Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
nötig«, erwiderte ich mit Grabesstimme.
Hinter mir öffnete sich die Küchentür und Sven trat in die Diele.
Mein Vater setzte sofort sein breitestes, unwiderstehlichstes Lächeln auf. »Guten Morgen! Sie müssen der neue Hausbesitzer sein! Ich bin Rudolph Paulsen, Brittas Vater!« Zackig streckte er Sven die Hand hin. »Erfreut, Sie endlich kennen zu lernen! Britta hat mir schon viel Gutes über Sie erzählt!«
Mit einem Ausdruck der Verblüffung auf dem Gesicht nahm Sven die dargebotene Hand.
»Sven Bruckner«, sagte er.
»Ich weiß«, behauptete mein Vater strahlend.
Er ignorierte meine mörderischen Blicken und deutete launig ins Wohnzimmer, wo die Handwerker soeben mit dröhnenden Hammerschlägen Dübel in die Wand trieben. »Da geht es ganz schön rund, wie?«
Sven nickte. »Kaum vorstellbar, dass hier nächste Woche eine Anwaltskanzlei rein soll, nicht wahr?«
Mein Vater kriegte einen Hustenanfall.
»Hast du dich verschluckt?« Ich trat neben ihn und klopfte ihm auf den Rücken, so hart ich konnte. »Er ist ein Organ der Rechtspflege. Vielleicht gehst du lieber wieder«, zischte ich ihm unauffällig ins Ohr, während ich Sven mit lammfrommem Lächeln bedachte.
»Kommt nicht infrage«, flüsterte mein Vater, ebenso leise und mit demselben falschen Grinsen wie ich. »Ich bin in Lebensgefahr, wenn ich das tue.«
Gegen meinen Willen erschrak ich. Mein Vater war immer schon der größte Angeber vor dem Herrn gewesen, er neigte zu maßlosen Übertreibungen. Aber immer nur, was die positiven Aspekte seiner Geschäfte betraf, niemals in der anderen Richtung. Sein letzter Satz kündete folglich eindeutig vom Ernst seiner Situation.
Unterdessen hatte Sven die Koffer bemerkt. Sein Gesicht war eine einzige Frage, was meinem Vater nicht entging.
»Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, sagte er. »Pauline sagte, es ginge klar, sonst hätte ich mich woanders einquartiert.«
Da Sven immer noch ziemlich verständnislos dreinschaute, setzte mein Vater eilig hinzu: »Mein Haus wird saniert, also wollte ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und Britta ein paar Tage besuchen. Ich habe sonst so furchtbar wenig von meiner Tochter.«
»Das ist Ansichtssache«, sagte ich. Bevor ich erläutern konnte, was ich damit meinte – zum Beispiel hätte ich erwähnen können, dass ich mindestens einmal die Woche bei ihm vorbeischaute –, brach mein Vater in Gelächter aus, ganz so, als hätte ich einen hervorragenden Witz gemacht.
Sven schaute auf seine Armbanduhr. »Ich fürchte, ich muss los. Termine.«
»Du hast nichts dagegen?«, fragte ich irritiert.
Er musterte mich erstaunt. »Was meinst du?«
»Na das hier.« Ich deutete auf die Koffer.
Sven runzelte die Stirn. »Ich bitte dich. Er ist dein Vater.«
Fehlte noch, dass er hinzufügte Mi casa es su casa oder Ähnliches, das mein Vater problemlos zu seinen Gunsten hätte auslegen können.
Mein Vater verfolgte mit hochgezogenen Brauen, wie Sven seinen Aktenkoffer nahm und zur Haustür ging.
Sven lächelte mich an. »Bis später dann. Essen wir wieder zusammen zu Abend?«
»Gerne«, sagte ich überrumpelt und seltsam atemlos.
Er nickte meinem Vater freundlich zu, dann war er draußen.
»Ein bemerkenswert gut aussehender, junger Mann. Er hat das Haus hier gekauft? Muss ein wirklich hervorragend situierter Typ sein.«
»Wenn du versuchst, ihn anzupumpen, lernst du mich von einer anderen Seite kennen!«
Mein Vater lachte und kniff mich in die Wange. »Meine kleine Kratzbürste! So warst du schon als Kind! Immer heftig gefaucht, wenn dir was gegen den Strich ging, aber wenn man dich gestreichelt hat, warst du sanft wie ein Lämmchen!« Als ich einen Schritt zurückwich, wurde er ernst. »Was ist eigentlich passiert?«, fragte er.
»Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
»Lüg deinen alten Vater nicht an!«
»Vielleicht sollte mein alter Vater erst mal aufhören, mich anzulügen!«
» Touché. Ich verspreche es.« Er sagte es in einem Ton, den man um ein Haar für reuevoll hätte halten können, wenn da nicht dieses unverbesserliche Funkeln in seinen Augen gestanden hätte. »Und jetzt erzähl mir endlich, was los ist. Wieso bist du noch hier? Ich war bei Thomas, weil ich dachte, dass du zu ihm gezogen bist. Wieso hast du deine Pläne geändert?«
»War er zu Hause?«, fragte ich anstelle einer Antwort unbehaglich.
Mein Vater nickte abfällig. »Ja, er sagte, ihr hättet euch getrennt, aber er wolle nicht drüber reden. Wenn ich es genauer wissen
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