Hände weg von Zeitmaschinen
Er entschlüsselt solch einen Unsinn. Sic semper tyrannis. Avaunt!«
»Aber wenn jeder solche Träume hat, dann können sie doch nicht schlecht sein, oder?«
»God damn! Im vierzehnten Jahrhundert hatte jeder Läuse. War das gut? Nein, mein junger Freund, solche Träume sind für Kinder. Zu viele Erwachsene sind immer noch Kinder. Ihr, die Künstler, müßt sie dazu anleiten, erwachsen zu werden, so wie ich dich dazu angeleitet habe. Ich habe dich errettet; jetzt rette du die anderen.«
»Warum haben Sie das getan?«
»Weil ich Vertrauen in dich setze. Sic vos non vobis. Es wird dir nicht leichtfallen. Der Weg ist lang, hart und einsam.«
»Ich glaube, ich müßte mich dankbar fühlen«, murmelte Halsyon, »aber ich fühle mich… nun… leer. Betrogen.«
»O ja, god damn. Jeez, wenn du lange genug mit einem großen Geschwür lebst, wirst du es vermissen, wenn es entfernt worden ist. Du hast dich hinter solch einem Geschwür versteckt, und ich habe dich einer sicheren Zuflucht beraubt. Ergo fühlst du dich betrogen. Warte! Du wirst dich noch viel betrogener fühlen. Ich habe dir gesagt, daß du einen Preis dafür zahlen mußt. Und du hast ihn bezahlt. Schau!« Mr. Aquila hielt einen kleinen Toilettenspiegel hoch. Halsyon blickte hinein, starrte immer wieder auf das Glas. Ein fünfzig Jahre altes Gesicht starrte zurück, mit tiefen Linien und eindrucksvollen, aber harten Konturen. Halsyon sprang auf die Füße. »Immer mit der Ruhe«, riet Mr. Aquila. »So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Es ist besser, als es scheint. Dein Alter ist immer noch dreiunddreißig, genau wie das deines Körpers. Du hast nichts von deinem Leben verloren… nur deine gesamte Jugend. Was hast du eigentlich verloren? Ein hübsches Gesicht, mit dem du junge Mädchen scharf machen konntest? Bist du deshalb so erzürnt?«
»Himmel!« schrie Halsyon.
»Schon gut. Immer mit der Ruhe, mein Junge. Hier stehst du also, reingewaschen, desillusioniert, unglücklich, verwirrt, mit einem Fuß auf der Straße zur geistigen Reife. Wäre es dir lieber, wenn das alles nicht geschehen wäre? Si. Ich kann es vollbringen. Das alles kann niemals stattgefunden haben. Lost forever. Zehn Sekunden deiner Flucht. Du kannst dein hübsches, junges Gesicht zurückbekommen. Ich kann dich wieder dem Wahnsinn übergeben. Du kannst zum sicheren Geschwür des Mutterleibes zurückkehren, wieder zum Kind werden. Willst du das?«
»Das können Sie ja doch nicht vollbringen.«
»Sauve qui peut, mein Schweinepfötchen. Ich kann es. Das Fünfzehntausend-Ångström-Band hat kein Ende.«
»Verflucht seien Sie! Sind Sie Satan? Luzifer? Nur der Teufel kann derartige Kräfte haben.«
»Oder ein Engel, mein Lieber.«
»Sie sehen nicht wie ein Engel aus. Eher wie der Teufel.«
»Ah! Ha! Aber Satan war ein Engel, bevor er verstoßen wurde. Er hat viele Verwandte im Himmel. Sicher sind manche dieser Familienbindungen noch recht eng. God damn.« Mr. Aquila hörte auf zu lachen. Er lehnte sich gegen den Schreibtisch, und das Leben schien aus seinem Gesicht zu weichen. Nur die Verbitterung blieb zurück. »Soll ich dir sagen, wer ich bin, mein Hühnchen? Soll ich dir erklären, weshalb ein ehrlicher Blick dieser Augen dich völlig aus der Bahn geworfen hat?« Unfähig zu sprechen, nickte Halsyon nur.
»Ich bin ein Schurke, ein schwarzes Schaf, ein Taugenichts. Man hat mich hierhergeschickt. Ja, god damn! Ich bin ein Botengänger.« Mr. Aquilas Augen wurden zu Wunden. »Nach deinen Wertmaßstäben bin ich ein mächtiger Mann mit unbegrenzten Möglichkeiten. Wie der Mann, der von Europa nach Tahiti geschickt wurde, den dortigen Eingeborenen vorkam. Ja… So komme ich euch vor, wenn ich die Strände der Sterne durchkämme, um ein wenig Vergnügen, ein wenig Hoffnung, ein wenig Spaß zu bekommen – während der einsamen Jahre meines Exils…«
»Ich bin schlecht«, sagte Mr. Aquila verzweifelt. »Ich bin durch und durch verfault. In meiner Heimat gibt es niemanden, der mich aufnehmen würde. Die bezahlen mich, damit ich mich von ihnen fernhalte. Und dann gibt es Momente, in denen ich mich vergesse, wenn Elend und Verzweiflung meine Augen füllen und diese Schrecken in euren unschuldigen Seelen verbreiten. Nun?« Halsyon nickte erneut.
»Glaube mir. Es war das Kind in Solon Aquila, das ihn zerstörte und ihn in das Elend führte, das sein Leben vernichtete. Oui. Ich leide ebenfalls an kindlichen Vorstellungen, denen ich nicht entkommen kann. Begehe nicht den gleichen Fehler!
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