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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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wolle, müsse ich dich selber fragen.« Er zuckte die Schultern. »Hier bin ich. Und frage dich.«
    »Ich möchte nicht drüber reden.«
    Er seufzte. »Das respektiere ich. Wohin soll ich meine Koffer bringen?«
    Ich war versucht, ihn mit seinem Kram in den Keller zu verbannen, aber dann sah ich den Ausdruck in seinen Augen, und ich erkannte hinter seiner zur Schau getragenen Zuversicht, wie kläglich er sich tatsächlich fühlte. Einen Moment lang verspürte ich das Bedürfnis, ihn in den Arm zu nehmen und ihm zu versichern, dass alles gut werden würde, fast so, als wäre er das Kind und ich die Mutter. Aber dann dachte ich an Stan und Olli, die jetzt in meinem Elternhaus hockten und womöglich sonst was damit anstellten. Vielleicht soffen sie Wodka aus Flaschen, so wie Dorothee, nur dass sie nach altrussischer Sitte die leeren Buddeln über die Schulter schmissen, und zwar mangels Kamin direkt gegen die Wand.
    Während ich mit meinem Vater nach oben ging, überlegte ich, Pauline von dem ganzen Vorfall zu informieren. Wozu war sie bei der Polizei? Doch dann schlug ich mir diese Idee gleich wieder aus dem Kopf. Kein Mensch wusste wirklich, wie gefährlich diese Burschen waren. Mein Vater, der normalerweise nicht gerade ein furchtsamer Mensch war, schien ziemlich Manschetten vor den beiden zu haben. Wenn ich Pauline da mit reinzog, konnte das ungeahnte Konsequenzen haben. Womöglich würde sie versuchen, die beiden kurzerhand dort rauszuschmeißen, schon allein meinem Vater zuliebe. Ich hatte nicht das Recht, sie in Gefahr zu bringen. Ganz zu schweigen davon, dass irgendetwas in mir sich dagegen sträubte, meinen Vater auf diese Weise vor ihr zu entlarven. Bei näherem Hinsehen war es verrückt, ihn in diesem Punkt schonen zu wollen. Es wäre nur angebracht gewesen, Pauline reinen Wein einzuschenken, was seine Machenschaften betraf. Aber im Moment wollte ich es nicht. Der Himmel mochte wissen, warum.
    Stattdessen beschloss ich, meine Zelte in ihrem Zimmer aufzuschlagen, solange mein Vater hier logierte. Wenn sie ihm schon so großzügig ein Bleiberecht gewährte, musste sie auch die Konsequenzen mittragen. Irgendwo musste ich ja schlafen. Im Erdgeschoss war das nicht möglich, weil da gebaut wurde und ab nächste Woche Mandanten ein- und ausgehen würden, und im Dachgeschoss war Sven dabei, sich häuslich einzurichten. Blieben also nur entweder Paulines oder Annabels Zimmer.
    Ich war bereits mit einem Arm voll Klamotten auf dem Weg in Paulines Zimmer, aber als ich vor ihrer Tür ankam, disponierte ich um, machte auf dem Absatz kehrt und brachte mein Zeug stattdessen bei Annabel unter. Es wäre Pauline recht geschehen, ihr Zimmer mit mir teilen zu müssen, aber ihre Dienstzeiten waren dermaßen unmöglich, dass ich keine Lust hatte, diesen Nachteil auch noch in Kauf zu nehmen. Sie hatte Nachtschichten, Frühschichten und Nachmittagsschichten und entsprechend unregelmäßige Schlafgewohnheiten, ganz abgesehen davon, dass sie manchmal mitten in der Nacht zu einem Einsatz gerufen wurde, wenn sie Bereitschaftsdienst hatte. Davon wurde ich sogar manchmal wach, auch ohne mit ihr in einem Zimmer zu schlafen.
    Nein danke. Meine Nächte waren momentan auch so schon unruhig genug, also würde ich bis auf weiteres bei Annabel Unterschlupf finden. Sie hatte ein Sofa, das man zum Bett ausklappen konnte, viel mehr brauchte ich nicht an Komfort. Ich befürchtete nicht, dass sie etwas gegen dieses Arrangement einwenden könnte, im Gegenteil. Annabel hatte es schon von jeher toll gefunden, wenn Leute mit ihr im selben Zimmer übernachteten. Schon während unserer Schulzeit hatten wir unzählige Pyjamapartys bei ihr gefeiert, viel mehr als woanders.
    »Übrigens, im Badezimmer gibt es keinen Schlüssel«, sagte ich, während ich einen Wäschekorb mit Handtüchern, Nachthemden, Jeans und Socken an meinem Vater vorbeischleppte. »Du musst also anklopfen, bevor du reingehst.«
    »Kein Problem, mein Schatz.«
    Auch das war Ansichtssache. Auf lange Sicht war das Ganze natürlich keine Lösung. Ich dachte gar nicht daran, das mehr als eine oder zwei Wochen mitzumachen. Bis dahin musste ich zwei Dinge erledigen: erstens, eine neue Bleibe für mich, Pauline und Annabel suchen, und zweitens, irgendwie dafür sorgen, dass die Russen aus meinem Haus verschwanden, damit mein Vater wieder reinkonnte.
    Den ersten Punkt sah ich nicht als grundsätzliches Problem an. Jetzt, da wir nicht mehr so unter Zeitdruck standen und in Ruhe Ausschau halten

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