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Härtling, Peter

Härtling, Peter

Titel: Härtling, Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hölderlin
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Gelegenheit Reime schmiedend, denen er Unsterblichkeit beimaß.
    Mit dem sitzt Hölderlin bei Tisch.
    Läßt sich Gedichte vorlesen.
    Läßt sich gönnerhaft behandeln.
    Ich hoffe doch auf eine Widmung von Ihnen, Herr Hölderlin, wie freue ich mich, einen lyrischen Menschen bei mir zu haben.
    Läßt sich auf das alberne Spiel ein, preist die Reimereien seines Gönners: Sie sollten unbedingt mit Ihrem Lehrgedicht beginnen, nur darf es nicht zu moralisch werden, Herr Gerning, Sie verstehen mich.
    Wie sollte ich Sie nicht verstehen.
    Nicht zu moralisch, wie ich schon sagte.
    Aber nein. Ich werde mich bemühen, Ihrer Anregung zu folgen, Herr Hölderlin.
    Es könnte Ihnen behilflich sein.
    Ich bin sicher.
    Denn die guten Gedanken kommen nicht von allein, und Moral schädigt im allgemeinen.
    Ja, so könnte man es ausdrücken.
    Nicht wahr, Sie haben mich verstanden, Herr Gerning? Manchmal, wenn er in die Bibliothek geht, sich freut, als Herr Hofbibliothekar begrüßt zu werden, sich an den für ihn bestimmten Tisch setzt, die Hände flach auf die Platte legt, eine Weile still sitzen bleibt, kommt die Prinzessin Auguste vorüber, wagt es nicht, ihn anzusprechen, und er erzählt Sinclair danach von einer lieben Frauensperson, an die er sich von einst erinnere.
    Du meinst die Prinzessin Auguste?
    Sie hat mir geschrieben, Isaac.

    Fortwährend behelligen sie ihn mit Neuigkeiten.
    Warum willst du nach Paris, Isaac? Was willst du dort?
    Willst du dich dem Kaiser unterwerfen?
    Er müsse den Landgrafen bei der Krönung vertreten.
    Geh nicht!
    Es ist meine Aufgabe, Hölder!
    Ich bitte dich, geh nicht!
    Mama wird sich um dich kümmern.
    Von nun an sind es Stimmen, seine inneren Stimmen, die ihm folgen, die ihn verfolgen, und die Stimmen anderer, die er nicht mehr auseinanderhält.
    Ich handle, sagt er zu Calame, gewissermaßen im Auftrag, und meine Tätigkeiten dürfen Sie nicht betrüben, mein Herr.
    Mit Frau von Proeck geht er höflich um, nennt sie einige Male die »zartfühlende Vertreterin meines Freundes«. Ihm fällt ein, daß es für seine Reputation als Hofbibliothekar nützlich sei, der Prinzessin den Sophokles zu widmen. Es sei wichtig, schreibt er ihr, die antiken und die gegenwärtigen Zustände aufmerksam zu vergleichen.
    Können Sie mir sagen, ob wir den Kaiser schon haben? fragt er in dem übertrieben höflichen Ton, den er jetzt anschlägt, Sinclairs Mutter.
    Noch nicht, Herr Hölderlin. Napoleon soll am 2. Dezember gekrönt werden.
    Ist das die bekannte Neuigkeit?
    Ja, so hört man.
    Und wie lauten die Nachrichten aus der Republik?
    Ich kann es Ihnen nicht sagen.
    Ich verstehe durchaus.
    Über Frau von Proeck erfahren der Landgraf und Prinzessin Auguste, wie es Hölderlin geht, was er schätzt, wogegen er sich wehrt. Als Auguste hört, daß Musik für ihn das beste Heilmittel sei, stellt sie ihm ein Klavier zur Verfügung, und der Landgraf schenkt ihm eine Virgil-Ausgabe.
    Hölderlin trägt Frau von Proeck auf, dem Landgrafen und der Prinzessin seine tiefste Verehrung auszurichten. Er wolle, zum Dank, über Fürsten im besonderen schreiben. Ich habe mir die schönsten Verse ausgedacht. »Vatersegen aber bauet / Den Kindern Häuser, aber zu singen …«
    Johanna drängt ihn, öfter zu schreiben, ihr genüge dieser eine Brief nicht, der ihre »Sehnsucht zu wenig befriedigt«.
    Endlich, im Januar, kehrt Sinclair heim. Er bringt nichts mit als Stimmen, furchtbares Gewisper und Angst.
    Komm, laß uns spazierengehen, Hölder, wie früher.
    Aber nicht nach Frankfurt, dort, wo ich die Pappeln sehen könnte.
    Auf einem der Taunushügel fängt Hölderlin an, von der Teck, vom Neuffen, von der Achalm zu schwärmen, die ihm unersetzlich geworden seien, da er eine Ansicht von Landschaft gewonnen habe, die nicht mehr nach Vergleichen suche.
    Die Gerüchte über Sinclairs Schwierigkeiten erreichen ihn bruchstückhaft, denn Sinclair verschweigt ihm, um ihn zu schonen, vorerst die Affäre.
    Man sagt, Sinclair habe mit Blankenstein gebrochen.
    Es heißt, Blankenstein habe Sinclair bei dem Kurfürsten von Württemberg wegen Verschwörung angezeigt. Man sagt, Sinclair habe Unterschlagungen begangen.
    Sagt man? Sagt man?
    Woher soll man denn so viele Republikaner nehmen bei so vielen Fürsten? Er schreit, schlägt auf das Klavier, weigert sich, Sinclair, den Calame in höchster Aufregung gerufen hat, zu sehen.
    Er wird still. Er lauscht. Sinclair bittet ihn, zu öffnen, es rührt sich nichts.
    Frau von Proeck wird sich Ihrer annehmen,

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