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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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Irgendwas musste ja passiert sein, dass sie jetzt mit der Wahrheit rausrückte – zumindest bei mir. Tatsächlich, da lag ich richtig.
    »Gestern Abend hat er geschrieben, dass er mich endlich treffen möchte und dass er mich so süß findet.«
    »Ach.« Wir schwiegen. Ich war immer noch perplex, aber auch zusehends neugieriger.
    »Und, äh, wie sieht er so aus?«
    »Gib mir mal deinen Laptop.« Da er meistens in der Küche stand, schob ich ihn rüber. Sie loggte sich ein und präsentierte mir ihren Henning.
    »Aha. Du weißt aber schon, dass der aussieht wie Brad Pitt, oder?«, sagte ich neiderfüllt.
    Sollte sie jemals mit diesem Typen zusammenkommen, musste ich mir ganz dringend ein Autogramm von ihm sichern. Er war das absolute Brad-Pitt-Double. Also, eher Brad mit vierunddreißig, als er noch kein Dutzend Kinder mit Angelina Jolie hatte.
    Und der flirtete auch noch mit Lilly und war lieb und lustig?
    Das waren schon mal drei Pluspunkte, die Holger nicht vorzuweisen hatte. Vom Aussehen ganz zu schweigen.
    Lillys Blick wurde ganz sanft, verliebt klickte sie ein Foto auf groß. Wenn ich nicht aufpasste, richtete sie mir das noch als Hintergrundbild ein. Das wäre allerdings nicht schlimm, er gefiel mir wirklich.
    Ich wusste nur nicht, ob mir die Sache auch unter den Umständen noch gefiel, dass sie verheiratet war.
    »Und er weiß, dass du verheiratet bist?«
    Sie erwiderte nichts. Nein! Das hatte sie ihm verschwiegen?
    »Lilly! Das kannst du doch nicht machen! Du musst ihm das erzählen! Vielleicht ist er ja auch verheiratet! Du weißt doch im Grunde gar nichts über den!«
    Lilly schwieg weiter. Ich kam im Moment nicht an sie ran. Wahrscheinlich erzählte ich ihr aber auch nichts Neues. Es war verzwickt. Ich seufzte.
    »Und hast du ihm auch Fotos geschickt?«
    »Nein. Ich hab mich nicht getraut.«
    Obwohl Lilly meiner Meinung nach phänomenal gut aussah (außer heute Abend), hatte sie das Problem, dass sie sich überhaupt nicht leiden konnte. »Ich meine … Könntest du vielleicht?« Damit gab sie mir ihr Handy. Ach so, ich sollte ein Foto machen, auf dem sie wunderschön aussah – nur deshalb erzählte sie mir von Henning?
    »Ich hab’s dir nicht erzählt, weil ich nicht wusste, was es eigentlich ist. Erst war es nicht so wichtig. Und jetzt … kann ich es erstens nicht mehr für mich behalten, und außerdem brauche ich eine Verbündete. Verstehst du?«
    Na klar verstand ich das. Und ich war auch nicht sauer. Natürlich würde ich ein paar Fotos von ihr machen. Aber im Moment war sie zu verheult, um wunderschön zu sein. Aber wie brachte ich das jetzt taktvoll rüber?
    »Ähm … Willst du dich noch frisch machen? Oder schminken?«
    Sie sah mich verständnislos an.
    »Du siehst ziemlich schrecklich aus«, gestand ich. »Müde. Kaputt. Und verheult.«
    Sophie, dein Zweitname ist Holzhammer. Aber es nützte nun mal nichts. So wie sie jetzt aussah, würde sie bei Henning keinen Blumentopf gewinnen. Das war mal klar. Von wegen innere Werte. Das glaubte ich so wenig wie das Märchen vom Weihnachtsmann.
    Abgesehen davon musste ihre Beziehung mit Holger doch brüchiger sein, als ich geahnt hatte, wenn sie sich auf so eine Internetaffäre einließ. Oder war das nur ein Spiel für sie, weil sie sich in der Ehe langweilte? Wie tief ihre Gefühle für Holger waren, konnte ich ja nicht wissen. Aber ich wunderte mich doch.
    Am Anfang ihrer Beziehung war Lilly so dermaßen verliebt gewesen, dass sie für Holger aus dem tiefsten Bayern hierher in den Norden gezogen war. Einen Dialekt hatte sie dank ihrer hochdeutschsprachigen Eltern nicht, sie würde glatt als  nordisch by nature  durchgehen. Ansonsten hätten wir auch erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten. Wer wusste schon, dass das, was dort Blaukraut hieß, schlicht Rotkohl war? Und wer konnte Leberkäse essen, ohne sich zu übergeben? Ich nicht.
    Wie auch immer, sie hatte sich im Hamburger Speckgürtel gut assimiliert, und auf Fußball, insbesondere den  FC  St. Pauli hatte sie schon immer gestanden. Das hatte ihr das Leben in der Nähe von Passau auch nicht gerade erleichtert. Sie wollte immer in den Norden. Sie liebte die Schiffe, das Meer und den Hafen, und als sie Holger, der auf Geschäftsreise in Passau war, in dem Blumenladen, in dem sie arbeitete, kennenlernte, funkte es zwischen den beiden. Kurzerhand hatte er ihr einen Tag später einen Heiratsantrag gemacht und sie in den Norden geholt. Okay, sie wohnte nun nicht direkt am Hamburger Hafen, aber

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