegnete.
    »Scheiße … tut mir leid«, flüsterte Benedikt und zuckte mit den Achseln.
    Dann sah er die ersten schwarzen Anzüge um die Ecke biegen.
    S ie sahen alle gleich aus, wie er fand , nämlich beeindruckend wohlhabend und selbstgefällig.
    Das würde nicht einfach werden.
    Er beschloss, dass es Zeit für ein kleines Gebet wurde.
     
    Das Konzert würde jetzt gleich beginnen.
    Eine aufgezeichnete Stimme, die von wabernder, basslastiger Elektronikmusik unterlegt war, ertönte.
    »Ladies and Gentleman. Boys and Girls«, sagte sie, verstärkt über Hunderte Lautsprecher.
    Dann begann sie, die einzelnen Acts aufzuzählen, und jeder Name wurde von infernalischem Applaus begleitet. Die Scheinwerfer begannen heller zu glühen, weitere Beats setzten an.
    Ein Raunen aus unzähligen Kehlen wurde von den Wänden zurückgeworfen, verstärkte sich, schwoll an und ab.
    Es ging zur Sache.

20
    Benedikt versuchte, nicht zu lange auf die Karten zu starren.
    Er hatte bereits den gefallenen Priester ausgemacht : E in älterer, fetter Mann, der einen Smoking trug, und auf dessen Karte ein zerbrochenes Kreuz abgebildet war.
    Leicht zu merken, leicht zu treffen.
    Seine Mitstreiter machten ernste, abweisende Gesichter – die für Ordnungskräfte typische Maske.
    Wo war der B esondere, der eine Mann, der in erster Reihe stand? Er hätte längst eintreten müssen.
    Irgendetwas lief hier nicht nach Plan.
    Einige Minuten später kontrollierte er schweigend den Wuch e rer. Er trug einen ziemlich gut sitzenden und teuren Anzug. Auf seiner Karte war ein stilisiertes, römisches Goldstück a b gebildet.
    Es würde schwer werden, die R ichtigen zu treffen, wenn alle in schwarzen

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