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Härtling, Peter

Härtling, Peter

Titel: Härtling, Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hölderlin
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sagt Calame vor der Tür.
    Vielleicht meinen die Verfolger ihn und gar nicht Sinclair. Nein, es gibt keine Jakobiner mehr, seitdem die Republik ihren Kaiser hat, Württemberg seinen Kurfürsten, Homburg seinen Landgrafen, viele haben von einer Republik geträumt, es ist wahr, er könnte es bezeugen, doch er wird es nicht tun, nein, denn mit den Jakobinern hat er nichts gemein, man muß es verschweigen; er reißt die Tür auf, stößt den verstört wachenden Calame zur Seite, rennt auf die Gasse, brüllt: Ich will kein Jakobiner sein! Ich will kein Jakobiner sein! Vive le roi.
    Passanten helfen Calame, Hölderlin ins Haus zu zerren. Er wehrt sich, schreit weiter. Was ist aus ihm geworden, sagt Frau von Proeck, die gemeinsam mit Madame Calame dem Erschöpften Tücher auf Brust und Stirn legt. Was haben sie aus ihm gemacht.
    Was mit Sinclair geschieht, wird er nie genau erfahren, für ihn verkürzt es sich zu einer undeutlichen Drohung.
    Überall werden sie ihm auflauern, er ist sich dessen sicher.
    Blankenstein, voller Zorn, daß ihm Sinclair die Geschäfte zu verderben trachtete, hatte seinen Förderer tatsächlich beim Kurfürsten Friedrich angezeigt. Er habe keinen Zweifel, so hatte er seine Denunziation begründet, »daß Sinclair und Baz durch eine Verwirrung in Schwaben ein allgemeines Feuer anzufachen glauben und daß man bey einer Staatsumwälzung daselbst nicht stehengeblieben wäre …«
    Der Kurfürst schickt seinen Minister Wintzingerode nach Frankfurt, um mit dem Landgrafen über die Auslieferung zu verhandeln. Sicher ist es dem Landgrafen schwergefallen nachzugeben, doch Wintzingerode argumentierte geschickt, setzte den Fürsten unter Druck, holte sich die Genehmigung ein, Sinclair sofort verhaften zu lassen und nach Württemberg auszuliefern. Das geschah. In der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1805 holte man Sinclair aus dem Haus, versiegelte seine Privatpapiere und nahm sie mit. Seiner Mutter soll Sinclair beim Abschied beteuert haben: Unschuldig bin ich zwar, aber ich war doch sehr leichtsinnig. Hölderlins Name wurde schon von Blankenstein genannt: »Sein Cammerad, Friderich Hölderlin von Nürtingen, der von der ganzen Sache ebenfalls unterrichtet war, ist in eine Art Wahnsinn verfallen …«, und deshalb handeln sie über Hölderlins Kopf hinweg, sparen ihn aus, ziehen jedoch, mißtrauisch, Erkundigungen über den verrückten Mitverschworenen ein. Die unter dem Vorsitz des Staatsministers Wintzingerode nachforschende Untersuchungskommission erhält vom Consistorium wie vom Nürtinger Bürgermeister Volz Auskünfte, die eine Verschonung Hölderlins nahelegen. Nach der Beurteilung des Consistoriums habe Hölderlin »während seines Laufs durch die Clöster immer eine untadelhafte Aufführung gehabt. Bei seinen guten Gaben und Fleiß seyen seine Studien vorzüglich beschaffen; nur sey zu bedauren, daß die sehr kranke Thätigkeit seiner Phantasie bald seine Haupt Bestimmung entrükt habe, so daß er bei Kirchen Geschäften, und auf Vikariaten nicht habe gebraucht werden können«. Volz schreibt von einer traurigen »Gemüthskranken Lage« und dem großmütigen Handeln des Justizrats Sinclair, der sich die Mühe gegeben habe, »ihn durch Anstellung als Bibliothekar in Homburg in eine glücklichere Lage zu versezen und deßen Geist wieder in die vorige gute Richtung zu bringen …« Wintzingerode gibt sich mit diesen Auskünften nicht zufrieden. Die rächende Gründlichkeit will ihren Tribut. Der Ausschuß fordert Homburg auf, ein ärztliches Attest über den Zustand Hölderlins beizubringen. So bedrängt, gibt der Landgraf nach. Doktor Müller, der Hölderlin bereits beim ersten Homburger Aufenthalt untersucht hatte, diagnostiziert derart anschaulich, daß es die Stuttgarter aufgeben, dem Verdacht weiter zu folgen. »Wie erschrake ich … als ich den armen Menschen so sehr zerrüttet fande, kein vernünftiges Wort war mit ihm zu sprechen, und er ohnausgesetzt in der heftigsten Bewegung. Meine Besuche wiederholte ich einigemal fande den Kranken aber jedesmal schlimmer, und seine Reden unverständlicher, Und nun ist er, so weit daß sein Wahnsinn in Raserey übergegangen ist, und daß man sein Reden, daß halb deutsch, halb griechisch und halb Lateinisch zu lauten scheinet, schlechterdings nicht mehr versteht.«
    Angeklagt bleiben Sinclair, Baz, Seckendorf und der Jurist Jakob Friedrich Weishaar, den Sinclair vom Studium her kannte. Die Verhandlungen finden erst in Ludwigsburg statt, danach auf dem

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