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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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will, mit allem, was das bedeutet, ist einfach lächerlich!«
    Aus dem Toaster hüpften zwei Scheiben Brot heraus, Emma nahm eine und bestrich sie mit Butter und Marmelade. Annika lächelte und nahm die andere Scheibe.
    »Nein, es geht hier um Macht. Er will uns Angst machen!«
    Sie wandte sich an Emma.
    »Emma, bitte erzähl Julia nichts davon. Ich glaube, wir sollten Carls Schikanen so lange wie möglich vor ihr verschweigen.«
    Emma nickte und legte das halb gegessene Brot auf den Tisch. Annika schaute in ihre Kaffeetasse, das Brot hatte sie nicht angerührt.
    Als Emma am Morgen des Heiligen Abends erwachte, war der Kummerkloß in ihrem Bauch zu einem Stein geworden. Es war ein eigenartiges Gefühl, und es stand in scharfem Kontrast zu Annikas Bemühungen, zumindest annähernd so etwas wie Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Während der Nacht hatte sie alle Kerzen hervorgeholt, die sie finden konnte, und am Morgen badete die Wohnung im Kerzenschein. Vom Plattenspieler sang Elvis mit vibrierender Stimme, dass er sich eine weiße Weihnacht wünschte, in der Küche warteten Safrangebäck, Milchreis und Kakao mit Schlagsahne. Annika musste die halbe Nacht auf gewesen sein, um alles zu richten.
    Erstaunlicherweise waren ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt, die Weihnachtsstimmung verbreitete sich in der Wohnung, und wenn Emma nicht den Stein im Bauch gehabt hätte, dann hätte sie liebend gerne mit Julia, Gisela und Erik Weihnachten gefeiert. Aber der Stein war da und erinnerte sie daran, dass nichts so war, wie es sein sollte. Er rieb, sobald sie sich bewegte, sie konnte ihn nicht ignorieren.
    Julia saß schon mit Erik am Küchentisch und tunkte ihr Safranbrötchen in den Kakao. Sie lächelte Emma an, die erwiderte das Lächeln und hoffte, dass es nicht allzu dünn war. Da konnte man sich nie sicher sein.
    »Frohe Weihnachten!«
    Annika umarmte sie fest.
    Sie saßen alle zusammen um den Tisch, er herrschte eine Art müde Feierlichkeit, allen war ein wenig schwindlig, das kam vom Sauerstoffmangel wegen der vielen Kerzen. Eine knittrige Gesellschaft, die sich mühte, etwas zu essen, obwohl niemand Appetit hatte, und Weihnachtsstimmung zu spielen.
    Sie feierten sonst immer sehr ruhige Weihnachten, oft waren es nur Emma, Annika und Großmutter Elin. Manchmal war Mattias dabei gewesen, aber in den letzten Jahren war er meistens im Ausland gewesen und hatte über Weihnachten gearbeitet. So war es auch dieses Jahr, in letzter Sekunde hatte er angerufen und gesagt, er würde es nicht schaffen. Emma hatte kurz mit ihm gesprochen, die Telefonverbindung von Bolivien war sehr schlecht. Emma war es gerade recht, es würde sowieso ein Scheißweihnachten werden, das eigentlich niemand feiern wollte.
    Großmutter Elin kam zum Mittagessen, sie war beladen mit Geschenken und hausgemachter Pastete. Annika hatte ihr gesagt, dass Freunde, die Probleme hatten, vorübergehend bei ihnen wohnten. Mehr hatte sie nicht gesagt, sie wollte Elin die ekelhaften Details ersparen. Ihre Beziehung hatte noch nie aus Gesprächen bestanden, weder intellektuellen noch psychologischen. Elin engagierte sich nicht in Politik oder Kultur. Und sie interessierte sich nicht sonderlich für philosophische Fragen. Sie war allerdings immer für Annika da gewesen, und dafür war die ihr ewig dankbar.
    So war es auch dieses Mal gewesen, Elin hatte keine weiteren Fragen gestellt, sondern nur gesagt, es sei doch nett mit anderen Gästen, und noch drei Geschenke besorgt.
    Emma schaute sie an, sie saß auf dem Sofa und spielte mit Erik Karten. Ihr rundlicher Körper, den sie so gut kannte, jede kleine Hautfalte. Der leichte Vanillegeruch, der von Elin ausging, warm und geborgen, sogar jetzt spürte sie ihn, er konkurrierte mit den anderen Gerüchen, Kerzen, Hyazinthen, Pfefferkuchen und Kaffee.
    Ihre Lachfältchen zogen sich zusammen, wenn Erik schummelte und vor Aufregung hopste, weil er gewann.
    Aus der Küche hörte man Geschirrklappern, Julia lag im Sessel und las ein Buch. Annika stand am Fenster und rauchte. Ihr Blick war weit in die Ferne gerichtet, die Falte auf der Stirn zeigte, dass sie über etwas nachdachte. Und doch war da ein Moment der Ruhe, den Emma gut in sich verwahrte, ein kleiner Platz über dem Stein im Bauch.
    Sie gingen alle früh schlafen, erschöpft von zu viel Weihnachtsessen, Süßigkeiten und zu wenig Bewegung. Ausnahmsweise schlief Emma richtig fest. Weihnachten und Elins Gegenwart schienen sie alle in der falschen Vorstellung zu wiegen,

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