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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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dass das Leben einfach und schön sein konnte, voller gutem Essen und guten Düften. Hyazinthen, Tannenbaum, Pfefferkuchen und Großmuttervanille.

Als Gisela um 23 Uhr aufwachte, hatte sie gerade mal eine Stunde geschlafen. Die Wohnung war still und dunkel.
    Sie hatte wieder von Carl geträumt. Sie träumte jede Nacht von ihm. Auseinandersetzungen gemischt mit Hetzjagden, manchmal schaffte sie es, ihm zu entkommen, aber meistens gewann er und sie erwachte niedergedrückt und zerknüllt. Dieses Mal war es wieder so ein erniedrigender Traum gewesen.
    Sie saß auf einer Schaukel in einem nachtschwarzen Park, es gab keine Menschen, sie war umgeben von den Schatten der Bäume und Sträucher. Sie schaukelte hoch, hatte das Gefühl, sie wurde unerreichbarer, je höher sie schaukelte. Plötzlich löste sich ein Schatten, Carl trat hervor und kam raschen Schritts auf sie zu. Sein Lächeln ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren und ihre Knie weich werden. Ihr ganzer Körper streikte, als er die Schaukel erreichte und sie mit einem festen Griff zum Stehen brachte. Sie blieb sitzen, unfähig, sich zu bewegen oder Widerstand zu leisten, während er begann, die Schaukel im Kreis zu drehen, immer schneller. Ihr wurde schwindlig und übel. Carl lachte über ihre Hilflosigkeit, und erst als sie sich übergab, ließ er die Schaukel los und wanderte ruhig in den Schatten zurück. Sie fiel auf alle viere und erbrach sich wieder. Sie erbrach große Mengen in allen Farben, Dinge, die niemals in ihrem Magen Platz gehabt hätten. Ganze Kuchen, Fleischklößchen, eine große rote Fleischwurst, Julias alte Puppe, die sie Klara getauft hatte, Eriks blauen Strampelanzug mit dem Automuster. Wie gestrandete Wale lag alles in einem einzigen Durcheinander um sie herum in der nachtschwarzen Sandkiste. Plötzlich hörte sie Carls Stimme, die ihr ins Ohr flüsterte.
    »Du entkommst mir nicht!«
    Sie wachte mit einem Ruck auf, war sich nicht sicher, ob sie laut geschrien hatte, aber niemand sonst war aufgewacht.
    In der Dunkelheit, während sie ihre nassen Wangen abwischte, sah sie plötzlich klarer als sonst, vielleicht so klar wie noch in ihrem Leben. Was er im Traum gesagt hatte, war die Wahrheit . Er würde niemals aufhören, sie zu verfolgen und zu schikanieren. Es war eine sachliche Feststellung, und als eine Stimme in ihrem Kopf sagte, sie müsse aufstehen und sich anziehen, wusste sie, dass dies das einzig Richtige war. Sie wusste genau, was sie tun musste.
    Im Dunkel der Nacht ging sie langsam durch die leeren Straßen zu ihrem Haus. Es dauerte kaum zehn Minuten, ein eiskalter Spaziergang, der Atem stand wie heißer Dampf um ihren Mund, die kleinen Schweißtropfen auf der Oberlippe froren zu Kristallen.
    Nicht einmal der Anblick ihres ehemaligen Hauses, ihres ehemaligen Lebens, ließ sie zweifeln oder wanken. Sie schlich einmal ums Haus herum, es war dunkel, bis auf das Wohnzimmer, wo die Fensterlampen brannten. Carl schlief im dunkelbraunen Ledersessel. Auf dem Tisch neben ihm standen eine leere Whiskyflasche und ein Glas.
    »Du einsamer armer Dreckskerl!«
    Sie berührte das Fenster mit den Lippen. Kein Adventleuchter, kein Adventsstern, nichts war geschmückt. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wo die Schachtel mit den Weihnachtssachen war.
    In der Garage fand sie die Flasche mit dem Grillanzünder und den Ersatzkanister mit Benzin. Der Kanister war schwer, sie zog ihn über den Boden zur Sauna. Die Tür war unverschlossen, es war noch warm, als ob jemand vor nicht allzu langer Zeit gesaunt hätte, das Thermometer zeigte vierzig Grad. Es roch gut nach frischem Holz, sie setzte sich auf die untere Stufe und starrte an die Wand. Spürte, wie die Wärme allmählich ihre steif gefrorenen Hände und Füße auftaute. Und plötzlich sah sie Julias Gesicht vor sich, ihre hilflosen Proteste, wenn sie abends in die Sauna abkommandiert wurde. Sie wurde rot, wenn sie daran dachte, wie sie Julia ärgerlich über den Mund gefahren war, wenn sie nicht wollte.
    Die Scham brannte in ihr, sie stand auf und verteilte ruhig und methodisch Benzin und Anzünder über Boden und Wände. Der Benzingeruch brannte im Hals. In der Garage fand sie den Stapel alter Zeitungen neben der Tür, da, wo sie ihn abgestellt hatte. Obenauf lag die Zeitung vom 13. Dezember. Das war das letzte Mal, dass sie die Zeitungen hinausgebracht hatte, als sie am Samstag geputzt hatte. Kurz vor dem Anruf von Elisabeth Klinga, der ihre Welt zum Einsturz brachte.
    Sie verteilte die

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