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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Gerechtigkeit folgte und den Job kurzerhand zurückwies, konnte das meinen geschäftlichen Ruin bedeuten. Wer in dieser Branche erfolgreich sein wollte, war auf hervorragende Mund-zu-Mund-Propaganda angewiesen. Fing jemand von Marie-Luises Kaliber erst an, schlecht über mich und meine Fähigkeiten zu reden, konnte ich beruflich einpacken.
    Die Alternative war, die Zähne zusammenzubeißen, mein Rachebedürfnis zu vertagen, die Hochzeit aufs Vortrefflichste zu organisieren und einen Riesenhaufen Geld dafür zu kassieren. Und meine Trümpfe später auszuspielen. Irgendwann, wenn es passte. Man traf sich bekanntlich immer zweimal im Leben, und ich war davon überzeugt, dass das auch auf Serena und mich zutraf.
    In gewisser Weise hatte ich sie in der Hand. Ich wusste etwas von ihr, das sie vermutlich gern unter der Decke halten würde. Vor allem gegenüber ihrem Zukünftigen. Ob sie deswegen so darauf drängte, dass ich diesen fetten Auftrag bekam? Um mich zu beschwichtigen und mit einem Haufen Geld ruhig zu stellen?
    Aus schlechtem Gewissen mir gegenüber tat sie es bestimmt nicht. Wenn, dann höchstens aus Berechnung.
    Ich merkte, wie viele Unwägbarkeiten die ganze Sache mit sich brachte. Unmöglich, zur Weiterentwicklung der Angelegenheit irgendwelche zuverlässigen Prognosen abzugeben. Also gab ich es fürs Erste auf, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Stattdessen packte ich meine Siebensachen inklusive Aktenmaterial, Blumen und Laptop zusammen und trug alles nacheinander die Treppe runter zu meinem Wagen. Das Mobiliar würde ich irgendwann im Laufe der Woche noch zusammen mit Pauline oder mit meinem Vater abholen.
    Damit war mein Gastspiel als Hochzeitsplanerin im eigenen Büro fürs Erste beendet, und ich würde notgedrungen da weitermachen, wo ich auch vorher gearbeitet hatte – zu Hause. Jedenfalls so lange, wie es noch mein Zuhause war.
    *
    Als ich den Wagen vor unserem Haus abstellte, hatte ich bereits ein ungutes Gefühl. Vielleicht lag es an dem angeberisch großen BMW , der die Zufahrt blockierte. Vielleicht auch an dem dicken, roten Gesetzeswälzer und dem schwarzen Aktenkoffer, den ich im Vorbeigehen auf dem Beifahrersitz sah. Das Ganze wirkte wie eine Art bedrohliches Stillleben. Jedes Detail signalisierte Unheil.
    »Schönes Auto«, sagte Hermann Habermann. Er stand in seiner eigenen Einfahrt neben unserem Grundstück und warf dem Luxusschlitten begehrliche Blicke zu. »Gehört dem neuen Besitzer, habe ich gehört.«
    Ich wandte mich zu ihm um. Wir hatten vielleicht zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Grad, aber wie immer schwitzte Hermann, als wäre er eben in voller Montur aus der Sauna gekommen. Und dabei bestand seine volle Montur aus nichts weiter als einem labberigen, löcherigen Unterhemd, ölverschmierten Shorts und Gummisandalen. Das war seine übliche Freizeitkluft, die er immer trug, wenn er den lieben langen Tag in seiner mit dubiosen Gerätschaften voll gepfropften Garage herumwerkelte. Oder wenn er mit Dorothee in der Küche hockte und Bohneneintopf aß.
    Und das alles in einer prachtvollen alten Gründerzeitvilla, ähnlich dem Jugendstil-Juwel, das Pauline, Annabel und ich bewohnten. Absurderweise ähnelten sich unsere Verhältnisse just in diesem Punkt auf frappierende Weise: Nicht unser Nachbar Hermann Habermann war Eigentümer das Hauses – in dem Fall hätte man es ihm schon längst unterm Hintern weggepfändet –, sondern seine Oma. Die wohnte genau wie Paulines Oma im Altenheim, aber sie erfreute sich trotz ihrer fünfundneunzig Jahre guter Gesundheit. Hermann würde anders als wir drei sicher noch lange mit seiner Dorothee kostenlos hier in der Störtebekerstraße wohnen können, ohne dass das Sozialamt ihm mit Forderungsüberleitungen das Leben schwer machte. Es sei denn, er würde vorher ausziehen müssen, weil er zufällig in den Knast musste. Pauline hatte mal erwähnt, dass er schon mehrmals eingesessen hatte, hauptsächlich wegen Eigentumsdelikten, aber auch einmal wegen bewaffneten Raubüberfalls. Seitdem ging ich ihm erst recht aus dem Weg und achtete vor allem darauf, immer sorgfältig mein Auto abzuschließen.
    »Der neue Besitzer ist schon eingezogen, habe ich gehört«, fuhr Hermann fort. Der letzte Satz kam als zischendes Nuscheln heraus, weil er mit einem Schraubenzieher zwischen seinen Vorderzähnen herumpolkte, während er sprach. Hermann war ein Mensch, der bis auf seine extremen O-Beine ziemlich gewöhnlich aussah, aber trotzdem prägte sich sein Äußeres

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